Sieg der Sturheit: Ein Kommentar zum Feldweg-Streit in Harsefeld-Ruschwedel
Petition an den Landtag brachte nichts: Ruschwedeler müssen sich mit Umweg durch Naturschutzgebiet abfinden
Sturheit siegt - und sie wird in Harsefeld sogar noch von Politik und Verwaltung belohnt: In dem seit zweieinhalb Jahre schwelenden Streit um den willkürlich abgeriegelten Ruschwedeler Feldweg haben sich die Eigentümer wohl endgültig durchgesetzt. Das Ehepaar S. bekam jetzt sogar vom Landtag attestiert, dass die in einer Nacht- und Nebelaktion vorgenommene "Umnutzung der Wegeparzelle in eine Pflanzfläche" zulässig ist. Ein Bürger hatte zu dem Thema eine zweite Petition auf den Weg gebracht, auf die der Landtag jetzt antwortete.
Demnach ist der Tipp eines findigen Advokaten, ein paar mickrige Triebe auf das umstrittene Wegestück zu setzen und die Fläche als Schonung zu deklarieren, rechtlich wohl nicht zu bemängeln. Doch selbst dieser Taschenspieler-Trick wäre ins Leere gelaufen, wenn die Harsefelder Politiker den berühmten "Arsch in der Hose" hätten.
Da gibt es als kürzeste Verbindung zwischen Harsefeld und dem Dörfchen Ruschwedel einen beliebten Wanderweg, der von Spaziergängern und Radfahrern gern genutzt wird. Dieser Weg ist schon auf Karten aus dem Kaiserreich eingezeichnet. Auf ihm waren laut Dorfchronik bereits 1880 die Schulkinder und später auch der Milchkutscher unterwegs. Doch das interessierte das Ehepaar S. herzlich wenig, als es den Weg zunächst mit Gittern verbarrikadierte. Die Gitter mussten auf Geheiß des Landkreises zwar beseitigt werden, doch die Eigentümer dachten sich immer wieder neue Schikanen aus, um ein Betreten zu verhindern.
Dabei blieben Birgit und Peer S. die Antwort auf die Frage nach dem Warum schuldig. Das WOCHENBLATT hakte mehrfach nach - leider vergeblich. Das Anwesen der Familie S., ein gutshofähnliches Gebäude mit breitem Wassergraben, ist rund 100 Meter vom betreffenden Weg entfernt, dazwischen befindet sich die Bahnstrecke der EVB.
Vielleicht geht es den beiden aber auch nur ums Prinzip. Vielleicht soll den Ruschwedelern gezeigt werden, wer vor Ort das Sagen hat. Auf einen harmlosen "Protestspaziergang" der Dorfbewohner reagierte das Ehepaar mit einer unverhohlenen Drohgebärde: Grimmige Wachmänner mit einem bissigen Köter an der Leine bewachten den gesperrten Feldweg.
Diesem Gutsherren-Gebaren hätte die Gemeinde Paroli bieten können: Nach dem niedersächsischen Waldgesetz könnte der Feldweg offiziell als Freizeitweg deklariert werden. Das müsste der Rat beschließen. Doch die Politiker kneifen: Vordergründig wird argumentiert, dass ein langwieriger Rechtsstreit vermieden werden soll. Insider vermuten jedoch ganz andere Gründe für die defensive Haltung der Ratsmitglieder: Einige von ihnen sollen gut mit dem Ehepaar S. können. Daher darf die Frage erlaubt sein: Verhindert ein Geflecht von persönlichen und/oder geschäftlichen Beziehungen, dass sich Bürgervertreter für die Belange der Allgemeinheit einsetzen?
Was besonders ärgerlich ist: Auf Kosten der Steuerzahler wird nun die von Birgit und Peer S. gewünschte Alternativroute hergerichtet. Diese führt zwar mitten durch ein Naturschutzgebiet, doch die Interessen der Weißenfelder Gutsherren gehen offenbar vor. Beim Landkreis fasst man sich nur an den Kopf: Da werde in einem Schutzareal ein Weg angelegt, weil zwei Sturköpfe ihren Willen durchsetzen wollten, heißt es hinter vorgehaltener Hand.
Jörg Dammann
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