Wege-Streit war Thema im Landtag
Ruschwedeler reichte Eingabe in Hannover ein: Gesperrte Strecke muss womöglich geöffnet werden.
Nun hat sich sogar der niedersächsische Landtag mit dem Ruschwedeler Feldweg-Streit befasst. Dem WOCHENBLATT liegt ein Brief der Landtags-Vizepräsidentin Astrid Vockert (CDU) vor, der die Menschen im Dorf wieder hoffen lässt: "Ob der Grundbesitzer ... den Weg beseitigen durfte, um die Wegeflächen ... für eine Bepflanzung zu nutzen, erscheint zweifelhaft", heißt es in einer dem Schreiben beigefügten Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums. Vockert antwortet auf die Eingabe eines Bürgers aus Ruschwedel, der die Sperrung des Weges als Verletzung des Gewohnheitsrechts betrachtet. Der ministerialen Stellungnahme hat der Landtag bereits zugestimmt.
Einen Teil des Feldweges zu blockieren, diesen Abschnitt zu bepflanzen - und dann Gras über die Sache wachsen lassen: Sollte dies tatsächlich das Kalkül von Peer und Birgit S. - zu ihrem weitläufigen Anwesen gehört der Weg - gewesen sein, dann hat sich das Unternehmer-Ehepaar aus dem benachbarten Weißenfelde wohl gewaltig geirrt.
Denn die Ruschwedeler lassen nicht locker. Nach dem Schreiben aus Hannover fühlen sie sich in ihrer Rechtsauffassung bestärkt. "Da kommt ein Neureicher daher und will ein seit Ewigkeiten existierendes Wegerecht mit einem Federstrich hinwegwischen", empört sich einer der "Wutbürger".
Politik und Verwaltung sollen sich kümmern
Die Ruschwedeler erwarten nun vom Flecken Harsefeld, dass sich Politik und Verwaltung noch einmal des Themas annehmen. Vermittlungsversuche seitens des Gemeindedirektors Rainer Schlichtmann waren im vergangenen Sommer gescheitert. Zuvor hatte das Ehepaar S. gegenüber der Presse wiederholt Kompromiss- und Gesprächsbereitschaft signalisiert, machte dann aber mehrfach einen Rückzieher. Schließlich erklärte Schlichtmann, dass die Gemeinde keine rechtliche Handhabe sehe, gegen die Sperrung des Weges vorzugehen. Die Rechte der Eigentümer müssten respektiert werden, ließ auch Bürgermeister Michael Ospalski unlängst verlauten.
Wer auch immer die Gemeinde juristisch beraten hat: Im Wegerecht scheint sich derjenige offenbar nicht gut auszukennen. Sonst hätte er die Gemeinde wohl längst auf den Rechts-Begriff der "unvordenklichen Verjährung" gebracht. Danach ist von einer öffentlichen Widmung eines Weges auszugehen, wenn dieser Jahrzehnte vor Inkrafttreten des Niedersächsischen Straßengesetzes (NStrG) im Jahr 1963 von der Allgemeinheit dauerhaft genutzt wurde.
Besteht Gewohnheitsrecht?
Genau diesen Punkt haben die Ministerialbeamten in Hannover nun herausgegriffen: "Der Weg könnte ... kraft Gewohnheitsrechts wegerechtlich öffentlich gewidmet gewesen sein", schreiben sie in ihrer Stellungnahme. Sollte das der Fall sein, wäre die Beseitigung des Weges unzulässig. Es sei "Aufgabe der zuständigen Gemeinde", zu prüfen, ob die "erforderlichen Tatsachen vorliegen". Der Flecken Harsefeld habe einen entsprechenden Hinweis erhalten.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu einem ähnlich gelagerten Fall in Baden-Württemberg können als Nachweis für die öffentliche Nutzung eines Weges unter anderem alte Karten, Aufzeichnungen oder Aussagen von alteingesessenen Bewohnern dienen. Und in dieser Hinsicht haben die Ruschwedeler bereits einiges Material zusammen: So besagt die Dorfchronik, dass die Weißenfelder Kinder schon um 1880 diesen Weg genommen haben müssen, um zur Schule in Ruschwedel zu gehen. Etwas später sollen die Bauern aus Weißenfelde auf diesem Weg ihre Gänse zum Markt in Altkloster getrieben haben, und auch der Milchkutscher war zu Kaisers Zeiten dort mit seinem Pferdefuhrwerk unterwegs.
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