Politiker sind jetzt schlauer
(jd.) Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund hielt im Harsefelder Rathaus Seminar zum Baurecht ab
Selbst wenn der Bürger manchmal einen anderen Eindruck gewinnt: Auch Politiker werden nicht schlau geboren. Doch sie müssen bereits auf der untersten politischen Ebene, in den Gemeinderäten, einiges an Wissen mitbringen, um sachgerechte Entscheidungen fällen zu können. Damit die Feierabend-Parlamentarier einigermaßen den Durchblick im Vorschriften-Dschungel behalten, gibt es auch für sie Seminare - unter anderem angeboten vom Städte- und Gemeindebund. Dieser hielt kürzlich in Harsefeld eine Fortbildung zum Bau- und Planungsrecht ab. Was zunächst recht "dröge" klingt, entpuppte sich als spannende Materie: Rund 30 Politiker - überwiegend aus dem Landkreis Stade - tauschten sich über Windparks, Biogasanlagen und Massentierhaltung aus. Themen, die in vielen Orten ein erhebliches "Zoffpotenzial" in sich bergen.
Bau-Nutzungsverordnung, Raumordnungsprogramm, Baugesetzbuch, Nutzungsänderung, Gestaltungssatzung... Nicht selten müssen sich die Volksvertreter mit einem Wust an Verordnungen und Gesetzen herumschlagen. Auch gesunder Menschenverstand hilft dann nur bedingt weiter. Ratsbeschlüsse, die nicht auf behördlichen Bestimmungen basieren, laufen schnell Gefahr, von der Kommunalaufsicht oder einem Gericht gekippt zu werden. Referent Rüdiger Lilje wies die Teilnehmer auf juristische Fallstricke etwa bei der Aufstellung von Bebauungs- und Flächennutzungsplänen hin.
Rein politisch motivierte Plan-Festsetzungen sind nicht zulässig
Im Gepäck hatte Lilje die neuesten Urteile - meist zu Fällen, bei denen Bürger oder Investoren Sturm liefen gegen Beschlüsse von Gemeinderäten. Beispiel Windkraft: Nach höchstrichterlicher Entscheidung muss die Ausweisung von Windparks ein objektiv nachvollziehbares Abwägungs-Prozedere durchlaufen. "Fassen Sie bloß keine rein politisch motivierten Beschlüsse", warnte der Baurechts-Experte die Lokalpolitiker: "Wenn dagegen geklagt wird, hat eine Gemeinde sofort verloren." Die Folgen wären fatal: Rotoren könnten dann überall wie Pilze aus dem Boden schießen.
Aufgabe einer Bauleitplanung sei es, zu steuern und nicht bloß zu verhindern, so Lilje: "Einfach zu beschließen, wir wollen keinen Schweine- oder Hähnchenmaststall, reicht nicht." Wenn ein Gemeinderat in einem Bereich bestimmte Nutzungen ausschließen wolle, müsse er dafür gerichtsfeste Gründe vorlegen. Liljes Empfehlung: "Möchte eine Gemeinde ihre Flächen gezielt überplanen, dann sollte sie nicht ihren Hausschlachter nehmen." Gemeint sei damit der Planer, der sonst nur ein kleines Baugebiet projektiert. "Ich empfehle, sich Experten zu holen, die solche Großplanungen tagtäglich machen."
Abschließend gab Lilje den Seminar-Teilnehmern einen guten Rat mit auf den Heimweg: "Sie können nicht alles wissen. Geben Sie daher Bürgern oder Antragstellern bitte keine voreiligen Auskünfte."
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