Für Radwegtrasse in Ahlerstedt wurden Bäume gefällt, weil Buschwerk tabu ist
Der "Bürokraten-Schlenker"
jd. Ahlerstedt. Wieder schließt sich eine Lücke im Radwegenetz des Landkreises. Entlang der Kreisstraße 75 entsteht derzeit eine neue Radlerpiste. Seit Anfang Juli laufen die Bauarbeiten für die rund 2,2 Kilometer lange Strecke, die Ahrensmoor-Nord mit Ahlerstedt verbindet. Für den neuen Radweg, der Ende September fertiggestellt sein soll, haben die Ahlerstedter Politiker - allen voran Bürgermeister Uwe Arndt - lange gekämpft. So erfreulich der Bau für die Radfahrer ist - es gibt aber eine Merkwürdigkeit: Der Radweg verschwenkt auf einer Länge von etwas mehr als 120 Metern direkt an die Straße. Das komplizierte deutsche Baurecht macht diesen "Bürokraten-Schlenker" offenbar erforderlich. Ein Irrsinn, denn deswegen mussten unnötig Bäume gefällt werden.
Das Geld ist gut angelegt: 650.000 Euro kostet es, dass die Kinder und Jugendlichen aus Ahrensmoor künftig wesentlich sicherer zur Grund- oder Oberschule nach Ahlerstedt radeln können. Davon übernimmt das Land 60 Prozent, den Rest finanziert die Gemeinde. Der Landkreis wird zwar Eigentümer der Strecke, zahlt aber wie bei jedem Bau eines neuen Radweges aus Prinzip keinen Cent dazu. Dennoch hat der Landkreis als Bauherr die Planungshoheit.
Dass die Radfahrer in Zukunft nicht mehr gezwungen sind, auf der relativ schmalen Fahrbahn der K75 unterwegs zu sein, ist durchaus positiv zu bewerten. Ebenso, dass der neue Radweg ein gutes Stück von der Straße entfernt verläuft. Denn dadurch wird die Sicherheit noch erhöht. Warum aber wird eine kleine Strecke unmittelbar an der Fahrbahn entlanggeführt?
Auf den ersten Blick mag man denken: Einer der Landwirte wollte seinen Grund und Boden nicht verkaufen. Der Grund für die Verschwenkung des Radweges ist aber ein anderer, wie Heiko Köhnlein, der beim Landkreis für den Straßenbau zuständig ist, erläutert. Alle zwölf Grundeigentümer, deren Land für den Radweg benötigt wurde, seien kooperativ gewesen. Das Problem bestehe darin, dass man einen Bebauungsplan hätte ändern müssen, um den kompletten Radweg gerade hinter Chausseebäumen verlaufen zu lassen. "Solch ein Vorhaben wäre planerisch nur unter großen Schwierigkeiten umzusetzen gewesen", erklärt Köhnlein auf WOCHENBLATT-Nachfrage.
Dieser Fall ist wieder einmal ein Beispiel dafür, dass bürokratische Bestimmungen allen Regeln der Vernunft widersprechen können. Der Schlenker ist erforderlich, weil der Radweg sonst den Randbereich der Ausgleichsfläche für eine benachbarte Biogasanlage berührt hätte. Eigentlich passen die vor rund sieben Jahren gepflanzten und wie wildes Gestrüpp wirkenden Sträucher, die von einem hohen Maschendrahtzaun umgeben sind, so gar nicht in die Landschaft. Dennoch sind sie tabu.
Anders als mehrere Chausseebäume: Die schönen Ahornbäume fielen wegen der Verschwenkung der Säge zum Opfer. Ökologisch wertvoller wäre es allemal gewesen, die Bäume zu erhalten und stattdessen einen Teil des Buschwerks auf der Ausgleichsfläche zu roden. Doch solch eine unkomplizierte und dem gesunden Menschenverstand entsprechende Lösung ist hierzulande nur mit erheblichen bürokratischen Hürden verbunden. Bis die Änderung eines B-Plans alle In-stanzen durchlaufen hat, kann ein Jahr ins Land gehen.
Da sind eine Handvoll Bäume schneller gefällt. Immerhin, so verspricht Köhnlein, soll für die gefällten Bäume an anderer Stelle Ersatz geschaffen werden.
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