Wie groß darf man bauen?
Den Bebauungsplan besser genau lesen
Der Traum vom Eigenheim soll mit einem Neubau realisiert werden. Das Grundstück ist gekauft, die Vorfreude groß und im Kopf beginnt die Planung des neuen Zuhauses. Angemessen groß soll es sein und Flexibilität bis ins hohe Alter bieten. Bei allen Ideen und Träumen darf jedoch eins nicht vergessen werden: der gültige Bebauungsplan, kurz B-Plan genannt. Denn er enthält wichtige Vorgaben, u.a., wie viel Fläche des Grundstücks überbaut werden darf. Wer das nicht bedenkt, erlebt ein böses Erwachsen. So geschehen bei einem Ehepaar, das in Fredenbeck bauen möchte.
Das Paar kaufte ein 750 Quadratmeter großes Grundstück in Randlage eines Neubaugebiets. Um altersgerecht zu bauen, entschied es sich für einen ebenerdigen Bungalow mit einer Grundfläche von 110 Quadratmetern. Aber: Als die beauftragte Gebäudeplanerin beim Landkreis Stade den Bauantrag stellte, lehnte dieser die Planung ab. Begründung: Das Haus sei zu groß geplant.
Wie konnte das passieren?
Hierzu muss man wissen, wie sich die maximal erlaubte Baufläche eines Grundstücks berechnet. Entscheidend ist die sogenannte Grundflächenzahl (GRZ). Sie gibt an, wie viel Quadratmeter Gebäudegrundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Dazu gehören neben dem Wohnhaus auch versiegelte Flächen wie Garage, Terrasse oder Zufahrt. Die GRZ wird im B-Plan als Dezimalzahl angegeben. Beträgt sie beispielsweise 0,4, dürfen maximal 40 Prozent der Fläche bebaut werden. Im Fall des B-Plans in Fredenbeck betrug die GRZ 0,3. Das gilt jedoch nicht für einen gekennzeichneten Pflanzstreifen am Grundstücksrand. Er fällt als Sonderfläche aus dieser Berechnung. Dadurch verkleinert sich die maximal erlaubte zu bebauende Fläche laut Aussage der Gebäudeplanerin um rund 35 Quadratmeter.
Das sorgt für Enttäuschung bei den Bauherren und Unverständnis der Gebäudeplanerin. Sie zweifelt die Rechtmäßigkeit des B-Plans an. Die Bauherren kritisieren zudem, dass sie für den Randstreifen den vollen Quadratmeterpreis von 179 Euro bezahlt hätten.
Das WOCHENBLATT hat beim Landkreis Stade nachgefragt, ob der B-Plan geltendem Recht entspricht. "Auch im Kreishaus gab es schon Anfragen zu diesem Bebauungsplan“, bestätigt Landkreis-Sprecher Daniel Beneke. „Eine Überprüfung hat jedoch ergeben, dass die Festsetzungen rechtskonform seien.“ Hinweise auf Rechtsfehler gebe es nicht. „Unsererseits gab und gibt es keine Bedenken“, betont Beneke. Dass eine Gemeinde in einem Bebauungsplan Pflanzzonen festsetzt, sei gängige Praxis. Die Bebauungspläne mit allen Festsetzungen und Planzeichnungen seien öffentlich einsehbar, würden von den Experten in den Rathäusern auf Wunsch auch erläutert.
Pläne sind öffentlich
Ähnlich äußert sich der Fredenbecker Samtgemeinde-Bürgermeister Matthias Hartlef. "Die Festsetzung eines Pflanzstreifens ist gängige Praxis und dient der Ortsrandeingrünung. Hinweise auf Rechtsfehler sind nicht zu erkennen." Grundsätzlich empfiehlt er allen Bauinteressierten, sich vor dem Kauf eines Grundstückes über die Festsetzungen des Bebauungsplanes zu informieren. Diese seien für alle Bürgerinnen und Bürger online einsehbar oder auf Nachfrage vom Rathaus zu erhalten. "Der Grundstückspreis, sofern er für den Randstreifen in voller Höhe erhoben würde, wird vertraglich zwischen Käufer und Investor geregelt. Hierbei handelt es sich um eine rein privatrechtliche Angelegenheit, auf die die Gemeinde keinen Einfluss nimmt", so Hartlef.
Das Grundstück gehört zum Neubaugebiet "Sonnenkamp West" des Bauträgers THSC Grund Invest GmbH aus Bremen. Geschäftsführer Axel Arthur Schmidt weist darauf hin, dass die von den Bauherren beauftragte Planerin den rechtlichen Sachverhalt nicht berücksichtigt habe, woraufhin der gestellte Bauantrag wohl abgelehnt worden sei. "Das ist mehr als ärgerlich für die Bauherren und wir bedauern dieses sehr", so Schmidt. Als Käufer müsse man sich auf die Aussagen seines Bauträgers oder Architekten verlassen können. Das sei hier wohl nicht der Fall gewesen, wie der Bauherr Schmidt in einem Telefonat mitgeteilt habe.
"Die Baugrundstücke werden immer zu einem festgesetzten Gesamtpreis per Quadratmeter verkauft. Ein Quadratmeterpreis gilt pauschal für das gesamte Grundstück und nicht nur für die überbaubare oder nicht überbaubare Fläche", erläutert Schmidt weiter. "Dass der Käufer eine private Grünfläche übernimmt, darauf wird im notariellen Kaufvertrag klar hingewiesen."
Für die Bauherren bedeutet das, dass sie entweder kleiner bauen oder auf Nebenanlagen wie Carport oder Garage verzichten müssen.
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