"Die GEMA schießt über das Ziel hinaus"
Vermieter soll Gebühren für Ferienwohnung zahlen / WOCHENBLATT-Interview mit Rechtsanwalt Frank Brübach
os. Buchholz. Jüngst schockte die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) den Vermieter Klaus Ehlert mit der Ankündigung, dass er Gebühren für seine drei Ferienwohnungen zahlen soll (das WOCHENBLATT berichtete). Handelt die GEMA richtig? Wie sollen sich Vermieter verhalten? Darüber spricht Rechtsanwalt Frank Brübach (53) im Interview mit WOCHENBLATT-Redakteur Oliver Sander. Brübachs Tätigkeitschwerpunkt umfasst u.a. die Bereiche Urheber-, Medien- und Lizenzrecht. Der Rechtsanwalt wohnt in Rosengarten-Ehestorf.
WOCHENBLATT: Können Sie die Irritation von Herrn Ehlert verstehen, als er den Brief des GEMA-Vertreters in seinem Briefkasten fand?
Frank Brübach: Auf jeden Fall. Dass Herr Ehlert zunächst zur Polizei gegangen ist, war genau das richtige Signal. Betroffene wollen verstehen, warum und wofür sie Gebühren bezahlen sollen. Das scheint hier nicht gegeben zu sein.
WOCHENBLATT: Die GEMA bezieht sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, nach dem bereits die Zuführung von Rundfunksignalen an bereitgestellte Fernseh-/Radiogeräte in Hotels und Ferienwohnungen eine öffentliche Wiedergabe nach dem Urhebergesetz darstellt und damit gebührenpflichtig ist. Teilen Sie diese Auffassung?
Brübach: Ich würde den Schluss nicht ziehen, dass man auch in Ferienwohnungen GEMA-Gebühren zahlen muss. Das Ganze ist höchstrichterlich noch längst nicht geklärt. Bislang kenne ich nur zwei Urteile von Amtsgerichten in Oldenburg und Eckernförde. Vielleicht wird ja mal ein Musterprozess geführt.
WOCHENBLATT: Wie sollten sich Vermieter von Ferienwohnungen verhalten, wenn Sie von der GEMA angeschrieben werden?
Brübach: Ich persönlich würde erst einmal die Füße still halten und mich wahrscheinlich auch gegen eine Zahlung wehren. Für mich sprechen wichtige Gründe gegen eine Zahlung in Ferienwohnungen.
WOCHENBLATT: Welche Gründe meinen Sie?
Brübach: Bei Hotels werden meistens Rundfunksignale über Satellitenanlagen zentral eingespeist und dann in die Zimmer verteilt. Da halte ich die Zahlung von GEMA-Gebühren für nachvollziehbar. Bei Ferienwohnungen sieht das anders aus. Zudem ist ein Hotel ein Geschäftsbetrieb, bei dem der ökonomische Aspekt anders bewertet werden muss als bei der Vermietung einzelner Ferienwohnungen.
WOCHENBLATT: Warum will die GEMA ausgerechnet jetzt Gebühren für die Ferienwohnungen einziehen, acht Jahre nach dem angesprochenen Urteil des Europäischen Gerichtshofes?
Brübach: Ich habe das Gefühl, dass die GEMA gefordert ist, Umsatzrückgänge zu kompensieren. Die Menschen nutzen zwar nicht weniger Musik, zahlen aber für immer weniger Angebote.
WOCHENBLATT: Wie bewerten Sie das Vorgehen der GEMA?
Brübach: Die GEMA ist wichtig, weil sie sich für die Rechte von Künstlern, Textern und Verlegern einsetzt. Musik hat einen hohen Wert, dafür soll auch bezahlt werden. Man muss allerdings das Augenmaß wahren und schauen, wer wo welche musikalischen Inhalte nutzt. Da schießt die GEMA derzeit über das Ziel hinaus.
WOCHENBLATT: Herr Brübach, vielen Dank für das Gespräch.
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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