Werbe-Jingle macht müde Pendler munter
(jd). Beschwingtes Bahnfahren: In den Zügen der EVB erklingen derzeit Opernmelodien. "Ausstieg in Fahrtrichtung links" - jeder Bahnreisende kennt sie: Langweilige Durchsagen, mit denen eine spröde Stimme die nächste Station ankündigt. Ganz anders hört sich das derzeit in den Zügen der EVB an. Dort erklingt bei der Einfahrt in die Endstation Buxtehude Musik: Der kurze Werbe-Jingle soll zum Theaterbesuch animieren. Werbung in Bussen und Bahnen mit Plakaten, Bannern und Aufklebern ist ja nichts Außergewöhnliches. Dass aber auch aus Zuglautsprechern Werbebotschaften erschallen, ist wohl ziemlich einmalig in Deutschland. Das WOCHENBLATT hakte nach, was es mit dieser Aktion auf sich hat.
Jeden Morgen das gleiche Bild: Die EVB-Züge sind voll mit schlaftrunkenen Berufspendlern nach Hamburg. Erst wenn der Zug im Umsteigebahnhof Buxtehude quietschend zum Stehen kommt, erfolgt das große Erwachen. Doch seit einigen Tagen wird die müde Masse bereits vorher abrupt aus ihrem Dämmerzustand gerissen: Kurz vor Buxtehude ertönt aus dem Lautsprecher ein furioses Opernfinale. Spätestens jetzt sind alle hellwach und aufnahmebereit für die anschließende Werbedurchsage: "Wie wäre es mal wieder mit einem Theaterbesuch", heißt es sinngemäß.
"Die Jingles laufen im Rahmen einer größeren PR-Kampagne", erklärt Agnieszka Harmanci vom Marketing der Theaterlandschaft Nordwest, einem Verbund von vier großen Bühnen in Bremen und Niedersachsen. In den Zügen seien zudem "Theatertüten" mit Spielplänen und Infobroschüren verteilt worden. An einigen Wochenenden seien die Fahrgäste sogar mit Improvisationstheater unterhalten worden. "Ziel der ganzen Aktion ist es, auch Menschen aus ländlichen Regionen für Kultur zu begeistern", meint Harmanci.
Bei den Pendlern hält sich die Begeisterung über den Werbe-Jingle allerdings in Grenzen. Einige waren grundsätzlich genervt, nun auch in der Bahn berieselt zu werden. Andere wunderten sich darüber, dass ausgerechnet in einem Zug, der in Richtung Hamburg fährt, für Theaterhäuser in Bremen und umzu geworben wird. Nach Ostern herrscht aber wieder Funkstille: Laut Harmanci fällt dann der Vorhang für die Aktion.
• Infos zur Kampagne: www.theaterlandschaft-nordwest.de
KOMMENTAR: Eine ziemlich pfiffige Idee
Die Idee, in Zügen klangvoll zu werben, ist originell und hat einen gewissen Pfiff. Es ist schon verwunderlich, dass die Deutsche Bahn oder große Verkehrsbetriebe wie die Berliner BVG oder die Hamburger Hochbahn noch nicht darauf gekommen sind, das Rattern der Züge mit flotten Werbesprüchen zu übertönen. Eine Bitte an die EVB-Verantwortlichen hätte ich da aber noch: Für den morgendlichen Berufsverkehr kam die Opernmelodie ein wenig zu "fortissimo" rüber. "Pianissimo" wäre für die Stimmung zu dieser Tageszeit eher angemessen.
Jörg Dammann
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.