Landtag beschließt Förderung von eSport
Konsolensport bald im Verein?
(jd/lm). Toooor - Sekunden vor Spielende versenkt Jannis den entscheidenden Treffer im Netz. Doch nach dem Abpfiff liegen er und seine Mannschaftskameraden sich nicht in den Armen. Jannis läuft nicht nach der Ehrenrunde erschöpft in die Kabine, ausgepowert nach einem 90-minütigen Match, bei dem Laufstärke und Kondition zählt. Der junge Mann hat eine Fußball-Simulation am PC gespielt. Mit richtigem Sport haben solche Computer-Games doch rein gar nichts zu tun, war bisher die landläufige Meinung.
Doch das soll sich ändern: Die Politik möchte den sogenannten eSport (elektronischer Sport) salonfähig machen und zu einer breiteren Akzeptanz auch seitens des klassischen Sportbetriebs verhelfen. "Digitaler Breitensport" soll in Niedersachsen künftig stärker gefördert und wie die typischen Sportarten als gemeinnützig anerkannt werden. Das sieht ein vom Landtag verabschiedeter Entschließungsantrag der rot-schwarzen Regierungskoalition vor.
Abgrenzung von virtuellem Sport und eGaming
Doch viele Vereinsvorstände beäugen den digitalen Trend derzeit noch kritisch. Das mag an der Abgrenzung liegen, die der Sportler-Dachverband, der "Deutsche Olympische Sportbund" (DOSB), gegenüber dem eSport vorgenommen hat. Dabei zielt der DOSB vor allem auf das eGaming ab, das aus seiner Sicht keine sportliche Aktivität darstellt (siehe unten). Unter den Begriff eGaming fallen digitale Strategie- und Kartenspiele, aber vor allem auch die Ego-Shooter, oft als "Ballerspiele" verschrien.
Doch um das eGaming geht es der Politik auch gar nicht: "Der Entschließungsantrag befasst sich ausdrücklich nur mit den virtuellen Sportarten", erklärt Innenminister Boris Pistorius (SPD). Als Beispiel nennt er Sportsimulationen von Fußball ("FIFA"), Tennis oder Basketball. Die Politik möchte so eine Brücke zwischen traditionellem und virtuellem Sport schlagen. Das soll u.a. damit erreicht werden, indem Vereine beispielsweise eigene Sparten für den digitalen Sport gründen.
Beim VfL Stade, mit rund 5.500 Mitgliedern größter Sportverein im Landkreis Stade, hat man sich wie in vielen Vereinen noch nicht eindeutig zum Thema eSport positioniert. "Wir warten die Entwicklung erst mal ab", sagt der Vorsitzende Carsten Brokelmann. "Denn hier im Verein wird das durchaus kontrovers gesehen." Die einen seien der Ansicht, Simulationen am Computer hätten nichts mit Bewegung im Sinne von "Sport treiben" zu tun, für die anderen - gerade aus der jüngeren Generation - stelle der eSport einen wichtigen Bestandteil ihrer Freizeitgestaltung dar.
Auch er sehe natürlich die Chance, über den eSport junge Menschen neu für den Verein zu gewinnen, so Brokelmann. Im Gegensatz zu den "Sportpuristen" gebe es natürlich Stimmen, die sagen, Sportvereine seien verstaubt genug und sollten sich daher neuen Entwicklungen öffnen. "Wenn uns jemand aus dem eSport-Bereich auf eine Kooperation anspricht, wird sich der VfL dem Thema sicher nicht verschließen", so Brokelmann.
Digitale Völkerball-Variante ist kein typischer eSport
Im Landkreis Harburg sieht die Situation etwas anders aus. Bei Blau-Weiss Buchholz, dem mit knapp 5.800 Mitgliedern größten Sportverein der Stadt, gibt es bereits eine Form von eSport. Seit Anfang des Jahres ist hier "Hado" fest als Sparte verankert.
Die elektronische Völkerball-Variante aus Japan wird nicht vor der Konsole, sondern mit digitalen Hilfsmitteln und in der Sporthalle gespielt. Um die körperliche Bewegung kommen die Spieler dabei nicht herum.
Hierfür könne sich der Verein durchaus eine Förderung vorstellen, erklärt der 1. Vorsitzende Arno Reglitzky. Ein konkretes Angebot von eSport nach Definition des Landtags komme dagegen nicht in Frage: "Das wurde im Vorstand diskutiert, aber stieß schnell auf Ablehnung", so Reglitzky weiter. Bei Blau-Weiss sei man weiterhin darauf bedacht, die Bewegung bei sportlichen Aktivitäten in den Vordergrund zu stellen.
Wie viel Bewegung ist nötig, um eine Sportart zu sein?
(jd). Bei der Definition, was offiziell als Sport zählt, führt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in erster Linie die Bewegung als Kriterium an. Tatsächlich liegt hier ein Hauptproblem, was die Akzeptanz des eSports seitens des klassischen Sports anbelangt. Dass jemand, der an der Konsole die Fußball-Simulation "FIFA" spielt, sich weniger bewegt als ein Kicker auf dem realen Fußballfeld, liegt auf der Hand. Doch ist Bewegungsarmut als Ausschlusskriterium sinnvoll?
Offenbar nicht, wie Fachleute der Deutschen Sporthochschule in Köln herausgefunden haben. Demnach werden einem eSportler mentale Ausdauer, Feinmotorik und Schnelligkeit abverlangt. Alles Dinge, die auch im realen Sport je nach Disziplin von großer Bedeutung sein können.
Laut einer Untersuchung der Kölner Sportwissenschaftler entsprechen diejenigen, die virtuellen Sport betreiben, längst nicht mehr dem Klischee vom übergewichtigen Computer-Nerd. eSportler sind meist körperlich fit und üben oft zusätzlich eine richtige Sportart aus. Wie viel Bewegung ist nötig, um eine Sportart zu sein?
Redakteur:Lennart Möller aus Rosengarten |
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