Landkreis Harburg
Eine neue Heimat für Wasserdrachen & Co.
Eine neue Chance für die Natur: Die Renaturierung am Drennhäuser Hinterdeich in der Elbmarsch hat sich ausgezahlt: Aus dem früheren Wiesenland ist längst ein Refugium für Amphibien geworden. Seltene Arten wie der Kammmolch, der sogenannte „kleine Wasserdrache", haben dort ein neues Zuhause gefunden. Der Landkreis Harburg hat das Gebiet im Rahmen des Kompensationspools gestaltet. „Das ist eine Erfolgsgeschichte“, zieht Silke Hiller, die bei der Abteilung Umwelt des Landkreises für den Kompensationspool verantwortlich ist, eine positive Bilanz. Hier gilt: „Die Natur gewinnt.“ Das zeigen auch die jüngsten Untersuchungen des Diplombiologen Dietrich Westphal. Er hat die beiden Stillgewässer der Projektflächen auf das Vorkommen von Amphibien kartiert.
Dabei ging er sozusagen auf Drachenjagd – mit Erfolg. Mit bis zu 18 Zentimetern Größe zählt der Kammmolch, ein Verwandter des Salamanders, zu den größten und imposantesten Molchen in heimischen Gewässern. Zur „Hochzeit“ macht sich das Männchen besonders schön – und das hat der Art auch den Namen gegeben. Denn während der Fortpflanzungszeit formt sich ein hoher, tief gezackter Rückenkamm und ein seitlich abgeflachter, körperlanger Schwanz mit leuchtenden weißen Streifen, der Bauch färbt sich knallgelb mit schwarzen Flecken. Doch wie alle mitteleuropäischen Amphibien macht auch dem Kammmolch die Zerstörung von Kleingewässern oder Umweltgifte zu schaffen. Nicht umsonst steht der "kleine Wasserdrache" schon seit 1994 auf der Roten Liste und gilt als stark gefährdet.
Daher wurde der Landkreis am Drennhäuser Hinterdeich bereits vor zwölf Jahren aktiv. Der Flächenpool umfasst dort rund 13,84 Hektar früheres Acker- und Grünland – das ist in etwa so viel wie 19 Fußballfelder. 2012 und 2017 wurden die beiden Stillgewässer zusammen mit weiteren flachen Senken angelegt. Der eine Teich hat immerhin eine Wasserfläche von rund 1.000 Quadratmetern, das zweite Gewässer führt aufgrund der klimatischen Veränderungen nur bei feuchteren Sommern Wasser und weist dann etwa 300 Quadratmeter Wasserfläche auf. Die angrenzenden Grünlandflächen wurden ausgehagert, das bedeutet, dass der Nährstoffgehalt vermindert wurde. Die Wiesen werden nun extensiv einmal jährlich gemäht. Im Frühjahr sind Senken und Grünlandflächen regelmäßig überschwemmt. Dadurch hat sich mittlerweile bei beiden Gewässern ein breiter Saum von Pflanzen gebildet. Der Breitblättrige Rohrkolben findet sich dort ebenso wie Flatterbinsen, Hochstauden und Schilf. Genau das führt dazu, dass sich die Amphibien wohlfühlen.
Biologe Westphal hat insgesamt sechs Arten kartiert, die weitgehend als besonders geschützt eingestuft sind. Neben Gras- und Seefrosch konnte Dietrich Westphal den Moor- und Teichfrosch sowie Teich- und Kammmolch sichten. Die ersten drei genannten Arten in Niedersachsen und Deutschland sind als besonders geschützt eingestuft, der Kammmolch sogar als streng geschützt. Der streng geschützte Kammmolch wurde nur im größeren Gewässer, dafür aber in so großer Anzahl festgestellt, dass Westphal begeistert war: „Das ist ein Vorkommen von herausragender Bedeutung für den Naturschutz in Niedersachsen“, so die Einschätzung des Biologen.
Im Zuge der Kartierungen hat Westphal zudem diverse Käferarten gesichtet. Darunter waren der Schwimmkäfer und der Große Kolbenwasserkäfer, zwei Arten, die ebenfalls auf der Rote Liste in Niedersachsen geführt werden.
Hintergrund des Kompensationsflächenpools
Wenn durch ein Bauvorhaben in die Natur eingegriffen wird, muss eine Kompensationsmaßnahme als ökologischer Ausgleich geschaffen werden. Als Service für Kommunen sowie gewerbliche und private Investoren bietet der Landkreis Harburg seit 2009 einen eigenen Kompensationspool an. So kann der Landkreis sinnvoll und zusammenhängend die Natur auf eigenen Flächen in allen drei Naturräumen des Landkreises – Geest, Marsch und Moor – entwickeln. Der Kompensationspool verfügt inzwischen über gut 250 Hektar. Die Projekte sind aufgrund ihrer hohen naturschutzfachlichen Qualität auch über den Landkreis hinaus bekannt.
Eine der ersten Maßnahmen war die Entwicklung der Este und ihrer Aue zwischen Podendorf und Emmen auf etwa 16 Hektar. Eine weitere Maßnahme sind die Waldentwicklungsflächen zwischen dem Naturschutzgebiet Brunsberg und der Sprötzer Heide. Sie sind mit die mit rund 55 Hektar die größten zusammenhängenden Naturwaldflächen des Landkreises.
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