Hanstedt
Silke Fiehn bietet ehrenamtlich Trauerhilfe für junge Erwachsene an
"Wie bei einem Mobile sind in einem Familiensystem alle miteinander verbunden. Alles gerät aus der Balance, wenn ein Familienmitglied stirbt", sagt Silke Fiehn (63). Als Kinder-, Jugend- und Familientrauerbegleiterin leitet sie in ihrem Heimatort Hanstedt ehrenamtlich unter anderem eine Trauergruppe für junge Erwachsene, die jetzt erweitert werden soll.
Trauer ist oft noch ein Tabuthema
"Trauer ist vielerorts immer noch ein Tabuthema. Menschen trauern länger um verstorbene geliebte Menschen, als ihre Umgebung es ihnen mitunter zugesteht", weiß Silke Fiehn aus Gesprächen mit Hinterbliebenen. Seit dem vergangenen September leitet sie - mit Unterstützung der Trauerbegleiterin Lara-Joy Köhler - in Hanstedt eine Gruppe von vier jungen Erwachsenen um die 30 Jahre, die beispielsweise ihre Mutter oder einen Bruder verloren haben. In der Gruppe, die sich jeden ersten und dritten Dienstag im Monat von 19 bis 21 Uhr im Küsterhaus trifft (das nächste Mal am 16. Januar), sind nun noch Plätze frei.
Silke Fiehn beobachtet bei Männern und Frauen ein unterschiedliches Trauerverhalten: "Ich habe unter meinen Klienten mehr Frauen als Männer. Der Grund ist wohl, dass viele Männer sich scheuen, ihre Trauer mitzuteilen, oder meinen, sie brauchen den Austausch darüber nicht und können es mit sich alleine abmachen.“
Für die Trauernden, die zur ihr kommen, bedeute es eine große Erleichterung, über den erlittenen Verlust zu sprechen. "Manche Hinterbliebene meinen, es könne doch nicht normal sein, wenn man etwa nach 30 Jahren noch über den Tod der Mutter trauert. Aber das ist normal."
Gefühlskarten und Trauermodell helfen bei Arbeit mit Klienten
Bei ihrer Arbeit nimmt Silke Fiehn Gefühlskarten zu Hilfe, bei denen gezeichnete Figuren den Klienten helfen, Emotionen auszudrücken, die sie gerade nicht in Worte fassen können. Außerdem greift Fiehn auf das Trauermodell der renommierten Autorin Mechthild Schroeter-Rupieper zurück, bei der Schritte des Trauerprozesses vom Funktionieren über das Begreifen bis zum Akzeptieren anschaulich dargestellt werden.
Schroeter-Rupiepers Buch "Geschichten, die das Leben erzählt, weil der Tod sie geschrieben hat" war es auch, das Silke Fiehn 2019 bewog, eine Ausbildung zur Kinder-, Jugend- und Familientrauerbegleiterin an der Akademie des Kinderhospizes "Sternenbrücke" in Hamburg zu absolvieren. Diese Ausbildung orientiert sich an den Inhalten des Bundesverbandes Trauerbegleitung e.V.
"Die Arbeit mit Trauernden ist mir eine Herzensangelegenheit und ich leiste diese ausschließlich aus Eigeninitiative, weil sie mir so wichtig ist und ich die Notwendigkeit sehe", erklärt Silke Fiehn. "Der Verstorbene hat keine Schmerzen mehr, ihm geht es gut. Die Hinterbliebenen müssen sich der Herausforderung stellen, mit der Lücke zu leben", so die gläubige Christin. Wie gut die gemeinsame Trauerarbeit den Klienten tut, zeigen ihr Feedbacks wie "Meine Belastung löst sich Stück für Stück", oder "Du machst mir Mut".
Bei der ehrenamtlichen Arbeit in ihren Gruppenangeboten erhält sie keine finanzielle Unterstützung und ist daher auf Spenden angewiesen. Sie darf jedoch den Raum des Gemeindehauses der Hanstedter St.-Jakobi-Kirchengemeinde sowie die Räume des Hanstedter Küsterhauses, finanziert durch die Bürgerstiftung, kostenlos nutzen. Der bei Silke Fiehns Gruppensitzungen verlangte Unkostenbeitrag dient zur Deckung von Material- und Verpflegungskosten.
Neben der Trauergruppe für junge Erwachsene leitet Silke Fiehn eine Trauergruppe für Kinder von vier bis sechs Jahren in Hanstedt und eine für Jungen und Mädchen von sechs bis elf Jahren in Hamburg-Marmstorf. Auch verwaiste Großeltern oder Kinder aus getrennten Familien, die begleitet werden möchten, können sich an sie wenden. Fiehns größter Wunsch ist jedoch, ein Haus für Familientrauerbegleitung in Hanstedt zu gründen - "um Familien in diesen herausfordernden Zeiten zu unterstützen".
• Mehr Infos unter www.fiehn.net.
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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