Stade, Winsen, Seevetal, Hanstedt, Tostedt
Bald mit Mietpreisbremse?
Die niedersächsische Landesregierung hat die Zahl der Kommunen mit "angespanntem Wohnungsmarkt" von bisher 18 auf jetzt 57 erhöht. Jetzt gehören auch die Städte Stade und Winsen, die Gemeinde Seevetal und die Samtgemeinden Hanstedt und Tostedt dazu. Das bedeutet: Auch hier könnten bald Mietpreisbremse und Baulandmobilisierungsgesetz gelten. Schon jetzt gehören Buchholz und Buxtehude zu den Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt.
Die rot-grüne Regierung in Hannover hat in der vergangenen Woche die Mieterschutzverordnung mit der Mietpreisbremse und das Baulandmobilisierungsgesetz Verbänden und Kommunen zur Stellungnahme freigegeben. Das bedeutet: Noch im Herbst könnten die neuen Regeln in geltendes Recht umgesetzt werden.
Die "Mietpreisbremse" beinhaltet: Bestehende Wohnungen dürfen bei Wiedervermietung höchstens zehn Prozent teurer als die ortsübliche Vergleichsmiete vermietet werden.
Außerdem enthält die Verordnung eine "abgesenkte Kappungsgrenze". Das bedeutet: Bei einem bestehenden Mietverhältnis darf die Miete innerhalb von drei Jahren höchstens 15 Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden. Zudem ist eine verlängerte Kündigungsfrist bei einer Umwandlung von einer Miet- in eine Eigentumswohnung und anschließendem Verkauf vorgesehen. Die Mieterschutzverordnung gilt bis Ende 2025, soll aber bis 2029 verlängert werden.
Das Baulandmobilisierungsgesetz umfasst ein weitergehendes kommunales Vorkaufsrecht für Baugrundstücke, mehr Möglichkeiten zur Befreiung von Bebauungsplänen, eine ausgeweitete Verpflichtung zum Bauen ("Baugebot") und die Pflicht, Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen bei Wohnhäusern mit mehr als fünf Wohnungen genehmigen zu lassen.
Die Städte und Gemeinden, für die diese Regeln in Zukunft gelten sollen, hat ein vom Land beauftragter Gutachter ermittelt. Seine Kriterien: die Mietendynamik, die Belastung der Haushalte durch die Miete und die Entwicklung der Preise von Mehrfamilienhausgrundstücken. Das Gutachten kann auf der Internetseite des Wirtschaftsministeriums eingesehen werden.
Landesbauminister Olaf Lies (SPD) erwartet von der Verordnung, dass durch die Maßnahmen in den Kommunen mehr Bauland geschaffen und dadurch die Mietentwicklung gedämpft werden kann. Ist das realistisch? Das sagen die Vertreter der Kommunen:
• In der Samtgemeinde Hanstedt gibt es laut Samtgemeinde-Bürgermeister Olaf Muus trotz ländlicher Beschaulichkeit durchaus einen angespannten Wohnungsmarkt: "Es gibt quasi keinen freien Markt mit Wohnungsangeboten. Das Wohnungsangebot beschränkte sich Mitte 2023 auf etwa 15 Wohnungen. Das günstigste Angebot lag bei 7,50 Euro pro Quadratmeter (Altbau). Es gab lediglich zwei Angebote unter zehn Euro pro Quadratmeter. Der Schwerpunkt lag mit elf Angeboten im Segment zwischen zehn und zwölf Euro pro Quadratmeter, zwei Angebote lagen jenseits von 13 Euro pro Quadratmeter." Vor allem günstiger Wohnraum fehle.
Eine Entlastung erwartet Muus kurz- und mittelfristig eher nicht. Er setzt vor allem auf die Kommunale Wohnungsbaugesellschaft KWG, die von den Mitgliedsgemeinden unterstützt werden müsse, um mehr günstigen Wohnraum zu schaffen. Was die Mietpreisbremse betrifft, könnte "eine Dämpfung der Mietpreissteigerungen tatsächlich die positive Folge sein. Ob dies tatsächlich eintritt, bleibt aber abzuwarten."
Auch in den Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde Hanstedt wird mit Baulandkäufern schon im Rahmen von städtebaulichen Verträgen eine Bauverpflichtung in einem bestimmten Zeitraum, regelmäßig zwei bis drei Jahre, vertraglich geregelt. Vom Baugebot nach Paragraf 175 ff Baugesetzbuch, das jetzt erleichtert werden soll, haben die Gliedgemeinden noch keinen Gebrauch gemacht, so Muus. Insofern wird die Erleichterung in der Praxis kaum helfen.
• Stade: Pressesprecher Stephan Voigt meint, die Verordnung könne hilfreich sein: "Dass die Hansestadt Stade nun auch unter die Mieterschutzverordnung fällt, hilft uns, gegen die angespannte Wohnraumsituation Maßnahmen zu ergreifen." Eine solche Maßnahme soll laut Ratsbeschluss vom Juni eine Zweckentfremdungssatzung werden, die die Stadt jetzt erarbeitet und die in der zweiten Jahreshälfte fertig sein soll. "Damit werden wir verhindern, dass in der Stader Altstadt weitere Mietwohnungen zu Ferienwohnungen umgenutzt werden. Außerdem wollen wir eine Genehmigungspflicht für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen auf den Weg bringen – beides mit dem Ziel, Wohnungen nicht dem Markt für Mietwohnungen zu entziehen und Mietpreissteigerungen entgegenzuwirken", so Voigt.
Die Instrumente der Baulandmobilisierung könnten in Einzelfällen auch in Stade angewendet werden, sagt Voigt. Doch die Stadt bevorratet sich lieber selbst mit Flächen. Wer solche Flächen kauft, verpflichtet sich meist vertraglich zum Bauen. Flächen, die möglichst bald bebaut werden sollen: das ehemalige Gummi-Schmidt-Gelände in Altstadtnähe (150 Wohnungen), das ehemalige Mineralölwerk-Gelände, der ehemalige Festplatz, Finanzamt-Gelände und die geplante Heidesiedlung 2.0 (Wohnungen für bis zu 1.200 Menschen).
• "Wir hatten in den vergangenen Jahren einen erheblichen Anstieg der Mieten im Bereich der Samtgemeinde Tostedt", sagt Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Peter Dörsam. "Deshalb halte ich es für richtig, die Bestimmungen der Mieterschutzverordnung auch für die Samtgemeinde Tostedt anzuwenden." Er geht davon aus, dass es zu einer gewissen Entlastung kommt. Wichtig sei, dass die Einwohner auch über ihre Rechte informiert seien. So reiche es in einem Gebiet ohne Mietspiegel, wie in der Samtgemeinde Tostedt, drei vergleichbare Wohnungen heranzuziehen. Dies sei "eine kurzfristige Maßnahme", auf längere Sicht sei es wichtig, dass ausreichend Wohnraum entstehe und die Basis für "ökonomische Mietexzesse" durch Wohnungsknappheit beseitigt wird.
Auch die Gemeinde Tostedt gibt schon jetzt bei der Neuerschließung von Wohngebieten eine Frist für die Bebauung vor. "Dieses halte ich für sinnvoll", sagt Dörsam. "In diesem Fall wissen alle, worauf sie sich einlassen." Eine Anwendung eines Baugebots auf sonstige unbebaute Grundstücke sei hingegen ein erheblicher Eingriff in die Nutzungs- und Verfügungsbefugnis über Eigentum, "eher als ein letztes Mittel".
• Hinter den neuen Ver- und Geboten stehe sicher eine gute Absicht des Gesetzgebers, sagt Theo Peters, Sprecher der Stadt Winsen. "Im Einzelfall und als Ergebnis einer Abwägung des Für und Wider kommt die eine oder andere Maßnahme bestimmt auch bei uns in Betracht." Neben dem erheblichen bürokratischen Aufwand durch die Instrumente müsse man "nüchtern feststellen, dass die eigentlichen Wurzeln der Probleme – also der Mangel an Wohnraum und die überhöhten Mieten – damit nicht wirklich bekämpft werden."
• Für die Gemeinde Seevetal existiert "kein qualifizierter Mietspiegel", heißt es auf der Website "seevetal.de". Was man in der Gemeindeverwaltung von der Mietpreisbremse hält, war bis Redaktionsschluss nicht zu erfahren.
Die ortsübliche Vergleichsmiete
Die Mietpreisbremse basiert auf der "ortsüblichen Vergleichsmiete". Damit ist ein Mietpreis für bei Art, Größe, Ausstattung, energetische Ausstattung, Beschaffenheit und Lage vergleichbare Wohnungen in einer Gemeinde in den letzten sechs Jahren gemeint.
Wie hoch ist die Vergleichsmiete? Paragraf 558a Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches gibt mehrere Möglichkeiten vor: Mieter und Vermieter können sich an mindestens drei vergleichbaren Mietobjekten (idealerweise in direkter Nähe), an Gutachten von Sachverständigen, an Mietdatenbanken und am örtlichen Mietspiegel orientieren. Vor allem der Mietspiegel ist eine praktische Grundlage für realistische Mietpreise. Dieser wird - so vorhanden - von Gemeinden und Städten regelmäßig angepasst und spiegelt somit die Entwicklung des Wohnungsmarktes gut wider. Es ist aber zu bedenken, dass darin immer nur Durchschnittswerte wiedergegeben werden.
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