Jesteburg: Streit ums Jakobskreuzkraut
Gefährlich oder nützlich für Insekten?
Über das gerade gelb leuchtend an Wegesrändern und wenig genutzten Wiesen blühende Jakobskreuzkraut erhitzen sich derzeit die Gemüter: Das Wochenblatt hatte berichtet, dass sich die vor allem für Pferde und Rinder giftige Pflanze derzeit "explosionsartig" ausbreite. Bürger wie die Jesteburgerin Heidi Seekamp machen sich Sorgen um die in diesem Jahr ungewöhnlich starke Vermehrung der Pflanze.
Das hatte den Naturschutzbund auf den Plan gerufen: Werner Wiesmaier, Vorsitzender des Ortsverbands Buchholz, wollte die Sorge der Jesteburgerin nicht teilen: "Unbestritten ist diese Pflanze für einige Zuchtformen von Wiederkäuern gefährlich, jedoch ist bei den meisten Wiederkäuern diese Pflanze nur im Heu gefährlich, da sie sonst bitter ist und normalerweise von den Tieren gemieden wird."
Anders als eingeschleppte Pflanzen sei die heimische Pflanze "für unsere Biodiversität unerlässlich", findet Wiesmaier. "Nach unserer Wahrnehmung breitet sich das Jakobskreuzkraut nicht übermäßig aus, es verdrängt auch keine anderen heimischen Arten." Schließlich sei das Jakobskreuzkraut nicht die einzige heimische Giftpflanze, es gebe noch viel giftigere, zum Beispiel der Schierling oder der Eisenhut. Auch diese würden nicht bekämpft.
Wiesmaier ärgert sich über einen anderen Punkt, nämlich darüber, dass sich die Reitpferdehaltung "massiv ausbreitet", was einhergehe mit vermehrter Beschaffung von Futter, wodurch Wiesen intensiv gemäht würden, und viel zu viele Pferde auf oft zu kleinen Koppeln untergebracht würden, wo wiederum fast nichts mehr wüchse, sodass dann von den Tieren auch das Jakobskreuzkraut verspeist würde.
"Wir sehen hier keinen Bedarf für gemeinsame Handlungen", sagt Wiesmaier. Es solle jedem Pferdehalter überlassen bleiben, das Jakobskreuzkraut von seiner Koppel zu entfernen. Landwirte, die Heu produzierten, sollten selbst darauf achten, dass kein Jakobskreuzkraut im Heu vorkomme, und zwar durch mechanisches Entfernen vor dem Mähen.
Seekamps Aussage, andere Länder würden gesetzlich vorschreiben, wie die Pflanze zu bekämpfen sei, will Wiesmaier nicht gelten lassen: So sei in der Schweiz lediglich im Kanton Luzern vom dortigen Landrat, der vielleicht auch Pferdehalter sei, diese Pflanze als "gemeingefährlich" bezeichnet und die Bekämpfung empfohlen worden.
Während man in Jesteburg aktuell kein Geld für einen besonderen Giftpflanzencontainer hat und die Entsorgung aus den vorhandenen Mitteln des Bauhofes erfolgen müsste, will man in Seevetal aktiv gegen die Pflanze vorgehen. Bürgermeisterin Emily Weede hat eine eindeutige Meinung dazu: "Man muss unbedingt dagegen vorgehen." Die Pflanze könne bei Empfindlichen durch Hautkontakt Probleme machen und über den Honig auch Menschen gefährden. Das Jakobskreuzkraut sei eine "wahre Plage und für viele Tiere wirklich gefährlich." Deshalb stellt die Gemeinde den Bürgern beim Bauhof einen Container für die Entsorgung des ausgestochenen Krauts zur Verfügung und will in Zukunft auch aktiv gegen die Pflanze vorgehen.
Naturgarten-Gestalterin Grit Lory empfindet die Diskussion dagegen als "Panikmache". Sie nimmt an, dass die Art zu den Profiteuren der Klimakatastrophe gehört und sich jetzt evtl. deswegen ausbreitet. "Die Behauptung, dass sie für 'unsere heimische Tierwelt' gefährlich sei, ist Unfug." Das Jakobsgreiskraut sei seit vielen Jahrtausenden hier vorhanden. Tiere, für die es giftig sei, mieden es oder hätten Gegenmechanismen entwickelt, sodass man sie nicht beschützen müsste. Immerhin lebten von der Art elf Wildbienen- und zehn Schmetterlingsarten. Lory: "Warum wird dieses Brimborium nicht um die wirklichen 'Problempflanzen' gemacht, zum Beispiel um den Japanischen Staudenknöterich (...). Ich vermute, weil der nicht giftig für die Hobbypferde ist."
Übrigens: Das Jakobskreuzkraut kann auch über die braune Biotonne entsorgt werden: Deren Inhalt wird professionell und damit mit den erforderlichen hohen Temperaturen verarbeitet und kompostiert. Ob das möglich ist, hatten sich Leser gefragt.
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