"Die AfD ist keine Volks-, sondern eine Protestpartei!"
Michael Grosse-Brömer, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nimmt nach der Wahl Stellung zur Flüchtlingspolitik.
(mum). Das Ergebnis der Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt hat die etablierten Parteien gewaltig durchgeschüttelt. Zwar war damit zu rechnen, dass die AfD den Sprung in die Parlamente schaffen würde. Doch ein Ergebnis von 24,2 Prozent in Sachsen-Anhalt ist dann doch deutlich mehr als ein Warnschuss. Michael Grosse-Brömer, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagfraktion, war am Montag ein gefragter Interviewpartner. Dennoch nahm sich der in Brackel (Samtgemeinde Hanstedt) wohnende Spitzenpolitiker Zeit für ein Gespräch mit
WOCHENBLATT-Redakteur Sascha Mummenhoff.
WOCHENBLATT: Die CDU hat Stimmen verloren - 12,0 Prozent in Baden-Württemberg, 2,7 Prozent in Sachsen-Anhalt und 3,4 Prozent in Rheinland-Pfalz. Ist das ein Trend, der der Bundespolitik geschuldet ist?
Michael Grosse-Brömer: „Auch wenn es bei anderen Parteien teilweise noch schlechter aussieht, können uns die Wahlergebnisse nicht zufriedenstellen. Jede Landtagswahl hat ihre Besonderheiten. Aber sicherlich hat auch die Flüchtlingskrise die Wahlentscheidung mit beeinflusst. Faktum ist, es gibt in der Bevölkerung große Zustimmung zur Flüchtlingspolitik, aber es gibt eben auch kritische Bevölkerungsteile im Land, die dieses Thema mit Angst und Sorge beobachten. Die Wahlen haben zu einem Zeitpunkt stattgefunden, wo manches, was wir in Berlin zur Lösung der Flüchtlingskrise schon beschlossen haben, in den Ländern noch nicht umgesetzt wurde. Hier sind vor allem auch die Länder in der Pflicht, schnell zu handeln.“
WOCHENBLATT: Die AfD feiert sich als „neue Volkspartei“.
Michael Grosse-Brömer: „Die AfD ist keine Volks-, sondern eine Protestpartei. Sie hat in der Flüchtlingskrise mit flachen Parolen existierende Ängste der Bürger weiter geschürt, weil die Bundesregierung nicht innerhalb weniger Wochen eine umfassende Lösung für ein weltweites Problem präsentieren konnte. 70 Prozent der AfD-Wähler halten die AfD selber nicht für lösungskompetent, sondern wollten mit diesen Wahlen nur den anderen Parteien einen Denkzettel verpassen. Den haben wir bekommen. Nun sollten wir überlegen, wie wir die Flüchtlingskrise noch zügiger lösen, den Zustrom weiter verringern und wie wir den Bürgern bisher Erreichtes besser vermitteln.“
WOCHENBLATT: Laut einer Umfrage des ZDF hätten mehr als 70 Prozent der AfD-Wähler die CSU gewählt, wenn dies möglich gewesen wäre. Die CSU steht für eine sehr rigide Flüchtlingspolitik. Müssen Sie jetzt einen neuen Kurs einschlagen? Oder anders gefragt: Ist Bundeskanzlerin Merkel verantwortlich für den Stimmenrückgang der CDU?
Michael Grosse-Brömer: „Naja, der größte Merkel-Fan Deutschlands, der Grüne Winfried Kretschmann, hat ja gerade mit seiner Unterstützung für den Kurs der Kanzlerin die Wahlen in Baden-Württemberg gewonnen. Genauso Malu Dreyer (SPD) in Rheinland-Pfalz. Wir brauchen in der Flüchtlingskrise noch etwas Zeit, um eine dauerhafte europäische Lösung zu finden. Daran arbeitet Angela Merkel. Das gefällt nicht jedem. Das hat man auch bei den Wahlen gemerkt.“
WOCHENBLATT: Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem Wahlergebnis für die Kommunalwahl in Niedersachsen im September?
Michael Grosse-Brömer: „Wir müssen den Bürgern noch besser erklären, welche Gesetze wir bereits auf den Weg gebracht haben, um eine Reduzierung des Zustroms der Flüchtlinge zu erreichen. Auch wenn die Zahl der Flüchtlinge ja inzwischen schon deutlich gesunken ist. Und wir müssen darauf hinweisen, dass eine Kommunalwahl in erster Linie eine Persönlichkeitswahl vor Ort ist.“
WOCHENBLATT: Die Wahlbeteiligung hat in allen Bundesländern massiv zugenommen. Nur die etablierten Parteien haben davon nicht profitiert. Wie bewerten Sie das?
Michael Grosse-Brömer: "Ganz so ist das nicht richtig. Nominal hat auch die CDU mehr Stimmen bekommen als beim letzten Mal. Prozentual hat sich das aber nicht ausgewirkt. Wir sollten allerdings das Wahlergebnis der AfD ernst nehmen. Ich sehe durch die Wahlergebnisse vom Sonntag auch eine Chance, Wähler für die CDU zurückzugewinnen. Für die AfD reicht ab sofort nämlich Populismus nicht mehr aus. Jetzt muss man selbst parlamentarisch Erfolge abliefern. Da warten wir doch mal den Praxistest ab!"
WOCHENBLATT: Herr Grosse-Brömer, danke für das Gespräch.
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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