Schwere Vorwürfe des Insolvenzverwalters
Wurde die Insolvenz bei Pella Sietas verschleppt?

Bei der vergangenen Belegschaftsversammlung: Dr. Achim Ahrendt (Mitte), hier mit dem Betriebsratsvorsitzenden Georg Netuschil (li.) und Emanuel Glass von der IG-Metall | Foto: sla
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sla. Neuenfelde. Das Trauerspiel um Hamburgs älteste Werft Pella Sietas geht in die nächste Runde: Der vorläufige Insolvenz-verwalter der Werft, Rechtsanwalt Dr. Achim Ahrendt, hat jetzt Vorwürfe einer möglichen Insolvenzverschleppung erhoben. Entscheidende Frage: Wann war die Werft tatsächlich zahlungsunfähig? Dazu äußerte sich Dr. Achim Ahrendt auf WOCHENBLATT-Nachfrage: „Bei verfügbarer Liquidität von nur 8.000 Euro und rückständigen Löhnen für drei Monate zum Zeitpunkt der Antragstellung ist es offensichtlich, dass die Pella- Sietas-Geschäftsführung deutlich zu spät Insolvenzantrag gestellt hat. Es liegt also nach unserer Überzeugung eine Insolvenzverschleppung vor. Wir prüfen deshalb zurzeit, welche Möglichkeiten uns zur Verfügung stehen, um die Geschäftsführung für den Schaden in Haftung zu nehmen, der dadurch den Gläubigern entstanden ist.“
Sollte die Insolvenzverschleppung sich bewahrheiten, hätte das strafrechtliche Konsequenzen mit möglichen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.

Stillstand auf der Traditionswerft Pella Sietas in Neuenfelde | Foto: sla
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Die unklare Situation zerrt an den Nerven der von ursprünglich 200 Beschäftigten übriggebliebenen 30 Werftarbeiter. Sie sind derzeit ausschließlich mit Instandhaltungs- und Aufräumarbeiten betraut.
Auch die Bewachung eines halbfertigen Baggerschiffs für den Bund, das wegen der Verschlickung des Sietas-Werftbeckens zu Blohm und Voss verholt wurde, gehört zu ihren Aufgaben. Werden sie das Projekt jemals zu Ende führen können? Derzeit gibt es für den Saugbagger noch keine Zeitplanung, sagt der Insolvenzverwalter. Doch das Schiff müsse fertiggestellt werden. Alles andere wäre keine Option, denn sonst hätte man eine 100 Millionen Euro teure Stahlruine, was erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden verursachen würde, so Ahrendt. Er führe deshalb Gespräche mit den Subunternehmen, deren Aufträge noch nicht abgearbeitet sind. Fraglich ist, ob er dafür noch Gelder beim russischen Mutterkonzern Pella Shipyards rausholen kann. Bereits bei der letzten Belegschaftsversammlung wurde den Mitarbeitern mitgeteilt, das die Eigentümerin der Werft keine neue Liquidität zur Verfügung stellt. Über das Werftgelände wird aktuell mit mehreren Investoren verhandelt. Die Stadt Hamburg sieht eine industrielle Nutzung der Fläche vor.
Wie mehrfach berichtet, hatte Ende Juli Werft-Chefin Natallia Dean die Insolvenz der 1635 gegründeten Schiffswerft beantragt. Schon seit Mai hatten viele Arbeiter ihren Lohn nicht mehr bekommen. Nur die gewerblichen Arbeitnehmer, die im Mai und Juni Kurzarbeitergeld erhalten hatten, hatten noch bis Ende September Anspruch auf Insolvenzgeld. Danach musste Pella Sietas die Löhne und Gehälter wieder selbst zahlen.
• Die Pella Sietas Werft ist die älteste deutsche Schiffswerft. Die Werft hatte zuletzt vier Aufträge für Schiffsneubauten in den Büchern, darunter einen Eisbrecher für die russische Muttergesellschaft, eine innovative Fähre für den Bodensee, einen Laderaumsaugbagger für den Bund und eine Hybridfähre für das deutsche Wattenmeer. An keinem der Schiffe ist im letzten halben Jahr ernstlich gearbeitet worden.

Pella Sietas: Letzte Hoffnung ist ein neuer Investor
Bei der vergangenen Belegschaftsversammlung: Dr. Achim Ahrendt (Mitte), hier mit dem Betriebsratsvorsitzenden Georg Netuschil (li.) und Emanuel Glass von der IG-Metall | Foto: sla
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Redakteur:

Susanne Laudien aus Buxtehude

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