Harsefelder Schwarzbau-Affäre: Kein Geld für die Handwerker?
jd. Harsefeld. Unbezahlte Rechnungen: Auch Betriebe aus der Region von Bau-Debakel betroffen. War es ein Versehen, eine dreiste Masche der Baufirma oder pures Unvermögen des planenden Architekten? Die Meinungen zum Harsefelder "Schwarzbau", bei dem die zulässige Länge um 40 Prozent überschritten worden ist, gehen auseinander. Seitdem das WOCHENBLATT den Bauskandal aufgedeckt hat, wird das Thema in der Bevölkerung und in der Branche heftig diskutiert. Ob Absicht oder nicht: Die Haupt-Leidtragenden sind die angehenden Wohnungseigentümer, die im schlimmsten Fall vor dem Nichts stehen. Betroffen sind aber auch mehrere Handwerksbetriebe aus der Region, die auf unbezahlten Rechnungen sitzen - obwohl die Baufirma durch den Verkauf der Wohnungen bereits schätzungsweise knapp 700.000 Euro kassiert hat.
Einer der hiesigen Handwerker, die nach eigenen Angaben vom Bauträger, der Firma A&B Hochbau aus Schönkirchen bei Kiel, noch Geld zu bekommen haben, ist der Garten- und Landschaftsbauer Olaf Karnatz aus Bliedersdorf. Er legte mit seinen Mitarbeitern rund drei Wochen lang Terrassen an, brachte Regenwasserleitungen in den Boden und pflasterte Auffahrten sowie Pkw-Stellplätze. Als er mit den Arbeiten begonnen habe, sei längst die Stilllegung der Baustelle verfügt worden, so Karnatz. Das habe der Architekt jedoch mit keiner Silbe erwähnt. Wie alle anderen Betroffenen erfuhr Karnatz vom Baustopp erst aus dem WOCHENBLATT.
Laut Karnatz ist eine fünfstellige Summe offen: "Dass mir ein Auftraggeber einen Betrag in dieser Höhe schuldig bleibt, habe ich noch nicht erlebt", ärgert sich der Bliedersdorfer. Bei Nachfragen habe die Firma immer die gleiche "Hinhaltetaktik" angewandt: "Der Architekt rief im Büro der Baufirma an und fragte, warum mein Geld nicht überwiesen worden sei, und die Sekretärin suchte dann vergeblich den Geschäftsführer." Nur einmal habe sich dieser persönlich gemeldet und versichert, dass die Rechnung umgehend beglichen werde. "Alles leere Versprechungen", sagt Karnatz, der schon überlegt, die Pflastersteine wieder aufzunehmen.
Über diese Option braucht Axel Möller nicht nachzudenken: Sein Betrieb war beauftragt worden, die Sanitär- und Elektroinstallationen auszuführen. "Ich kann ja nicht die Kabel und Rohre aus der Wand reißen", meint Möller. Er hat Ende August alle Arbeiten eingestellt, nachdem über Wochen keine Zahlungen eingegangen sind. Die A&B Hochbau habe ihn dann aufgefordert, weiterzumachen, weil er sonst sicherlich kein Geld sehen werde, so Möller, der jetzt einen Anwalt eingeschaltet hat. Seine Firma könne Forderungsausfälle in dieser Dimension zwar noch verkraften, doch kleineren Handwerksbetrieben würde so etwas das Genick brechen, so Möller.
In die Bresche springen sollte ein Beckdorfer Elektro- und Sanitärbetrieb. Doch dessen Inhaber war vorgewarnt und bestand auf Vorkasse: "Weil wir nicht mitgespielt haben, ging der Auftrag an eine andere Firma", so der Betriebsleiter. Er habe gehört, dass diese Firma ebenfalls nicht bezahlt worden sei.
Einige der betroffenen Handwerker haben nun Post aus Schönkirchen bekommen. Im Umschlag war kein Scheck, sondern ein Schreiben mit der Bitte, ein Angebot für das nächste Bauvorhaben in Harsefeld abzugeben. Das soll von der erst im Juli gegründeten A&B Projektbau realisiert werden. Die Handwerker fragen sich nun: "Neue Firma - neues Glück?"
• Das Unternehmen schweigt weiter zu den Vorwürfen. Wiederholte Nachfragen des WOCHENBLATT blieben unbeantwortet.
KOMMENTAR: Ganz viele Fragezeichen
Was soll das? Da werden etwa 70 Prozent der Kaufsumme von rund einer Million Euro bereits eingestrichen - und das Unternehmen ist nicht in der Lage, die Handwerker-Rechnungen zu bezahlen? Oder ist es womöglich so, dass die fehlenden 300.000 Euro - ein Käufer war vom Vertrag zurückgetreten und die anderen hatten die Restzahlung einbehalten, nachdem der Baustopp publik wurde - in etwa den geplanten Gewinn ausmachen? Hat der Inhaber diese Summe vielleicht längst für sich zur Seite gepackt und lässt deswegen die Handwerker in die Röhre schauen? Je näher man dieses Bau-Debakel betrachtet, umso mehr Fragezeichen gibt es.
Jörg Dammann
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