Verläuft auf der Geest eine Sprachgrenze? - Ein Kommentar zu zwei verwirrenden Schildern
Verläuft zwischen den Samtgemeinden Harsefeld und Horneburg eine bisher unbekannte Sprachgrenze? Diese Frage stellen sich die Autofahrer, die auf der K26 unterwegs sind. Unweit von Hohebrügge quert die Straße ein kleines, tief eingeschnittenes Bachtal. Wer sich von der Harsefelder Seite her nähert, fährt an einem schon etwas in die Jahre gekommenen grünen Schild mit dem Namen "Steinbek" vorbei. Nicht einmal 200 Meter weiter - auf Horneburger Gebiet - steht hingegen seit einiger Zeit eine braune Hinweistafel, auf der "Steinbeck" zu lesen ist. Beide Bezeichnungen beziehen sich auf das kleine Bächlein, das sozusagen den "Grenzfluss" zwischen den zwei Kommunen darstellt.
Hier "Bek", dort "Beck": Für Linguisten dürfte das doch ein hochinteressantes Forschungsobjekt sein. Das Thema könnte vielleicht lauten: "Die konsonantische Verdoppelung des Auslautes als sprachliches Phänomen der südwestlichen Stader Geest". Aufgabe eines Sprachwissenschaftlers wäre es, zunächst zu ergründen, warum sowohl auf Harsefelder als auch auf Horneburger Seite jahrzehntelang der Name "Steinbek" verwendet wurde. Bek bzw. Beke ist eindeutig ein niederdeutsches Wort und bedeutet auf Hochdeutsch nichts anderes als Bach. Problematisch ist dann allerdings die Kombination mit Stein: Sprachlich korrekt müsste es auf "Platt" eigentlich "Steen" heißen.
Ein Blick auf die Karte macht die Sache noch komplizierter: Selbst in den älteren topographischen Ausgaben tragen der kleine Bach und ebenso das Wäldchen, durch das er fließt, den Namen "Steinbeck". Doch wie passt das zu dem fehlenden "c" auf dem grünen Schild? Schließlich handelt es sich um das amtliche Verkehrszeichen Nr. 385. Wir hakten beim Landkreis Stade nach, dessen Straßenmeisterei für die Beschilderung zuständig ist. Doch die Anfrage verlief im Sande. Offenbar sah man sich nicht in der Lage, bis Redaktionsschluss eine plausible Begründung zu formulieren.
Fakt ist jedenfalls, dass die braune Hinweistafel Nr. 386 sozusagen die "Nachfolgerin" des grünen Schildes ist und als "touristische Unterrichtungstafel" - so heißt es im Amtsdeutsch - dient. Vielleicht haben die Horneburger ja an die Urlauber gedacht und die Tafel erneuern lassen, um Auswärtige nicht zu verwirren: Wer auf der Autokarte "Steinbeck" liest, will diesen Namen schließlich in der gleichen Schreibweise auch vor Ort vorfinden. Und vielleicht wollen die Harsefelder, die schon immer sehr traditionsbewusst waren, einfach nur an der liebgewonnenen Bezeichnung "Steinbek" festhalten. Wer weiß?
Jörg Dammann
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