Hier herrschen noch Recht und Ordnung
In Harsefeld weiß der brave Bürger genau, was er tun und lassen darf: Eine Verordnung listet etliche Verbote auf.
Sie mutet an wie ein Relikt aus Kaisers Zeiten: Die "Verordnung über die öffentliche Sicherheit und Ordnung", über die gerade die Politiker der Samtgemeinde Harsefeld beraten. Etliche Kommunen haben derartige Verordnungen längst abgeschafft, um eine Überregulierung des öffentlichen Lebens zu vermeiden. Doch in Harsefeld will man offenbar an einigen liebgewonnenen Vorschriften festhalten - auch wenn sie so klingen, als wären sie bereits vor 100 Jahren in Kraft getreten. Offenbar gehörten nicht nur im alten Preußen Ordnungssinn und Gehorsam gegenüber der Obrigkeit zu den Tugenden eines treuen Untertanen. Auch heute noch erlassen Ämter und Behörden Vorschriften, verkünden Verbote und gängeln den Bürger.
In der neuen Harsefelder Verordnung hat es besonders der Paragraph 8 in sich. Darin geht es um den "Schutz öffentlicher Straßen und Anlagen". Peinlich korrekt wird aufgelistet, was alles nicht gestattet ist, wenn man sich beispielsweise im Klosterpark aufhält oder im Ort unterwegs ist. So sind die Gemeindeväter offensichtlich sehr um den Zustand der Gewässer besorgt: Wie sonst ließe sich das Verbot erklären, in den Parkanlagen Wäsche zu waschen. Gäbe es das nicht, würden die Leute wahrscheinlich scharenweise mit ihrer Packung Persil rund um Klosterteiche hocken und auf ihren schmutzigen Klamotten herumrubbeln. Das Verbot macht nachdenklich: Lässt es etwa den Schluss zu, dass Waschmaschinen in ländlichen Gegenden auch heutzutage noch nicht sehr verbreitet sind?
Auch das öffentliche Grün wird in der Verordnung vor besonders üblem Frevel geschützt: So ist das Erklettern von Bäumen strengstens untersagt - ebenso wie "auf Straßen oder in Anlagen zu übernachten". Sich mit dem Schlafsack einfach auf einen der Mini-Kreisel an der Marktstraße oder auf den gepflegten Rasen vor dem Amtshof zu legen, ist also nicht drin.
Außerdem sind dort "Ballspiele jeglicher Art" sowie das Grillen verboten. Und wer sich nach einem ausgiebigen Bier- und-Bratwurst-Genuss erleichtern möchte, hat ebenfalls schlechte Karten: Es ist nicht erlaubt, "öffentlich die Notdurft zu verrichten". Gut, dass hier seitens der Gemeinde mit wohldurchdachten Verboten rigoros durchgegriffen wird, mag der ordnungsliebende Bürger denken: Wo kämen wir denn hin, wenn im schönen Klosterpark Zustände wie im englischen Garten in München herrschen würden?
Mit der Verordnung soll aber auch jugendlicher Übermut ausgebremst werden: So ist nicht nur das Herumturnen auf Straßenlaternen oder Lichtmasten untersagt, auch Denkmäler dürfen nicht bestiegen werden. Man stelle sich vor: Ein stolzes Kriegerdenkmal, das etwa an den glorreichen Feldzug von 1870/71 erinnert, wird von dummen Jungen gewissermaßen mit "Füßen getreten". Das war vor einem Jahrhundert schon verwerflich und sollte es heute auch noch sein.
Doch es gibt auch Positives zu vermelden: Im neuen Regelwerk sind tatsächlich einige Passagen der mit noch mehr Vorschriften gespickten Vorgänger-Verordnung gestrichen worden. So wird unter anderem nicht mehr von der Gemeinde reglementiert, wo Plakate anzubringen sind und wie Sperrmüll an der Straße abzustellen ist. Wer nun allerdings glaubt, nun nach eigenem Gutdünken munter plakatieren zu dürfen oder den ausrangierten Hausrat bis zur Abholung vor der Tür lagern zu können, irrt gewaltig: Diese Dinge sind bereits an anderer Stelle bis ins Detail geregelt, sodass eine zusätzlich auf Harsefeld gemünzte Vorschrift einfach nur "doppelt gemoppelt" wäre.
Jörg Dammann
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