Schulen ziehen nicht mit: Diskussion um die Hortbetreuung in Harsefeld
jd. Harsefeld. Im Sommer 2020 soll definitiv Schluss sein: Der Pädagogische Mittagstisch an den beiden Harsefelder Grundschulen wird dann eingestellt. Das Angebot, das der DRK-Ortsverein 2008 ins Leben gerufen hat, umfasst neben dem Mittagessen eine knapp zweistündige Nachmittagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter. Die Streichung dieser freiwilligen Leistung macht die Situation für berufstätige Eltern schwieriger. Hortplätze sind knapp. Doch das DRK sieht sich - zu Recht - nicht in der Pflicht: Es liege in der Verantwortung der Politiker und der Pädagogen, künftig Betreuungsmöglichkeiten im Rahmen von Ganztagsgrundschulen zu schaffen.
Doch diese schulische Betreuung lässt sich nach Auskunft von Rathauschef Rainer Schlichtmann derzeit nicht umsetzen: Der Widerstand dagegen soll in beiden Lehrerkollegien groß sein. Ginge es allein nach dem Willen der Gemeinde, könnte die Ganztagsschule gleich nach der Einstellung des Pädagogischen Mittagstisches starten: Der geplante Neubau der Rosenborn-Grundschule, der räumlich auf einen Ganztagsbetrieb ausgelegt sein wird, soll rechtzeitig zu Beginn des Schuljahres 2020/21 fertiggestellt sein.
„Wir schaffen die Voraussetzungen und bauen auch eine Mensa“, sagt Schlichtmann. Doch seitens der Lehrerschaft erkenne er keine Bereitschaft, ein Konzept für den Ganztagsbetrieb zu entwickeln. Ein solches Konzept sei zwingend erforderlich. Eine Handhabe, die Ganztagsschule gegen den Willen der Lehrer und der Schulleitungen durchzusetzen, habe die Gemeinde nicht.
Bereits vor einem Jahr hatten sich Eltern an Politik und Verwaltung mit der Bitte gewandt, in Harsefelds ein verlässliches Betreuungsangebot für Grundschulkinder zu schaffen. Bei der Übergabe einer Unterschriftenliste hatte Bürgermeister Michael Ospalski erklärt, man werde „moderaten Druck“ auf die Lehrer ausüben. „Würde es in Harsefeld eine Ganztagsgrundschule geben, hätten wir keine Probleme bei der Hort-Betreuung“, erklärte Ospalski seinerzeit.
Doch so muss die Gemeinde wegen der fehlenden Kooperationsbereitschaft der Grundschulen weiterhin Hortplätze vorhalten. Das wiederum ist höchst problematisch, denn immer noch gilt nach niedersächsischem Recht die Regelung, das Klassenzimmer nicht als Horträume genutzt werden dürfen. Für Schlichtmann ist das nach wie vor eine völlig unsinnige Vorschrift: „Die Kommunen müssen Räume für die Hortbetreuung bauen, während nachmittags die Klassenzimmer leerstehen.“ Rund 120 Hortkinder gebe es derzeit in Harsefeld - Tendenz steigend. Der Rathauschef blickt nun erwartungsvoll nach Hannover: Zumindest stehe jetzt im Koalitionsvertrag der neuen rot-schwarzen Landesregierung, dass das Thema geprüft werde.
Vor diesem Gesamt-Hintergrund ist auch das Aus für den Pädagogischen Mittagstisch nachvollziehbar: Das DRK will offenbar nicht als Lückenbüßer einspringen, nur weil bei den Lehrern die Bereitschaft fehlt, auch nachmittags präsent zu sein. Jörg Reitmann von Vorstand des DRK-Ortsvereins setzt auf Schlichtmanns Verhandlungsgeschick: „Unser Gemeindedirektor wird schon eine Lösung hinbekommen.“
Bis zu 6.000 Euro jährliches Defizit
Der Mittagstisch wurde bislang überwiegend durch Spenden und mit Zuschüssen von der Gemeinde sowie dem Kreisverband und dem Ortsverein des DRK finanziert. An beiden Grundschulen werden insgesamt 43 Kinder betreut. Es gibt eine Warteliste.
Die Eltern zahlen pro Monat 55 Euro für die warme Mahlzeit sowie 65 Euro für die Betreuung. Das Angebot sollte ursprünglich nur bis 2013 laufen, wurde aber Jahr für Jahr verlängert. Neben den etatmäßigen 4.000 Euro glich der Ortsverein jährliche Defizite von bis 6.000 Euro aus seiner Kasse aus.
Arbeitszeiten neu organisieren?
Mehrarbeit durch die Ganztagsschule? Ist diese Befürchtung mancher Lehrer berechtigt? Nein, würde dazu das Kultusministerium sagen. Von dort heißt es, dass Schulen im Ganztagsbetrieb zusätzliche Lehrerstunden zugewiesen bekämen. Zudem sollen die Lehrkräfte beim Pflichtunterricht entlastet werden: Wer im Rahmen der Ganztagsschule AGs, Projekte und Fördermaßnahmen anbietet, kann diese auf seine Pflichtstundenzahl anrechnen. Damit werde auch der Arbeitsaufwand etwa für Korrekturen geringer, so das Ministerium.
Doch auch nachmittags in der Schule anwesend zu sein, behagt nicht jedem Grundschullehrer. Viele weibliche Lehrkräfte sind in Teilzeit beschäftigt und haben kleine Kinder, die in der Kita betreut werden. Sie müssten ihre Arbeitszeiten und die Betreuungszeiten für den Nachwuchs neu organisieren.
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