Jägerzaun statt Klostermauern
jd. Harsefeld. Die Steyler Missionsschwestern in Harsefeld laden dazu ein, ihre Gemeinschaft kennenzulernen. Gotische Gewölbe, durch die gregorianische Gesänge hallen, Mönche, die schweigend den Kreuzgang entlangschreiten, und Nonnen mit gestärkten Häubchen, die stundenlang im Gebet vertieft sind: So stellen sich viele Menschen das Leben in einem Kloster vor. In den Köpfen spukt ein Bild, wie es in Romanverfilmungen à la "Der Name der Rose" vermittelt wird. Doch bei vielen Orden sieht die Realität heute anders aus. Ein Beispiel sind die Schwestern der Steyler Mission aus Harsefeld. Sie leben nicht verborgen hinter hohen Klostermauern, sondern mitten im Ortszentrum, von der Straße nur durch einen kleinen Jägerzaun getrennt. Am Samstag, 10. Mai, stellen die Missionsschwestern ihre Gemeinschaft vor - im Rahmen eines "Tages der offenen Klöster", der erstmals bundesweit von der katholischen Kirche ausgerichtet wird.
"Sehenswürdigkeiten gibt es bei uns aber nicht zu bestaunen", sagt Schwester Stefanie, die Leiterin der zur Zeit aus fünf Frauen bestehenden Gemeinschaft. Das bescheidene Domizil der Schwestern - ein einfaches Haus direkt neben dem katholischen Kirchlein des Ortes - erinnert so gar nicht an ein klassisches Kloster: Es ist weder bauhistorisch von Bedeutung noch beherbergt es irgendwelche Kunstschätze. Wer altehrwürdige Gemäuer besichtigen will, muss mit den Ruinen des einst mächtigen Benediktinerstiftes im nahegelegenen Klosterpark vorlieb nehmen. Wer jedoch erfahren möchte, wie Glauben mit tiefer Überzeugung gelebt wird, ist bei den Steyler Missionarinnen an der richtigen Adresse.
Seit 1990 wirken die Schwestern in Harsefeld - nicht im stillen Kämmerlein, sondern ganz offen in der Gesellschaft. Die "Dienerinnen des Heiligen Geistes" - so der offizielle Name - sind in den Geestflecken berufen worden, um im evangelischen Norden Deutschlands "eine geistliche Zelle" zu bilden. Innerhalb der Gemeinde und darüber hinaus im Dekanat Unterelbe engagieren sich die Ordensfrauen an vielen Stellen: Sie sind beispielsweise als Organistin tätig, unterstützen den Besuchsdienst für Senioren und kümmern sich um Asylbewerber.
Bei drei von ihnen ist die geistliche Berufung zudem mit einem weltlichen Beruf verbunden: So arbeitet Schwester Stefanie als Religions- und Lateinlehrerin am Harsefelder Gymnasium, Schwester Petra betreut als Tagesmutter Kinder im Vorschulalter und Schwester Annette - gelernte Krankenschwester und studierte Sozialpädagogin - berät im Hamburger Flüchtlingszentrum Menschen in Notlagen. Tief in ihrem Glauben verwurzelt, sehen es die Steyler Missionarinnen als ihre Aufgabe an, "die Liebe Gottes" hinaus in die Gesellschaft zu tragen.
Das Zusammenleben in der Harsefelder Ordens-Niederlassung ist bei den Steyler Schwestern nicht so streng wie etwa bei den Benediktinerinnen geregelt. Es gebe mit dem Morgen- sowie dem Abendgebet allerdings zwei Fixpunkte im Tagesablauf, so Schwester Stefanie: "Man kann uns gewissermaßen als religiöse WG bezeichnen."
Gespräche und Meditation
(jd). Zum "Tag der offenen Klöster" am Samstag, 10. Mai, haben die Steyler Missionsschwestern die Pforten ihrer Niederlassung in Harsefeld, Böberstraat 11, zwischen 14 und 17 Uhr geöffnet. Sie laden zu zwanglosen Gesprächen bei einer Tasse Kaffee ein. Um 15 Uhr wird ein Film über die Arbeit der missionarischen Gemeinschaft gezeigt. Der Nachmittag endet um 16.30 Uhr mit einer Meditation.
• Die Gemeinschaft der Steyler Missionsschwestern wurde vor 125 Jahren vom Priester Arnold Janssen im niederländischen Dorf Steyl (bei Venlo) gegründet. Die rund 3.300 Schwestern sind weltweit in mehr als 40 Ländern tätig, um sich vor allem für sozial Benachteiligte einzusetzen.
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