Der Baubeginn naht
Famila investiert neun Millionen Euro / 60 neue Arbeitsplätze / Eröffnung im Herbst 2019.
mum. Jesteburg. Die Baugenehmigung für Famila in Jesteburg liegt vor (das WOCHENBLATT berichte exklusiv). Am Ortsausgang in Richtung Asendorf wird ein Warenhaus mit 2.420 Quadratmetern Verkaufsfläche entstehen. Famila investiert laut eigenen Angaben etwa neun Millionen Euro in den Bau. "Dadurch werden mehr als 60 neue Arbeitsplätze und eine attraktive Einkaufsmöglichkeit in der Samtgemeinde geschaffen", sagt Famila-Geschäftsführer Christian Lahrtz.
Das Kieler Unternehmen verliert keine Zeit: Bereits in dieser Woche beginnt bereits die Schießsand-Sanierung auf dem ehemaligen Schützengelände. Der Sand der früheren Schießstände muss abgetragen werden. Parallel erfolgen die Vergaben an die Bau- und Handwerksbetriebe. "Wenn alles glatt läuft, werden wir noch vor Weihnachten mit den Bauarbeiten beginnen", so Lahrtz. "Wir freuen uns sehr, dass es jetzt endlich losgehen kann. Viel Kraft und Herzblut haben wir in den vergangenen Jahren bereits in diesen tollen Standort investiert. Wir werden unsere neuen Kunden mit unserem hohen Qualitätsanspruch und den vielfältigen Serviceleistungen überzeugen."
Voraussichtlich im Herbst 2019 wird der Famila-Markt eröffnen. Etwa 40.000 Artikel umfasst das Sortiment. Der Schwerpunkt wird auf den Frischebereichen liegen. "Fleisch, Wurst und Käse gibt es mit fachkundiger Beratung an den Bedientresen, Obst und Gemüse in großer Auswahl aus der Region und aus aller Welt", so Lahrtz. Im Eingangsbereich werden ein Bäcker und voraussichtlich eine Lottoannahmestelle mit Postdienstleistungen einziehen.
Famila will den Markt nach aktuellen Erkenntnissen einer ökologischen und modernen Bauweise errichten. Etwa die Hälfte der Dachfläche soll begrünt werden. Beim Ladenbau sollen verglaste Kühlmöbel und LED-Leuchtmittel zum Einsatz kommen. "Zudem gibt es eine Anlage zur Wärmerückgewinnung", sagt Lahrtz. Vor dem Gebäude entstehen 160 Pkw-Stellplätze
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Das sagt die Politik:
• Britta Witte (CDU): "Natürlich sind wir in der CDU nun sehr erleichtert, dass wir hoffentlich in absehbarer Zeit wieder eine adäquate Einkaufsmöglichkeit haben und das Pendeln nach Ramelsloh, Hittfeld oder Nenndorf ein Ende hat. Freuen werden sich auch viele Anwohner aus dem Bereich Brettbeekskoppeln. Sie müssen derzeit selbst für ein Brötchen weite Wege in Kauf nehmen. In dem älteren Wohngebiet leben viele Senioren, die kein Auto besitzen. Der jetzige Zustand ist da nahezu unerträglich. Ich bin überzeugt, dass ein hochwertiger Lebensmittelhändler auch unserem Ort gut tun wird. Meine feste Überzeugung: Durch Famila werden nicht mehr so viele Jesteburger zum Einkaufen den Ort verlassen und das kommt auch anderen Gewerbetreibenden zugute."
• Helmut Pietsch (SPD): "Wir freuen uns, dass mit Famila nun ein großer Verbrauchermarkt nach Jesteburg kommt. Damit verbessern sich die Einkaufsmöglichkeiten vor Ort. Wir mussten ja lange genug darauf warten und sind jetzt froh, dass dieses Thema beendet ist. Hoffentlich gelingt es Famila, zügig den Bau zu errichten und damit eine Eröffnung bereits im nächsten Jahr."
Hansjörg Siede (UWG Jes!): "14 Jahre unprofessionelle Murksereien, Fehleinschätzungen und Reservierung seitens Politik und Verwaltung finden nun ein Ende. Ob es ein glückliches für Jesteburg wird, bleibt abzuwarten. Die Bedenken der IHK Lüneburg wiegen nach wie vor schwer - wäre sie klageberechtigt, gingen die Auseinandersetzungen in eine weitere Runde."
• Birgit Heilmann (Die Grünen): "Wir freuen uns, dass die unendliche Geschichte Famila nun doch noch zu einem guten Ende kommt. Unsere Aufgabe sehen wir weiterhin darin, darauf zu drängen, dass die von Famila im Vorwege gemachten ästhetischen und ökologischen Versprechungen eingehalten werden."
Jetzt fließt auch das Geld
Die Gemeinde Jesteburg erhält für das Grundstück, auf dem der Markt entstehen soll, 3,1 Millionen Euro von Famila. Außerdem werden 250.000 Euro aus einem Zahlungsanspruch des Schützenvereins fällig, den dieser an die Gemeinde abgetreten hat. Im Gegenzug hat der Schützenverein fast 1,3 Millionen erhalten, damit er auf die Rechte an dem Grundstück verzichtet, weitere 240.000 Euro für den Bau des Dorfgemeinschaftsraumes und weitere 250.000 Euro aus der genannten Abtretung.
Bereits 1983 begann die Diskussion
Britta Witte öffnet die Jesteburger "Famila"-Chronik
Britta Witte (CDU), die Vorsitzende des Jesteburger Bauausschusses, öffnet für die WOCHENBLATT-Leser die Famila-Chronik.
• 1983: Erste Überlegungen zur Grundsanierung der Festhalle
• 1999: CDU legt Konzept für Grundsanierung und moderate Aufwertung vor. SPD hält Sanierung für ausgeschlossen. FDP will ersatzlosen Abriss.
• 2000: Auf Antrag von CDU und Bürgerunion gibt es einen Ideenwettbewerb.
• 2001: CDU sieht nach Wettbewerb Neubaulösung als nicht finanzierbar an. Sanierung soll mindestens 300.000 Mark kosten.
• 2002: Gutachter errechnet Sanierungskosten von mindestens 1,5 Millionen Euro. CDU setzt sich mit ihren Vorstellungen nicht durch. Der Pächter verlässt Restaurant und Halle.
• 2003: Erste Ideen zur Verknüpfung von Festhalle und einem Edeka-Markt.
• 2004: Nach einem Eklat (der Bürgermeister wird durch Kommunalaufsicht gerügt) und gegenseitiger Blockade einigen sich CDU und SPD schließlich auf den Neubau einer kleineren Halle und der Finanzierung durch den Verkauf von Teilen des Geländes an einen Investor zur Errichtung eines Supermarktes.
• 2005: Einigung mit Schützen über die Festhallengröße scheitert.
• 2005 bis 2011: Viele Gespräche - bis sich schließlich mehrere Investoren um den Ankauf der Gesamtfläche bewerben und ein neues Gemeinde-Grundstück für die Schützen gefunden ist.
• März 2011: Der Gemeinderat beschließt mehrheitlich den Verkauf des Festhallengrundstücks an Famila (CDU ja, SPD nein, FDP und Grüne in der Diskussion pro Famila, in der Abstimmung enthalten sich die Parteien).
• April 2011: Bürgermeister Udo Heitmann verkündet in der Presse: "Ich werde den Vertrag über den Verkauf des Festhallengeländes an den Investor Famila nicht unterschreiben".
• November 2011: Unterstützt von der SPD findet ein Bürgerentscheid statt. Ziel: Den Ratsbeschluss zum Verkauf des Festhallengrundstückes an Famila rückgängig zu machen. Das Bürgerbegehren scheitert.
• September 2012: Der Rat beschließt den Abschluss des ausgearbeiteten städtebaulichen Vertrages mit Famila. Diesmal stimmen mit der CDU auch die Grünen, die FDP und der Bürgermeister dafür (zwei weitere Enthaltungen aus der SPD). Ein ganzes Bündel von Verträgen muss ausgearbeitet werden. Neben dem Vertrag mit Famila, sind auch diverse Verträge mit den Schützen zu schließen (Aufgabe Erbpacht, Aufgabe Dingliches Nutzungsrecht, Verkauf eines eigenen Grundstücks).
• April 2013: Edeka Dalinger verlässt Jesteburg, Budnikowsky kommt.
• Februar 2014: Die Aufstellung des B-Plans war zeitaufwendig, die Abwägung zahlreicher Hinweise und Einsprüche noch mehr. Doch nun befürwortet der Gemeinderat mit großer Mehrheit den B-Plan (nur noch zwei SPD-Gegenstimmen).
• Juli 2014: Hanstedt leitet Normenkontrollverfahren ein (nur gegen Jesteburg, nicht gegen die Erweiterung in Ramelsloh).
• September 2014: Oberverwaltungsgericht (OVG) gibt Eilantrag Hanstedt gegen B-Plan statt. Baugenehmigung für Famila kann nicht erteilt werden.
• August 2016: OVG-Urteil liegt vor: B-Plan bezüglich Integrationsgebot unzulässig.
• Februar 2017: Wiederaufnahme des Bebauungsplanverfahrens - im neue RROP ist eine Ausnahme vom Integrationsgebot festgeschrieben die auf die Situation in Jesteburg passt. Famila reduziert die Verkaufsfläche von 3.200 auf 2.420 Quadratmetern.
• November 2017: "Störfeuer" aus der eigenen Gemeinde: UWG und FDP versuchen 5.000 Quadratmeter Verkaufsfläche mit dem "Sandbargcenter" am Jesteburger Osterberg durchzusetzen.
• Mai 2018: Gemeinderat beschließt mehrheitlich den neuen B-Plan. Parallel stellt Famila einen Bauantrag.
• Juli 2018: Der B-Plan wird genehmigt.
• Oktober 2018: Famila erhält die Baugenehmigung.
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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