Weiter Gutscheine für Asylbewerber
Landkreis Stade sieht trotz Erlasses des neuen Innenministers keinen Handlungsbedarf.
Die Ausgabe von Wertgutscheinen an Asylbewerber ist seit Jahren umstritten. Der neue Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat nun eine Vereinbarung des Koalitionsvertrages umgesetzt und den Landkreisen per Erlass freigestellt, ob sie anstelle von Gutscheinen Bargeld auszahlen. Doch der Landkreis Stade wird vorerst nicht mitziehen.
"Die kommunalen Spitzenverbände wie der Niedersächsische Landkreistag sind im Vorfeld nicht beteiligt worden", begründet Kreis-Pressesprecher Christian Schmidt die abwartende Haltung im Stader Kreishaus. Bevor eine Entscheidung getroffen werde, müsse in gemeinsamen Gesprächen das Für und Wider der bisherigen Gutschein-Praxis erörtert werden.
Bis zum Regierungswechsel galt die Position von Ex-Innenminister Uwe Schünemann (CDU), nur die Gutscheinausgabe sei rechtskonform, als ehernes Gesetz. Diese Rechtsauffassung hat Pistorius nun vom Tisch gewischt. Eine Entscheidung, die besonders in Harsefeld begrüßt wird. Dort haben der "Arbeitskreis Asyl" und die "BI Menschenrechte" vor einem Vierteljahr die Aktion "Geld gegen Gutscheine" gestartet: Einmal im Monat findet im Asylbewerberheim eine "Tauschbörse" statt, bei der Bargeld gegen Gutscheine eingewechselt wird.
"Auf diese Weise können couragierte Bürger ein Zeichen gegen das menschenunwürdige Gutschein-System setzen", erklärt Initiator Ralf Poppe. Nach seiner Auskunft ist der Einkauf mit den Wertbons auch für Nicht-Leistungsbezieher problemlos möglich. Solange der Landkreis sich nicht rührt, wird die Aktion wohl weiterlaufen.
Die Tauschaktion gibt es bisher nur in Harsefeld. Flüchtlinge aus anderen Orten im Landkreis wenden sich oft an dubiose Händler, um die Gutscheine zu Geld zu machen (das WOCHENBLATT berichtete). Es soll Geschäfte geben, die Gutscheine zu einem Kurs von 10:6 einwechseln. Für einen Nennwert von 100 Euro werden dann 60 Euro in bar ausgezahlt. Eine Praxis, die aus Sicht des Landkreis illegal ist und jährlich bis zu 20.000 Euro an Steuergeldern in dunkle Kanäle fließen lässt.
Der Landkreis Stade fertigt die Gutscheine nicht selber aus. Die gesamte Abwicklung läuft über die Firma Sodexo, einem französischen Unternehmen, das weltweit im Wertbon-Management tätig ist. Sodexo kassiert für diese Deinstleistung jährlich etwa 10.000 Euro. Nach Auskunft von Pressesprecher Schmidt sind das pro Fall monatlich 2,69 Euro. Insgesamt wandte der Landkreis 2012 480.000 Euro für Sozialleistungen in Form von Gutscheinen auf.
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