Mediziner-Engpass in Harsefeld: Kein Allheilmittel in Sicht
jd. Harsefeld. Seitdem im vergangenen Sommer in Harsefeld zwei Allgemeinmediziner ihre weißen Kittel aus Altersgründen an den Nagel hängten und die Suche nach potenziellen Nachfolgern erfolglos blieb, gibt es in der Geest-Gemeinde einen Hausärztemangel. Zwar nicht offiziell, denn mit einer Versorgungsquote von 84 Prozent gilt Harsefeld noch als normal versorgt, doch für die Patienten deutlich spürbar: Die übrigen Praxen sind jetzt brechend voll. Kürzlich befasste sich ein Infoabend der CDU mit dem Problem. Das WOCHENBLATT ging in der Samstagsausgabe auf die schwierigen Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärzte ein. Doch welche konkreten Möglichkeiten hat die Gemeinde, die Versorgungslücke zu stopfen?
"Wir fahren dreigleisig", erläuterte Samtgemeinde-Bürgermeister Rainer Schlichtmann die Vorgehensweise der Kommune: Erstens soll zunächst versucht werden, zwei neue Mediziner in den Ort zu holen. Zweitens soll das Thema Gemeinschaftspraxis weiterhin verfolgt werden. Hierzu hat die Gemeinde bereits Gespräche mit Praxisinhabern geführt, die aber noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben. Ziel soll es sein, dass junge Mediziner, die die wirtschaftlichen Belastungen bei einem Sprung in die Selbstständigkeit scheuen, von einem älteren, bereits vor Ort praktizierenden Hausarzt angestellt werden.
Als dritte Möglichkeit käme die Einrichtung eines sogenannten Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Betracht. Diese Zentren, die an die Polikliniken der ehemaligen DDR erinnern, werden meist von privaten Gesellschaften aus der Gesundheitsbranche betrieben. In ihnen arbeiten ausschließlich Ärzte im Angestelltenverhältnis. Der Betreiber stellt das gesamte Equipment, ist für die Behandlung der Patienten verantwortlich und rechnet direkt mit den Krankenkassen ab. Laut Schlichtmann soll es bereits Gespräche mit einem möglichen Investor geben. Auch ein passendes Grundstück sei gefunden.
Auf dem Infoabend wurden vom Vorsitzenden der kassenärztlichen Vereinigung im Bezirk Stade, Dr. Stephan Brune, die finanziellen Risiken angesprochen, die ein junger Mediziner bei der Gründung oder Übernahme eine Praxis auf sich nehmen muss. Hier versprach Schlichtmann Entgegenkommen: Die Gemeinde sei bereit, finanzielle Anreize zu schaffen. Solche Hilfen müssten aber auf den Einzelfall zugeschnitten sein.
"Wir sehen uns nicht nur als Vermittler, sondern auch als Wirtschaftsförderer", sagt Schlichtmann. Ins Auge gefasst werden könnte auch die Vergabe von Stipendien an Medizinstudenten, die sich verpflichten, sich nach ihrer Ausbildung in Harsefeld niederzulassen. Auf dem Abend wurde eines deutlich: Ein Allheilmittel gegen die Ärzteknappheit auf dem Land gibt es offenbar nicht.
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