Landkreis Harburg
Zweifel an Ausführungen von Hamburg Wasser

Holger Mayer vom BUND (vorn) verfolgte die Ausführungen der Hamburg-Wasser-Vertreter skeptisch | Foto: bim
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"Trinkwasser ist in Zeiten des Stadtwachstums und des Klimawandels ein wertvolles Gut" - so lautete jüngst der Einstieg in eine Pressemitteilung der Stadt Hamburg. Zeitgleich traf sich der Umweltausschuss des Landkreises Harburg im Amtshaus in Moisburg, um die Berichte von Hamburg Wasser zur Grundwasserförderung aus der Nordheide zu hören.

Für Umweltschutzverbände und die Grundwasserschützer geht es darum, das "wertvolle Gut", von dem Hamburg Wasser (ehemals Hamburger Wasserwerke / HWW) im Schnitt bis zu 16,1 Millionen Kubikmeter jährlich abzapfen darf, für die Bevölkerung im Landkreis Harburg zu schützen.

Umfassende Berichte
für drei Jahre vorgelegt

Die HWW legten jetzt die umfassenden und hochfachlichen Berichte für die Jahre 2019 bis 2022 vor, vorgestellt von dem Hydrogeologen und Projektleiter bei Hamburg Wasser, Michael Neubauer. Kernaussage: Die Jahres- und Monatsfördermengen seien eingehalten worden, die Tagesfördermengen an einzelnen Tagen mit geringen Überschreitungen. Das Unternehmen betreibt in der Nordheide 330 Messstellen. Auch seien 15 Abflussmessstellen (zehn von HWW und fünf vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz / NLWKN) ausgewertet worden.

HWW fördern seit 1974 Wasser aus der Nordheide. Im Vergleich zu den Vorjahren sei noch nie so wenig Wasser wie in den vergangenen vier Jahren gefördert worden (zwischen 1982 und 2004 waren es 25 Millionen Kubikmeter Wasser jährlich). Von den in Hamburg benötigten Wassermengen von 125 Millionen Kubikmetern pro Jahr würden rund zwölf Prozent aus dem Wasserwerk Nordheide gewonnen aus drei Fassungen - aus 33 Brunnen in den Fassungen West und Ost sowie demnächst auch aus fünf Brunnen in der Fassung Schierhorn.

Trockene Jahre
mit wenig Niederschlag

Bezogen auf den Niederschlag seien 2019 bis 2021 trocken gewesen, allerdings mit starken Niederschlägen in den Frühjahren, die zu einer "guten Grundwasserneubildung" geführt hätten, behauptete Neubauer.

Es gebe eine entnahmebedingte Absenkung sowie eine zunehmende Überprägung der Grundwasserstände durch Fremdeinflüsse. Mehrere Faktoren seien für zu trockene Bachläufe verantwortlich, u.a. der Klimawandel, eine veränderte Landnutzung und der Gewässer­umbau. Eine förderbedingte Abflussreduzierung lasse sich aus den Messdaten nicht ableiten. Wenn es wieder mehr regne, würden auch die kleinen Wasserläufe wieder fließen, so Neubauer.

Gerhard Schierhorn (Freie Wähler), gleichzeitig Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN), kritisierte, dass die Ausschussmitglieder für die Sichtung der Unterlagen, für die die HWW und der Landkreis drei Jahre gebraucht hätten, nur fünf Tage Zeit gehabt hätten. An den Pegeln Marxen und Wulfsen sinke der Grundwasserspiegel seit Beginn der Wasserförderung. "Weisen Sie bei jeder Messstelle Fremdeinfluss nach", forderte Schierhorn.

Pastorenteich läuft
nicht mehr voll

Holger Mayer, Vertreter der Naturschutzverbände, brachte den seit dem späten Frühjahr 2021 ausgetrockneten Pastor-Bode-Teich bei Wesel ins Spiel. Als Ursache nannte der Landkreis einen defekten Mönch, ein regulierbares Ablaufbauwerk. Die Mönche seien 2022 ausgetauscht worden. Dennoch: "Der Teich läuft nicht mehr voll", so Mayer. Er sieht die Ursache dafür in einem von HWW 2019 wieder in Betrieb genommenen Förderbrunnen. "Oberhalb des Teiches gab es einen Quellzufluss, der trockengefallen ist", berichtete Mayer.

• Da es sich um viele fachliche Fragen handelt, die zu diskutieren sind, und die den Ausschussrahmen sprengen würden, soll eine Arbeitsgruppe gebildet werden, für die die Fraktionen Mitglieder benennen sollen.

Flächendeckende Grundwasserabsenkung
und Trockenheit belasten die Bäche

(bim/nw). Gerhard Schierhorn von der Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN) teilte im Nachgang zur Sitzung des Kreisumweltausschusses mit: "Die von Hamburg Wasser verursachte, flächendeckende Grundwasserabsenkung auf mehr als 700 Quadratkilometern lässt den Grundwasserspiegel dauerhaft absinken - auch in oberflächennahen, pflanzenverfügbaren Grundwasserschichten. Zusätzliche Trockenwetterereignisse verschärfen dann die Situation!“

Die Niedrigwasserführung der Bäche im Landkreis Harburg sinke seit dem Förderbeginn der HWW in 1982 in 14 von 15 Messstellen kontinuierlich ab. "Nur an der Messstelle der Este in Welle nicht - dort haben die HWW in den 1990er Jahren die Wasserförderung stark reduziert und die Este hat sich etwas stabilisiert. Die Niedrigwasserführung der Schmalen Aue bei Döhle nähert sich bedenklich der Nulllinie; in Toppenstedt wurde sie bereits zweimal erreicht - das bedeutet zeitweises Trockenfallen! Die Abflussmessstelle Hanstedt zeigt in den letzten Jahren Tiefststände.“

Die Nordheidebäche hätten einen hohen Grundwasseranteil. Dieser verursache die kühlen Temperaturen und garantiere die hohe Qualität der Bäche(Heidebäche gelten als Forellenlaichbäche). "Mit der konstanten, förderbedingten Absenkung des Grundwassersspiegels durch die HWW und hinzukommenden Trockenwetterperioden reduziert sich der Grundwasserzufluss in die Bäche und das Ergebnis ist vor Ort sichtbar: niedrige Wasserführung bis hin zum kompletten Trockenfallen", so Schierhorn weiter. Ganzjährig trockengefallen seien u.a.: der Rehmbach bei Wehlen oder der Oberlauf des Radenbaches bei Undeloh. "Viele weitere Bäche fallen jedes Jahr im Frühjahr und Sommer trocken."

AUF EIN WORT: Wassermanagement muss sofort her!

Deutschland verliert Wasser - seit dem Jahr 2000 sind es 20 Prozent oder so viel Wasser, wie der Bodensee umfasst. In den vergangenen 20 Jahren ist Deutschland jährlich um 2,5 Kubikkilometer ausgetrocknet. Das ergaben Analysen vom "Global Institute for Water Security", das Daten der Satellitenmission "Grace" u.a. in Zusammenarbeit mit der NASA ausgewertet hat.

Anders als das Unternehmen Hamburg Wasser ausgeführt hat, berichteten Experten diese Woche im Fernsehen, dass seit dem Jahr 2018 nicht genügend Niederschlag für die Grundwasserneubildung fällt. Auch wenn das Unternehmen, das im Übrigen gutes Geld fürs Hamburger Stadtsäckel mit dem Wasser aus der Nordheide generiert, auf die Wasserentnahme aus tiefen Schichten verweist: Es muss ein Umdenken auch in Hamburg stattfinden, neue Quellen im eigenen Land zu erschließen bzw. die Wassergewinnung aus Uferfiltrat voranzubringen - wie es zum Beispiel in Essen und Dortmund mit Wasser aus der Ruhr funktioniert. Aber das kostet natürlich.

Das Land Niedersachsen und der Landkreis Harburg brauchen ein vernünftiges Wassermanagement und zwar sofort!   Bianca Marquardt

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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