Geschenk statt Steinwurf
Kirche und Samtgemeinde verteilten Präsente an Marschachter Flüchtlinge und Nachbarn
„Für uns ist es ein großes Geschenk“, freute sich jetzt ein Bewohner der Flüchtlingsunterkunft im Hagenweg in Marschacht, als er Besuch vom Elbmarscher Pastor Georg Stahlmann (32) bekam. Mitgebracht hatte dieser ein Miniaturhäuschen mit einem glühenden E-Licht, darauf weihnachtliche Dekoration und ein Advents-Gruß auf Deutsch und in sieben weiteren Sprachen. "Es ist nur ein kleines Geschenk“, winkte Stahlmann ab. „Wir haben von der Aufregung und dem Ärger im Hagenweg vor drei Monaten gehört. Ich kann es leider nicht wegzaubern. Wir können Ihnen aber zumindest ein kleines Geschenk machen, ein Geschenk der Freundlichkeit, und Ihnen eine friedliche Advents und Weihnachtszeit wünschen.“
Zwei Tage lang besuchte Georg Stahlmann gemeinsam mit Samtgemeinde-Bürgermeisterin Kathrin Bockey und Kirchenvorsteher Gerhard Koepsel Bewohner der Flüchtlingsunterkunft im Hagenweg und alle deutschen Nachbarn. Im September war hier ein Auto eines Nachbarn durch einen Steinwurf beschädigt und sich anschließend über den Gartenzaun gegenseitig beschimpft worden. Mutmaßlich waren zwei Bewohner der Flüchtlingsunterkunft für den Steinwurf. Als es auf Beschwerden der Anwohner keine entsprechende Reaktion gab, berichteten Medien darüber und der Fall schlug größere Wellen.
„Ich hatte das Gefühl, dass eine Art Vakuum um den Hagenweg drohte: Leute melden ein Problem, aber es scheint kein Gehör zu finden, keine Ebene kann klar eine Zuständigkeit übernehmen. Das macht die Menschen sauer, und ich kann sie verstehen“, erklärt Georg Stahlmann. Gerhard Koepsel lud deshalb die Akteure des Dorfes und die Bewohner des Hagenwegs zu einem Runden Tisch ein: „Es ist immer besser, miteinander als übereinander zu sprechen. Wir wollten einen geschützten Gesprächsraum abseits der medialen Aufregung und Vorurteile schaffen. Wir wollen den Menschen zeigen: Wir sehen euch und nehmen euch ernst.“ Es kamen jedoch nur offizielle Vertreter vom Gemeinderat und Kirche sowie Betreuer der Flüchtlingsunterkunft. Alle berichteten von Gesprächen mit interessierten Bewohnern, aber diese selbst kamen nicht.
Georg Stahlmann brachte das auf die Idee: „Wenn die Leute nicht zu uns kommen, kommen wir zu ihnen.“ Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit bräuchten die Leute etwas Licht, etwas Schönes. Und ein kleines Geschenk sei ein guter Anlass, um mal zu klingeln, ohne gleich die ganz großen Probleme lösen zu müssen. Zudem würden Licht und geschmückte Wohnungen in dieser Zeit die Menschen in Deutschland miteinander verbinden – unabhängig von ihrer Religion und Herkunft.
Gemeinsam brache Stahlmann, Kathrin Bockey und Gerhard Koepsel schließlich auf – und bekamen spontan Unterstützung von einem Bewohner der Flüchtlingsunterkunft. Er ist ein geflohener Jeside aus dem Irak, der seit fünf Jahren in Deutschland lebt und arbeitet. „Das ist eine gute Sache“, beschloss der Mann und beschenkte zusammen mit Stahlmann, Bockey und Koepsel die deutsche Nachbarschaft des Hagenwegs.
„Eine gelungene Aktion“, zogen die Akteure von evangelischer Kirche und Samtgemeinde am Ende eine positive Bilanz. Ein ähnlicher Besuch fand kurz darauf bei der Flüchtlingsunterkunft in Bütlingen statt.
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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