Wieder Ärger mit den „Gelben Säcken“
Im Landkreis werden angeblich die Säcke rar / Entsorgungsbetrieb unterstellt Verbrauchern Missbrauch.
(mum). Selten hat eine Berichterstattung im WOCHENBLATT so eine große Resonanz hervorgerufen wie die Kritik an der Qualität der „Gelben Säcke“. Selbst der Landrat hatte am Ende die Nase voll. Rainer Rempe nahm die Beschwerden, die hunderte Leser in E-Mails und bei Facebook kundgetan hatten, ernst und schickte dem verantwortlichen Entsorgungsbetrieb - die Willi Damm GmbH - Mitte vergangenen Jahres einen Brandbrief.
Besser wurde die Qualität nicht. Wer aber gedacht hat, dass es nicht noch schlimmer kommen könnte, sieht sich getäuscht. Seit Wochen berichten WOCHENBLATT-Leser, dass sie an den Verteilerstellen keine Säcke mehr bekommen.
„Das Problem ist bekannt“, so Landkreis-Sprecher Johannes Freudewald. „Wir haben angesichts einiger Beschwerden über die mangelnde Versorgung mehrmals bei der zuständigen Entsorgungsfirma nachgefragt.“ Aktuell beklage die Firma einen exorbitant hohen Verbrauch an „Gelben Säcken“ im Landkreis Harburg. In einem Schreiben aus dem September an die Verteilerstellen, das dem WOCHENBLATT vorliegt, bittet Damm um eine „gewissenhafte Verteilung“. Darin heißt es: „Vorsorglich möchten wir Sie darüber informieren, dass es gegebenenfalls ab Oktober zu Lieferschwierigkeiten bei 'Gelben Säcken' kommen wird. Die Produktion findet außerhalb Europas statt. Aufgrund von Regierungsentscheidungen wurden Ein- und Ausfuhren von Kunststoffprodukten gestoppt. Demzufolge kommt es bei den Herstellern zu einem Rohstoffengpass. Selbstverständlich haben wir vor einiger Zeit Maßnahmen ergriffen, um die Auswirkungen so klein wie möglich zu halten. Leider können wir nicht vorhersehen, wie lange der Lieferengpass andauern wird. Aus diesem Grund möchten wir sie bitten, die Verteilung gewissenhaft vorzunehmen (eine Rolle pro Haushalt). Nur so kann eine gerechte Versorgung gewährleistet werden.“
„Dieses Schreiben haben wir nur vorsorglich verschickt“, beteuert Jens Göhner, Geschäftsführer der Willi Damm GmbH auf WOCHENBLATT-Nachfrage. „Ehrlich gesagt war das Verschicken des Briefes ein großer Fehler. Schlagartig habe der Verbrauch der Säcke zugenommen. „Die Leute hatten wohl Angst, dass sie keine Säcke mehr bekommen und haben sie gleich in Massen aus den Geschäften getragen.“ Dabei habe es überhaupt gar keinen Engpass gegeben.
„Die Säcke werden zweckentfremdet“
„Mir wäre es lieber, die Kommunen würden die Gelbe Tonne einführen“, sagt Damm-Geschäftsführer Jens Göhner. Er bestellt jedes Jahr 25 Millionen Säcke in China. Der Missbrauch macht die ganze Handhabung kompliziert und teuer. Stichproben hätten ergeben, dass viele Menschen die Säcke für ihren Hausmüll verwenden. „Schauen sie doch mal bei den Discountern in die Mülleimer bei der Pfandflaschenrückgabe. Unsere Säcke werden nahezu von jedem zum Transport der Flaschen zweckentfremdet.“ Darüber hinaus habe man mit Hilfe von Testkunden festgestellt, dass Verteilerstellen die Säcke nicht ausgeben, obwohl sie vorliegen. „Ich unterstelle den Verkäuferinnen, dass sie wohl keine Lust haben, ins Lager zu gehen, um Nachschub zu holen.“ Die Partner hätten es selbst in der Hand, wie oft sie beliefert werden. „Einige werden alle drei Wochen angesteuert, andere müssen die Säcke aktiv nachfragen.“
Göhner würde die Säcke am liebsten persönlich an die Haushalte verteilen. „Doch das sieht die Ausschreibung nicht vor.“ Sie sei aus seiner Sicht auch schuld, dass die Qualität so ist, wie sie ist. „Ich kann die Säcke doch nicht belastbarer machen, als gefordert. Dann wäre ich bei der Ausschreibung raus.“
Davon abgesehen sieht er die Verbraucher in der Pflicht. „Die Leute müssen mit den Säcken einfach richtig umgehen, dann reißen sie nicht und es sind auch genügend da.“ Der Geschäftsführer mahnt: „Im Landkreis Harburg liegt der Gelbe-Sack-Müll bei 40 Kilo pro Person im Jahr und damit so hoch wie nirgendwo anders.“ Im Schnitt seien es sonst 30 Kilo.
Auf ein Wort:
Schuld sind die anderen
Der „Gelbe Sack“ verkommt für mich zu einer echten Posse. Nicht nur, dass die Qualität mies ist. Jetzt wird das Produkt auch noch rar, weil sich die Kunden angeblich bevorraten. Einig sind sich alle Parteien zumindest in einem Punkt: Schuld sind die anderen! Die Verantwortung wird munter weitergeschoben.
Eine Besserung ist nur dann in Sicht, wenn die Entsorgungsbetriebe Säcke in vernünftiger Qualität produzieren lassen. Leider konnten die sich stets auf die Ausschreibung beziehen. Eine echte Alternative ist die „Gelbe Tonne“. Doch die muss politisch gewollt sein.
Davon einmal abgesehen sollten auch wir Verbraucher uns hinterfragen, wie wir die Säcke verwenden. Sie sind nicht für Laub, Pfandflaschen und Hausmüll gedacht.
Sascha Mummenhoff
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Zu blöd für den "Gelben Sack"?
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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