Historiker mit ganzem Herzen: Ingo Wilfling hat in Harsefeld eines der wenigen kommunalen Archive im Kreis Stade aufgebaut
jd. Harsefeld. Um zu ihm zu gelangen, muss man in den Keller des Harsefelder Rathauses hinabsteigen. Dort hat Ingo Wilfling sein kleines Reich: Der "Herr der Ringordner" wacht dort über einen wertvollen Schatz, der von der Öffentlichkeit leider wenig beachtet wird: das Harsefelder Samtgemeindearchiv. Als dessen ehrenamtlicher Leiter bemüht Wilfling sich, historische Dokumente aus ihrem Schattendasein in dunklen Aktenschränken ans Licht zu holen. Der pensionierte Grundschulleiter hat das Archiv quasi aus dem Nichts aufgebaut.
Es fing vor 30 Jahren mit einem "Arbeitskreis Archiv" an: Damals war gerade der örtliche Heimatverein aus der Taufe gehoben worden. Zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben gehörte auch das Sichten und Sammeln von Unterlagen zur Ortsgeschichte. Mit einer Handvoll Mitstreiter machte sich Wilfling ans Werk: Er stand vor einer Herkulesaufgabe, denn die kommunalen Dokumente lagerten verstreut in verschiedenen Ämtern.
Trotz der widrigen Bedingungen war Wilfling mit Herzblut bei der Sache: "Geschichte war schon als Kind mein großes Steckenpferd", berichtet der gebürtige Weserbergländer. Eines seiner Lieblingsorte als Schüler sei das örtliche Heimatmuseum gewesen. Selbst bei der Bundeswehr, wo Wilfling zwölf Jahre als Zeitsoldat diente, ließ er nicht von seinem Hobby ab: Für seine Kameraden organisierte er Exkursionen zu historischen Sehenswürdigkeiten.
Nach dem Bund entschied Wilfling sich für eine Laufbahn als Pädagoge. Sein Schwerpunkt beim Studium als Haupt- und Grundschullehrer war natürlich das Fach Geschichte. Im Rahmen seiner Examensarbeit kam er auch mit dem ersten großen Archiv in Berührung: "Für die Arbeit musste ich intensive Recherchen im Staatsarchiv Bückeburg betreiben", sagt Wilfling. Das sei eine faszinierende Sache gewesen.
Faszinierend findet der ehrenamtliche Archivar nach wie vor seine Tätigkeit im Rathaus-Keller: "Man stößt immer wieder auf höchste interessante Dokumente." Das meiste Archivmaterial wird akkurat verpackt in rund 1.300 Kartons verwahrt. Darin verberge sich ein gewaltiger Fundus für Heimatkundler, meint Wilfling: "Ich sage immer, dass in jedem Karton ein Aufsatz für das Jahrbuch unseres Vereins für Heimat- und Klostergeschichte steckt."
Seine Tätigkeit im Archiv habe er ein wenig heruntergeschraubt, so der 71-Jährige: "In den vergangenen Jahren kam ich auf rund 15 Wochenstunden." Nun trete er kürzer, da er inzwischen auf ein Team von elf freiwilligen Helfern zurückgreifen könne. Jeder habe ein bestimmtes Aufgabengebiet, das er eigenverantwortlich bearbeite, so Wilfling. Seine Aufgabe sei jetzt vor allem die Betreuung der jährlich rund 100 Besucher.
"Ende September wird defintiv Schluss sein", erklärt Wilfling. Er ist froh, das er sein "Baby" dann in professionelle Hände legen kann: "Die Samtgemeinde hat sich endlich dazu durchgerungen, den Posten des Archivleiters als hauptamtliche Stelle auszuschreiben." Im Archiv wird Wilfling dann wohl weiter regelmäßig anzutreffen sein: "Ich ernte dann die Früchte meiner Arbeit und schreibe Aufsätze für das Jahrbuch." Reichlich Kartons zur Auswahl hat er ja.
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