"Es geht hier nicht um Denkmäler" - Interview mit Harsefelds Rathauschef Rainer Schlichtmann
jd. Harsefeld. Für die einen ist es bereits ein handfester Streit, für die anderen eher eine intensive Diskussion. Fakt ist: Über kein anderes Thema wird in Harsefeld derzeit so leidenschaftlich diskutiert wie über den geplanten Brückenschlag am Bahnhof. Im Zuge dieses "Brücken-Streits" musste Rathauschef Rainer Schlichtmann einige Kritik einstecken. Davon war vieles überzogen und sachlich auch nicht gerechtfertigt. Das WOCHENBLATT gibt Schlichtmann im Rahmen eines Interviews die Gelegenheit, seine Sicht darzustellen.
WOCHENBLATT: Auf dem Info-Abend zum Brückenbau gab es einige Plädoyers zugunsten der Brücke, aber auch reichlich Kritik. Was haben Sie von diesem Abend mitgenommen?
Schlichtmann: Die Grobplanung mit dem Brückenbauwerk und dem eventuellen Einzugsbereich mit möglicher Finanzierung sind fertiggestellt. Der Zeitpunkt für eine entsprechende Info-Veranstaltung war richtig gewählt. Die Detailarbeit bleibt noch zu leisten und sorgfältig zu bearbeiten. Die überwiegend konstruktiven Vorschläge werden in der Gesamtplanung eingearbeitet. Die Brückenbaumaßnahme muss der Aufschlag für weitergehende Detailplanungen zur Einrichtung von Radverkehrswegen innerhalb des Flecken Harsefeld sein.
WOCHENBLATT: Böse Zungen behaupten, Sie wollen sich mit der Brücke ein Denkmal setzen, sprechen bereits von der „Rainer-Schlichtmann-Gedächtnis-Brücke“. Wie stehen Sie dazu?
Schlichtmann: Gesetzliche Aufgabe des Gemeindedirektors ist es, Beschlüsse der Ratsgremien vorzubereiten und diese dann auch umzusetzen. Beschlüsse zum Bau der Brücke liegen in vielfacher Form vor. Die Erforderlichkeit zum Bau der Brücke haben übrigens drei bis vier Planer unabhängig voneinander gesehen.
Als Gemeindedirektor, aber auch persönlich, stehe ich zu der Brücke, weil diese den Süden und Norden Harsefelds verbindet. Sie dient unter anderem der sicheren Erreichbarkeit der Spiel- und Freizeiteinrichtungen, der Seniorenanlage, des Bahnhofes und auch des Zentrums. Es wird die barrierefreie Erreichbarkeit des Bahnhofes ermöglicht. Es tritt eine erhebliche CO2-Ersparnis ein. Diesem Ziel hat sich der Flecken seit langer Zeit verschrieben. Die Bedeutung umweltrelevanter Themen wird weiter steigen.
Gemeinsam mit den Räten habe ich mich auch für viele Maßnahmen eingesetzt, ohne dass diese Einrichtungen mit meinem Namen in Verbindung stehen. Beispielhaft nenne ich die Sanierungsmaßnahmen der Bäder, der Eissporthalle, aber auch die Städtebauförderung mit der Marktstraße usw. Es geht hierbei nicht um Denkmäler, sondern um eine Verbesserung der Infrastruktur zugunsten unserer Bevölkerung.
WOCHENBLATT: Sie haben Fördermittel aus dem Bundeswettbewerb „Klimaschutz durch Radverkehr“ beantragt. In der Projektskizze der Gemeinde für den Antrag ist von einem „Radverkehrskonzept“ die Rede. Da es dieses Konzept derzeit nicht gibt, wirft Ihnen der Grünen-Ratsherr Ralf Poppe vor, Fördermittel „erschleichen“ zu wollen. Wie reagieren Sie auf diesen Vorwurf?
Schlichtmann: Ausgangspunkt der Überlegungen des Herrn Poppe ist das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept, das vom Rat beschlossen wurde. Hierin sind Aussagen zu der Weiterentwicklung des Rad- und Fußverkehrs mit einem Mobilitätskonzept enthalten. Dieses integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept ist kein Bestandteil der jetzt dem Ministerium vorgelegten Bewerbungsunterlagen.
Die Behauptung des Herrn Poppe, es gäbe ein Radverkehrs- und Mobilitätskonzept im Zusammenhang mit dem jetzt gestellten Antrag, ist falsch. Richtig ist, dass in den Bewerbungsunterlagen der Begriff „Radverkehrskonzept“ enthalten ist, ohne dass es hierzu nähere Auskünfte gibt. Gemeint sind hiermit strategische und programmatische Aussagen zur Nahmobilität.
Den Vorwurf, öffentliche Gelder eventuell zu erschleichen, weise ich ausdrücklich zurück. Ich hoffe, dass Herr Poppe dem Flecken mit seinen Aussagen keinen Schaden zufügt.
WOCHENBLATT: Wie bewerten Sie die Chance, Fördermittel zu erhalten? Gibt es noch harte Konkurrenten?
Schlichtmann: Es spricht zunächst einmal für unsere Brückenbaumaßnahme, dass wir bei der Bewertung der Unterlagen in die engere Wahl gekommen sind. Weil mir die Anträge
der Mitbewerber nicht bekannt sind, ist es sachgerecht nicht möglich, eine Einschätzung unseres Antrages vorzunehmen. An Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen.
WOCHENBLATT: Sie wollen 800.000 Euro aus der sogenannten Infrastrukturabgabe (Überschuss aus den Grundstücksverkäufen im Neubaugebiet) für den Brückenbau verwenden. Wird das Geld nicht später für den nächsten Kindergartenbau benötigt?
Schlichtmann: Trotz erheblicher Investitionen in die Infrastruktur des Flecken ist es in den vergangenen 20 Jahren gelungen, die Verschuldung von ca. 1,8 Mio. Euro auf unter 200.000 Euro herunter zu fahren. Für in Aussicht genommene Maßnahmen wie dem Brückenbau und auch weiteren Infrastruktureinrichtungen werden in den nächsten Jahren keine Kreditaufnahmen benötigt.
WOCHENBLATT: Die Brücke kann beim Thema Radverkehr ja nicht isoliert behandelt werden. Wird Harsefeld irgendwann ein Radverkehrskonzept erhalten?
Schlichtmann: Ich erinnere unter anderem hier an meine mehrfachen Aussagen während der Informationsveranstaltung. Hier habe ich ergänzende Pläne angekündigt. Auftakt für weitergehende Planungen ist die Brücke.
WOCHENBLATT: Sie sind ja auch öfter mit dem Rad unterwegs. Wann, denken Sie, werden Sie das erste Mal über die Brücke radeln können?
Schlichtmann: Gemeinsam mit dem Rat und unserer Bevölkerung möchte ich die Fertigstellung in der zweiten Hälfte 2019 feiern und hierbei dann auch mit vielen anderen über die Brücke radeln.
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