Mias viel zu früher Tod soll Mahnung sein
Elbmarscher Familie Kloft gründet nach Drogentod der 20-jährigen Pflegetochter einen Präventionsverein

Mit einem Foto von Mia in den Händen: Vereinsvorsitzende Anna Kloft sowie ihre Mutter und Stellvertreterin Antje Kloft | Foto: Kloft
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  • Mit einem Foto von Mia in den Händen: Vereinsvorsitzende Anna Kloft sowie ihre Mutter und Stellvertreterin Antje Kloft
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ce. Marschacht. "Frech - wild - wunderbar - frei" waren die Eigenschaften, die die junge Mia ausmachten - und jetzt auf einer Inschrift an ihrem Grab stehen. Mia, die die meiste Zeit ihres Lebens als Pflegetochter bei der Familie Kloft in der Elbmarsch (Landkreis Harburg) lebte, starb im Dezember auf tragische Weise an einer Überdosis Drogen - nur wenige Tage vor ihrem 21. Geburtstag. Die Klofts wollten gemeinsam mit Wegbegleitern "aus dem Verlust und der Trauer etwas Sinnvolles wachsen lassen" und haben jetzt den Drogen-Präventionsverein "Mia-Mariechen e.V." gegründet.
"'Mariechen' wurde Mia als kleines Kind von unserem Opa genannt, weil sie an allem, was sie sah, mal riechen wollte", erzählt Vereinsvorsitzende Anna Kloft (18). Ihre Mutter und Stellvertreterin Antje Kloft (47) betont, Mia - die leibliche Tochter ihrer drogensüchtigen Halbschwester - sei in der Familie "Tochter, große Schwester, eine von vielen Enkeln und Freundin" gewesen.
„Wir haben nach dem Tod meiner Schwester sehr oft den Satz gehört, dass man uns schon auf Mias Situation ansprechen wollte. Aber niemand hat es getan“, bedauert Anna. Um anderen Familien die gleichen schmerzlichen Erfahrungen zu ersparen, will der Verein Mias Geschichte erzählen. Sie handelt von unbeschwerten Phasen, von Hoffnung auf eine gute Zukunft, aber auch vom Rückfall zu den Drogen. Die Klofts wollen mahnen, aufeinander zu achten und den Moment, bevor es zu spät ist, zu handeln, zu sehen.
"Every junkie's like a settin' sun - jeder Drogenabhängige ist wie eine untergehende Sonne", heißt es in einem Song des US-Rockstars Neil Young. Für die Familie Kloft aus Marschacht (Landkreis Harburg) war es, als ob die Sonne für immer unterging, als ihre Pflegetochter Mia im Dezember an einer Überdosis starb - nur wenige Tage vor ihrem 21. Geburtstag. Die Klofts gründeten daraufhin den Präventionsverein "Mia-Mariechen e.V." - zur Erinnerung an die Verstorbene und um über die fatalen Folgen des Drogenkonsums aufzuklären, denen Mia schon vor ihrer Geburt ausgesetzt war.

"Wir haben gehofft, mit viel Liebe und einem stabilen Umfeld würde alles gut."

"Mia kam Heiligabend 1999 als Tochter meiner drogenabhängigen Halbschwester zur Welt. Bei ihrer Geburt hatte sie einen neunmonatigen unfreiwilligen Drogenkonsum im Bauch ihrer Mutter hinter sich", blickt Antje Kloft (47) zurück. Sie ist die stellvertretende Vorsitzende des Präventionsvereins, den ihre Tochter Anna (18) leitet. Nach einem fast dreimonatigen Entzug in einem Krankenhaus kam die kleine Mia durch Vermittlung des Jugendamtes zu der Familie, die ihre Verwandte liebevoll aufnahm und wie ein eigenes Kind erzog.
"Über die Spätfolgen von Drogenkonsum in der Schwangerschaft und eine mögliche größere Abhängigkeitsneigung bei den Kindern gab es damals wenig gesicherte Erkenntnisse", erinnert sich Mias Pflegevater Holger (48). "Ein Arzt befürchtete, Mia würde sich aufgrund ihrer Vorgeschichte nicht gut entwickeln, und sie war als Kind tatsächlich leicht kränklich. Aber wir haben gehofft, mit viel Liebe und einem stabilen Umfeld würde alles gut."
Viele Jahre lang sah es tatsächlich danach aus, als würde die Geborgenheit in der Familie Mias alte "Wunden" heilen. Mia, Anna und deren Bruder Paul (16) hielten zusammen, auch wenn der andere mal etwas ausgefressen hatte. Mia sei besonders sozial eingestellt gewesen, erinnern sich die Geschwister. Einmal habe sie sich bei einem Schulausflug nach Hamburg spontan mit einem Obdachlosen unterhalten, weil dieser "eine Aufmunterung brauchte". In der Schule sei Mia diejenige gewesen, die "den Mund aufmachte, wenn sie sich oder andere schlecht behandelt fühlte".
Mit 18 Jahren zog Mia bei den Klofts aus und zu ihrem Freund auf einen nahegelegenen Campingplatz. Diese Zeit tat ihr nicht gut. Nach der Trennung kehrte sie im vergangenen Jahr wieder zur Familie zurück - und war wie ein anderer Mensch. "Sie hatte stark abgenommen. Von einigen Leuten hörte ich, dass sie drogenabhängig sein soll. Ich sprach Mia darauf an, aber sie stritt glaubhaft alles ab", erinnert sich Anna. Heute weiß die Familie, dass die Hamburger Goa-Szene, wo auf Partys zu elektronischer Musik gefeiert wurde, Mia immer stärker angezogen hatte und sie dort wahrscheinlich mit synthetischen Aufputschmitteln in Kontakt kam. "Vielleicht war ihr bewusst, in welchem Teufelskreis sie sich befand, denn sie ist zur Drogenberatung gegangen. Sie hat uns immer gesagt, dass sie uns verhaut, wenn wir Drogen nehmen würden", sagt Anna traurig. "Viele Süchtige wollen die Menschen schützen, die sie lieben", weiß sie heute.
Kurz vor dem zweiten Lockdown kam es am 11. Dezember im Haus der Klofts, die gerade unterwegs waren, zur Tragödie: Mia konsumierte mit einem Bekannten Drogen, beide schliefen ein. Vermutlich aufgrund einer Überdosis wachte sie jedoch nicht mehr auf. "Ihr Bekannter hat noch versucht, sie zu reanimieren und den Notarzt gerufen. Leider vergeblich. Wir waren alle geschockt", schildert die Familie den Kampf um Mias Leben.
Die Nachricht von ihrem Tod sprach sich blitzschnell weit über den Wohnort hinaus herum. Dutzende Menschen trauerten mit, stellten Kerzen und Gedenklichter vor dem Haus der Klofts ab. Ihre letzte Ruhe hat Mia im Ewigforst im Sachsenwald (Schleswig-Holstein) gefunden.
Das Interesse an der Arbeit des Präventionsvereins mit mehr als 20 Mitgliedern ist groß. "Wir haben schon viele Anfragen von Schulen und anderen Einrichtungen erhalten, die mehr über Mias Schicksal erfahren wollen", freut sich Anna Kloft. "Sehr häufig nehmen an Präventionstagen auch Richter und Polizisten teil. Wir meinen, mit unserer Perspektive eine wichtige Ergänzung sein und Jugendliche erreichen zu können“, ist sie überzeugt.
Die Klofts sind dankbar für die Unterstützung, die sie in dieser schweren Zeit durch Angehörige und Freunde erfahren. Denn: "Wir schaffen alle unseren Alltag, aber das kostet viel Kraft."
• Mehr Informationen unter www.mia-mariechen.de oder per E-Mail an info@mia-mariechen.de.

Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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