Viele Fragen sind offen
Mit der Einführung der 5G-Technologie soll sich die Anzahl der Funkmasten verdoppeln.
mum. Jesteburg. Das Thema Mobilfunk - vor allem aber die Aufstellung neuer Sendetürme - bewegt die Bürger. Zwar möchte kaum jemand auf schnelles und immer verfügbares Internet verzichten. Doch die dafür notwendigen Sendemasten will niemand vor der eigenen Haustür haben. Dieses Dilemma wird gerade in Jesteburg deutlich. Wie bereits berichtet, plant die Deutsche Funkturm GmbH, im Bereich Reindorfer Osterberg einen 40 Meter hohen Mobilfunkmast aufzustellen. Im Gespräch ist ein Grundstück der Gemeinde an der Straße "Reindorfer Osterberg" unmittelbar vor dem Bahndamm. Da dort Bürger in unmittelbarer Nähe wohnen, gründete sich schnell ein Arbeitskreis. Während eines Treffens gab es bereits einen Teilerfolg zu vermelden: Offensichtlich hatte die Telekom bereits Alternativ-Standorte vorbereitet. Einer davon liegt am Rande einer landwirtschaftlich genutzten Fläche nordöstlich der Reindorfer Straße und des Seppenser Mühlenwegs. Und vorausgesetzt, es gibt eine Einigung mit dem Eigentümer, wäre die Telekom auch bereit, diesen Standort in Betracht zu ziehen. Den Anwohnern geht dies aber noch nicht weit genug. Sie verständigten sich darauf, Arbeitsgruppen zu bilden. Ziel sei es, Jesteburg als Ganzes zu sehen und ein Gesamtkonzept zu erstellen. Schon jetzt gibt es Pläne, auch in Lüllau einen Funkturm aufzustellen.
Damit liegen die Bürger auf einer Linie mit den Grünen und der UWG Jes!. "Wir hätten uns gewünscht, dass die Telekom von sich aus eine umfassende Information über geplante Standorte und die zukünftige Aufrüstung bestehender Funktürme durchgeführt hätte", so Birgit Heilmann, Vorsitzende der Grünen in Jesteburg. "Da wir im Gemeinderat und in der Verwaltung aber keine Experten für Sendeleistung und Strahlenschutz sind, halten wir Grünen es für notwendig, dass ein unabhängiger Experte uns bei der Auswahl von geeigneten Standorten berät und ein Konzept für ganz Jesteburg entwirft."
Im Hinblick auf den Ausbau des Mobilfunkstandards 5G hält laut Heilmann sogar das Bundesamt für Strahlenschutz "weitere Forschungen über die gesundheitlichen Folgen elektromagnetischer Strahlung für nötig". "Deutlich höhere Datenübertragungsmengen, neue und zusätzliche Sendeanlagen und höhere Frequenzen verändern die Strahlungsintensitäten", sagte etwa Inge Paulini, Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz, der "Passauer Neuen Presse". Der neue 5G-Standard nutze mittelfristig auch höhere Frequenzen, erklärte Paulini. "Hier haben wir noch wenige Erkenntnisse und werden mittelfristig weitere Forschung betreiben", kündigte die Wissenschaftlerin an. Ferner sei aus ihrer Sicht offen, was geschehe, wenn etwa unterschiedliche Betreiber am gleichen Ort Sendeleistung aufbauten.
Ortsbesichtigung am Osterberg
Der Ortsverband der Grünen in Jesteburg hat Dr. Peter Nießen, Diplom-Physiker und anerkannter Sachverständiger im Bereich elektromagnetischer Strahlung, auf Anregung von Bürgern des Reindorfer Osterbergs eingeladen, an der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Straßen, Wege und Umwelt am Mittwoch, 8. Mai, teilzunehmen. Vorher wird es eine Begehung der möglichen Funkturm-Standorte am Reindorfer Osterberg geben, bei der interessierte Bürger bereits mit Nießen ins Gespräch kommen können. Sie beginnt um 16 Uhr auf dem Reindorfer Osterberg.
• Die Sitzung beginnt im Schützenhaus bereits um 18.30 Uhr (und nicht wie sonst üblich um 19 Uhr).
Wie gefährlich ist 5G?
Laut der Suchtrends von Google wird "5G gefährlich" besonders häufig als Suchanfrage verwendet. Dazu ein paar Fakten - zusammengetragen von der Deutschen Presse Agentur auf t-online.de:
• Welche Strahlung wird bei 5G verwendet und welche Auswirkungen hat sie auf den Körper?
Bei der Mobilfunkstrahlung handelt es sich um elektromagnetische Strahlung. Zahlreiche Studien haben sich bereits mit den Auswirkungen beschäftigt. "Eindeutig nachgewiesen ist bislang lediglich, dass die hochfrequenten Felder eine thermische, also wärmende Wirkung haben. Das kennt man ja auch aus der Mikrowelle", erklärt Sarah Drießen vom Forschungszentrum für elektromagnetische Umweltverträglichkeit an der RWTH Aachen. Allerdings fällt beim Mobilfunk dieser Effekt viel geringer aus. Um eine schädliche Wirkung auszuschließen, gibt es Grenzwerte, wie den sogenannten SAR-Wert, dessen empfohlener Höchstwert von zwei Watt pro Kilogramm am Kopf/Ohr nicht überschritten werden sollte.
• Wo finde ich den SAR-Wert meines Geräts?
Bei jedem Smartphone muss der Wert aus zwei Messungen angegeben werden - beim Telefonieren am Ohr und beim Tragen des Geräts am Körper. Die Werte findet man in der Betriebsanleitung des Geräts und online in einer Datenbank des Bundesamts, die regelmäßig aktualisiert wird. Bei einem Wert von unter 0,6 sprechen die Experten von einem strahlungsarmen Gerät.
• Gilt Mobilfunkstrahlung als krebserregend?
Die Antwort auf diese Frage ist umstritten. "Nein", sagt Gunde Ziegelberger vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Biologin Drießen verweist derweil auf eine Expertengruppe der WHO, die 2011 alle bis dato veröffentlichten Studien zusammenfassend bewertete. "Die IARC kam zur Einschätzung, dass Mobilfunkstrahlung 'möglicherweise krebserregend' ist."
• Wie kann ich mich als Handynutzer vor zu viel Strahlung schützen?
Experten empfehlen, das Handy möglichst selten direkt an den Kopf zu halten. Beim Telefonieren lieber Headset oder Lautsprecherfunktion nutzen. Nachts den Flugmodus aktivieren. Bei schlechtem Empfang erreichen Mobiltelefone die maximale Strahlungsleistung. Somit wird die Nutzung in schlecht ausgebauten Gegenden, im Auto oder während einer Zugfahrt nicht empfohlen.
• Was bedeutet das alles nun für den 5G-Ausbau?
"Es ist zu erwarten, dass 5G zu einer massiven Zunahme der Zwangsexposition durch Funkstrahlung führt", warnte der Bund für Umwelt und Naturschutz BUND. So wolle allein die Telekom die Zahl ihrer Mobilfunkstandorte verdoppeln. Die 5G-Frequenzen liegen bei 2,0 und 3,6 und 3,7 Gigahertz. "Also weitestgehend in den Frequenzbereichen, die wir vom jetzigen Mobilfunk kennen und die bereits gut erforscht sind", sagt BfS-Sprecherin Nicole Meßmer. "Perspektivisch sollen aber höhere Frequenzen im Bereich um 26 Gigahertz genutzt werden und die sind zum jetzigen Zeitpunkt wenig erforscht." Offene Fragen sieht das Bundesamt auch bei der Installation neuer Mobilfunkanlagen. "Hier gibt es mehrere gegenläufige Effekte." Einerseits würden zwar mehr Sender installiert werden, aber mit geringerer Sendeleistung. Diese würden dann näher an Orten betrieben, an denen sich tatsächlich Menschen aufhalten.
• Was sagen Kritiker des Ausbaus über gesundheitliche Schäden?
Einige Ärzte haben sich im Oktober 2018 in einem offenen Brief an den Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer, gewandt. Sie warnen vor den Auswirkungen für elektrosensible Patienten. Etwa sechs bis acht Prozent der Bevölkerung leiden demnach unter dem "Mikrowellensyndrom", was sich unter anderem durch Migräne, Schmerzzustände oder Depressionen äußere.
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Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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