Vertrag nicht richtig gelesen - das wird teuer
Ganztag: Samtgemeinde Hollenstedt fehlen 12.500 Euro Personalkosten wegen kostenintensiven Vereinbarung mit der Arbeiterwohlfahrt
mi. Hollenstedt. Der Ganztag in den Hollenstedter Schulen wird für die Samtgemeinde teurer als gedacht. Es fehlen 12.500 Euro. Vom Gesetzgeber gewolltes Kompetenz-Wirrwar und ein Vertrag mit der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der mehr kostet, als das Land bezahlt, treiben die Kosten in die Höhe.
Hoher Besuch im Schulausschuss der Samtgemeinde Hollenstedt: Eike Oppermann von der Landesschulbehörde aus Lüneburg war geladen worden, um den Ausschussmitgliedern Rede und Antwort zu stehen. Dringendste Frage: Warum die Finanzierung des Landes nicht ausreicht, um den Ganztag an den Grundschulen bis 15 Uhr zu finanzieren, obwohl der Erlass der Regierung diesen Zeitraum ausdrücklich in die Zuständigkeit des Landes stelle. "Warum müssen wir in Hollenstedt schon ab 14 Uhr dazu zahlen?", brachte es Christiane Melbeck (Grüne) auf den Punkt. Allerdings zeigte sich schnell: Die Finanzierungsprobleme in Hollenstedt sind zum großen Teil hausgemacht und nur zu einem kleinen Teil einem Kompetenzen-Wirrwarr geschuldet, das die Finanzierung unnötig verkompliziert.
Hintergrund: Der Ganztag geht von 12.30 bis 17 Uhr. Allerdings übernimmt das Land mit einer Kopfpauschale nur die Zeit bis 15 Uhr, und zwar nur die Betreuung. Die Zubereitung und Ausgabe des Mittagessens in dieser Zeit ist wieder Sache der Samtgemeinde. Genauso wie die Zeit nach 15 Uhr. Das Problem: Durch diese Zerstückelung der finanziellen Zuständigkeiten gestaltet es sich äußerst schwierig, pädagogisches Personal für den gesamten Ganztag zu gewinnen. Eine Kraft müsste demnach von 12 bis 15 Uhr beim Land und dann die letzten zwei Stunden bei der Samtgemeinde angestellt sein. Sollte die Kraft auch Mittagessen ausgeben, würde sich die Kostenzuständigkeit zwischen 12 und 17 Uhr gleich zweimal ändern. Um dieses Problem zu umgehen, setzte man in Hollenstedt darauf, die Durchführung des Ganztags an einen Träger - die AWO - zu übergeben. "Alles aus einer Hand", so die Devise. Die Finanzierung sollte dann von Land und Samtgemeinde geteilt vorgenommen werden. Das Problem: Die AWO ist offenbar teurer als es eigenes Personal von Land und Samtgemeinde gewesen wäre. Fazit: Mit dem Geld vom Land lassen sich die AWO-Kräfte nur bis 14 Uhr finanzieren. Eike Oppermann stellte klar: "Die Landesschulbehörde zahlt landesweit den gleichen Satz. Wenn man mit diesem Geld ein Rund-um-Paket bei der AWO einkauft, dann wird es eben eng." Sie sei verwundert, dass diese Fragen erst jetzt gestellt würden, so Oppermann weiter, schließlich sei die Höhe des Landeszuschusses kein Geheimnis. Man hätte also schon vor Vertragsabschluss mit der AWO die Finanzierungslücke erkennen können, so die Funktionärin. Doch wenn dem wirklich so ist, warum wurde dann der Vertrag mit der AWO dennoch abgeschlossen? Laut WOCHENBLATT-Information ist das dem Zeitdruck geschuldet. Hintergrund: Der Ganztag wurde ohne Not und politisch gewollt bereits zum August eingeführt. Wegen dieser Husch-Husch-Politik hatten die Entscheidungsträger offenbar nur sehr wenig Zeit, sich mit dem Vertrag zu beschäftigen. Einige der zuständigen Ausschussmitglieder hätten ihn nur überflogen und dennoch abgesegnet, heißt es aus dem Umfeld des Rats.
Im Schulausschuss allerdings war von solcher "Selbstkritik" keine Rede. Im Gegenteil: Der Unmut der Ausschussmitglieder richtete sich gegen das Finanzierungskonzept des Landes im Allgemeinen. "Sie benachteiligen kleinere Schulen, das Land muss das auskömmlich finanzieren", so der Tenor. Dazu Oppermann: "Niemand hat Sie gezwungen den Ganztag einzuführen, Sie haben dadurch einen Standort-Vorteil. So etwas ist nie kostenlos." Kleiner Trost für den Steuerzahler: Der AWO-Vertrag hat offenbar eine sehr kurze Laufzeit, sodass bald neu verhandelt werden kann - dann mit allen Zahlen.
Auch bei einem anderen Thema schlugen die Wellen hoch: Wie Jürgen Böhme (CDU) berichtete, ist der Samtgemeinde offenbar bei der rund 25.000 Euro teuren Grundsanierung der Toiletten an der Glockenbergschule ein Fehler unterlaufen. Es wurden weder Toilettenpapier- noch Seifenhalter angebaut. Böhme drückte sein Erstaunen darüber aus, dass die Samtgemeinde offenbar plane, die fehlenden Halter "anzumieten". Bei der Samtgemeinde bestätigte Kerstin Markus, zuständig für Schulen und Kindergärten, lediglich das Fehlen der Utensilien. Die Frage zur Anmietung beantwortete sie nicht. Hier hätte Verwaltungschef Heiner Albers für Aufklärung sorgen können, der war aber nicht anwesend. Das WOCHENBLATT wird das Kuriosum Toilettenhalter weiter verfolgen.
Redakteur:Mitja Schrader |
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