Hass und Hetze an Hüller Bürger
Weil er sich für Ukraine-Flüchtlinge einsetzt: Morddrohungen gegen Stefan Knütel
Der Berufsschullehrer Stefan Knütel aus Drochtersen-Hüll erhält wegen seines Engagements als Flüchtlingshelfer Morddrohungen - zuletzt in der vergangenen Woche. Der Staatsschutz ermittelt in dem Fall, denn in den Briefen wird nicht nur gedroht: Es werden auch NS-Gräueltaten geleugnet und das ukrainische Volk verunglimpft. Unterzeichnet sind die Pamphlete mit einem „Z“ - das Symbol, das für die Unterstützung der russischen Armee und der russischen Regierung steht und inzwischen in den meisten Bundesländern verboten ist.
Der Inhalt der Briefe trieft vor Hass und Hetze, ist per Hand und mit Kugelschreiber geschrieben. Auf dem Din-A4-Blatt des ersten Schreibens befindet sich ganz oben ein Kreuz mit der Inschrift „Knütel“. Und darunter eine Wortwahl, die erschreckend ist: "Wir werden Deine Balgen abholen. Frischfleisch für unsere Kinder, warten schon darauf, wieder vergewaltigen zu können. Wir werden Deine Bude abfackeln und das andere Haus, in dem der Abschaum untergebracht ist, auch.“ Seine erste Reaktion sei großer Ärger gewesen. „Wegen der verachtenden Wortwahl“, erzählt Knütel. Wegducken kam für ihn nicht in Frage. „Ich habe mich gleich entschieden, zur Polizei und an die Öffentlichkeit zu gehen.“ Der Hüller erstattete Anzeige bei der Drochterser Polizei und stellte den Brief in die Nachbarschaftsgruppe Drochtersen. Die Drohung richte sich ja gegen alle Helfer. „Und auch gegen die gute Community, die wir hier in Hüll haben.“ Die Hüller – in dem Drochterser Ortsteil sind es 20 bis 25 Menschen, die sich aktiv um ukrainische Familien kümmern, Wohnraum besorgen, Sprachunterricht geben, bei Behördengängen oder Arztbesuchen begleiten und Sach- und Geldspenden für sie sammeln - zeigten sich solidarisch, fanden sich spontan zusammen. Motto: Wir halten zusammen!
Polizei fährt Streife und ist auch zivil unterwegs
Angst verspüre er nicht, sagt Knütel. „Ich möchte aber, dass diese Menschen merken, dass sie zu weit gegangen sind.“ Das zweite an ihn und seine Familie gerichtete Schreiben ist von der Wortwahl noch aggressiver formuliert als das erste. „Knütel, du hast den Tod wirklich verdient“, heißt es dort. Dann folgen rassistische Statements und Schilderungen, wie man sich an den Kindern der Familie, aber auch der Nachbarn und Freunde rächen werde. Mit der Drohung „Und wir meinen es ernst. Also nimm es auch ernst“ endet das Schreiben. Dass sich Hüll nicht einschüchtern lasse, habe wohl den Täter oder die Täter bewegt, nachzulegen“, so der 50-Jährige.
Polizei-Pressesprecher Rainer Bohmbach bestätigt, dass die Beamten in den letzten Tagen regelmäßig per Streife und auch zivil in Hüll unterwegs sind. Auch sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. „Die Briefe liegen uns ja vor, werden zurzeit akribisch untersucht.“ Was einer genauen Betrachtung unterzogen wird, könne er nicht bekannt geben. „Das kommt ja dem Täter entgegen.“ Angedacht ist auch eine Belohnung, für sachdienliche Hinweise. „Bei mir haben sich Ratsmitglieder gemeldet, die Geldbeträge zur Verfügung stellen würden.“ Aber das müsse mit der Polizei abgesprochen werden. Bohmbach hält davon nicht viel. Auch der Staatsschutz nicht. „Bringt nicht weiter.“ Wichtig sei, dass sich jetzt Zeugen finden. Aber wenn es keine Erkenntnisse gibt, will er die Idee mit der Belohnung noch einmal aufgreifen. „Denn wir wollen, dass der Täter oder die Täter schnell dingfest gemacht werden.“
Nachtrag: Die Briefe, die per Foto auf Facebook veröffentlicht wurden, wurden zum wiederholten Male gelöscht. Begründung: angeblicher Verstoß gegen die Regeln. Knütel legte Einspruch ein. Zunächst mit Erfolg. Facebook entschuldigte sich. „Wenige Stunden später wurden die Briefe aber wieder mit dem Hinweis eines Verstoßes meinerseits gegen die Facebook-Regeln gelöscht“, empört sich der Hüller. Persönliche Nachrichten an die Zentrale in Hamburg blieben zunächst ohne Antwort. „Facebook drohte dann in einer automatisierten Mail weitere Einschränkungen meines Kontos an.“ Für den Hüller unverständlich. „Da bleiben auf der AfD-Seite Kommentare mit menschenverachtenden Inhalten und Aufrufe zu Gewalttaten unkommentiert, aber die Veröffentlichung eines Drohbriefes, die helfen soll, eine Straftat aufzuklären, wird gelöscht.“
Redakteur:Dirk Ludewig aus Stade |
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