Ein Tischlermeister als Eismann auf der Wiesn - Christian Seitz aus Bliedersdorf steht mit historischem Stand auf Münchener Oktoberfest
jd. Bliedersdorf. Die Wiesn-Fans zählen schon die Tage: In genau einer Woche beginnt das Münchener Oktoberfest. Das größte Volksfest der Welt lockt auch viele Besucher aus unserer Region an. Unzählige feierlustige Nordlichter werden sich bis Anfang Oktober auf den Weg nach Bayern machen. Mit dabei ist Christian Seitz. Der Tischlerei-Inhaber aus Bliedersdorf fährt allerdings nicht nach München, um ein paar "Maß'n" zu stemmen und in (weiss-)bierseliger Laune zu schunkeln: Er ist mit einem eigenen Stand auf dem weiß-blauen Spektakel vertreten. Der Bliedersdorfer verkauft mit seinem Team dort Eis, Zuckerwatte und Lebkuchenherzen.
Doch warum wird ein Tischlermeister zum "Herzerl"-Händler? Er habe schon immer ein Faible für Rummelplätze gehabt, bekennt Seitz. Als Jugendlicher habe er sogar Zirkusluft geschnuppert. Seitdem besitzt er gute Kontakte zur Schausteller-Szene: "Ich habe in meiner Tischlerei schon so manche Jahrmarktsbude restauriert."
Vor drei Jahren erwarb der Bliedersdorfer in der Nähe von Nürnberg einen alten Packwagen, den er auf wieder auf Vordermann bringen wollte: "Dabei entdeckte ich im Wagen Teile eines Marktstandes." Seitz brachte in Erfahrung, dass es sich um die Reste eines mobilen Eis-Pavillons handelt, der offenbar bis Ende der 1950er Jahre in Betrieb war. Sofort packte ihn das Jahrmarkts-Fieber: "Ich wollte den Stand unbedingt wieder aufbauen."
Den Tischlermeister beschloss, die komplette Eis-Bar möglichst originalgetreu zu restaurieren. Dabei kam ihm spontan die Idee: "Wenn ich die Sache hinbekomme, stelle ich mich auf das Oktoberfest." Seitz machte sich an die Arbeit, holte sich Rat und tatkräftige Hilfe von Fachleuten. So erneuerte eine Kirchenmalerin sämtliche Deko-Elemente.
Schließlich wurde es höchste Zeit, sich zu bewerben. Um überhaupt den Hauch einer Chance zu haben, wurde ihm geraten, eine professionelle Werbeagentur mit einem Konzept für das Oktoberfest zu beauftragten. Zusätzlich nutzte Seitz seine Kontakte in die bayerische Landeshauptstadt, um Fürsprecher für sein Vorhaben zu gewinnen.
Als die Zusage aus München kam, ging die Arbeit erst richtig los: "Die Restaurierung war dagegen ein Zuckerschlecken", berichtet Seitz. Er besorgte sich Interieur aus der Zeit des Wirtschaftswunders: "Die Gäste sollen sich in die 1950er Jahre zurückversetzt fühlen."
Außerdem musste Seitz Personal finden und sich auf die Suche nach Lieferanten für die angebotenen Leckereien begeben. Die Zuckerwatten-Maschine besorgte er aus China: "Die Zuckerwatte hat die Form einer Blume. Das ist in Deutschland bisher einmalig." Mit einem anderen Produkt sorgte Seitz sogar für Schlagzeilen in den Münchener Boulevardzeitungen: "Ich biete Bier-Eis an." Er konnte die älteste Brauerei Münchens, die Augustiner-Bräu, dafür gewinnen, ihren Gerstensaft zu einer frostigen Köstlichkeit verarbeiten zu lassen.
An diesem Wochenende macht sich Seitz mit dem Lkw auf den Weg nach München. Er hat dann noch rund drei Tage Zeit, seine Eis-Bar aufzubauen. Sie steht auf der sogenannten "Oidn Wiesn", dem Abschnitt der Theresienwiese, der den historischen Jahrmarkts-Attraktionen vorbehalten ist. Seitz hofft, dass viele Bekannte bei ihrem Oktoberfest-Besuch an seinem Stand vorbeischauen. Und wer keine zehn Euro für die Maß Bier hinblättern will, sollte sich bei Seitz ein Bier-Eis kaufen. Das schmeckt lecker und ist wesentlich billiger.
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