Ehrenplatz am Harsefelder Museum geplant
Zufallsfund in Issendorf: Mystischer Stein aus der Bronzezeit
"Wenn Steine sprechen könnten", lautet eine Redensart. Sie trifft in besonderer Weise auf die Archäologie zu. Steine als stumme Zeugen der Vergangenheit geben Archäologen und Historikern oftmals große Rätsel auf. Wie jetzt der sogenannte Schalenstein, der kürzlich in der Feldmark von Issendorf gefunden wurde. Die Spuren auf dem rund 400 Kilogramm schweren Stein lassen auf eine menschliche Bearbeitung des Steins in grauer Vorzeit schließen. Das schwergewichtige Fundstück soll demnächst einen Ehrenplatz erhalten: Der Schalenstein wird Ende Mai vor dem Klostermuseum in Harsefeld aufgestellt.
Steine stammen wohl aus der Bronzezeit
"Es handelt sich um den ersten Schalenstein, den wir seit rund 30 Jahren im Landkreis Stade gefunden haben", berichtet Kreisarchäologe Daniel Nösler. Er datiert solche Steine, die mit runden Aushöhlungen auf der Oberfläche versehen sind, überwiegend in die Bronzezeit. Diese Epoche reichte in Nordeuropa von etwa 1800 bis 500 vor Christus. Zur historischen Einordnung: Es war u.a. die Zeit der ersten europäischen Hochkultur, der mykenischen Kultur in Griechenland, an deren Ende der sagenhafte Untergang Trojas stand. Doch anders als in Griechenland gibt es hier im Norden keinerlei historische Quellen. Eine Deutung zur Funktion der Schalensteine bleibt daher weitgehend Spekulation. "Seit rund 150 Jahren gibt es dazu in der Wissenschaft Theorien, doch keine davon konnte bisher überzeugen", sagt Nösler.
Nutzung für kultische Zwecke?
Fest steht: Die Schalensteine kommen in weiten Teilen Europas vor. Eine Häufung gibt es aber im Norden. In Niedersachsen ist vor allem der Landkreis Stade reich an solchen Steinen. Besonders hoch sei die Funddichte rund um Mulsum, so Nösler. Bei einem dort in Wald liegenden Stein wurde vor ein paar Jahren ringsum der Boden untersucht. Zutage förderten die Archäologen zerbrochene Trinkgefäße. "Diese Funde lassen darauf schließen, dass die Schalensteine für kultische Feste verwendet wurden." Möglicherweise wurde in die "Schälchen", die in die Steine getrieben wurden, Öl eingefüllt. Mit einem Docht versehen, loderten in den Mulden vielleicht zum bestimmten Ritualen kleine Feuer.
Steine in jeder Größe
Der Issendorfer Schalenstein, der seinen Ehrenplatz am Harsefelder Museum bekommen soll, weist immerhin rund 40 "Schälchen" auf. "Es gibt die Steine aber in allen Größen - von kleinen, handlichen Steinen mit gerade mal zwei Mulden bis hin zu tonnenschweren Exemplaren", berichtet Nösler. Die Mulden wurden entweder mit Werkzeugen aus Metall "eingepickt" oder mit anderen Steinen ausgeschliffen. Das Zweite lässt eine weitere Deutung zu: Das abgeschliffene Gesteinsmehl könnte als Glücksbringer mit auf Reisen oder Kriegszügen genommen worden sein. "Aber letztlich hat die Forschung keine schlüssige Idee", resümiert Nösler. "Die Schalensteine bleiben ein Mysterium."
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