Ein Plädoyer für das Ehrenamt
Freibad-Fördervereins-Chef Henning Buss appellierte während des Neujahrsempfangs an die Jesteburger, weniger zu kritisieren und mehr anzupacken.
mum. Jesteburg. Der Neujahrsempfang der Gemeinde Jesteburg ist etwas Besonderes: Statt der freundlichen, aber doch recht inhaltlosen Reden, die häufig anlässlich solcher Treffen gehalten werden, nutzen die Gastgeber dort gern die Gelegenheit, um die Bürger wachz rütteln.
Am Sonntag war es Henning Buss, Vorsitzender des Fördervereins „Unser Freibad“, der den Finger in die Wunde legte, als er ein gesellschaftliches Phänomen thematisierte: „Die Ehrenamtlichen, die sich in Jesteburg engagieren, werden immer weniger. Vor allem aus meiner eigenen Generation kommen wenig neue Jesteburger nach“, so Buss. Dabei gehe es nicht nur um die große Herausforderung, einen neuen Vorstand für den VfL Jesteburg zu finden. „Es wird auch immer schwieriger, einfach nur helfende Hände für eine Aktion zu akquirieren.“ Buss weiter: „Leider werde ich das allein durch meine Worte hier nicht ändern. Das müssen wir gemeinsam.“ Er sei in Jesteburg aufgewachsen. Bereits als Kind habe er durch seine Eltern gelernt, wie man sich ehrenamtlich für Jesteburg einsetzen kann. „Ich kann sie nur ermuntern, geben auch sie das an ihre Kinder oder Enkel weiter.“ Buss machte deutlich: „Wenn jeder glaubt, jemand anderes kümmere sich, dann macht es irgendwann niemand mehr.“
Buss beklagte zudem das maßlose Anspruchsdenken einzelner. „Gerade viele Vorstände sehen sich in letzter Zeit immer wieder Vorwürfen ausgesetzt. Da heißt es dann unter anderem 'das sei doch unmöglich' oder 'das hätte man ganz anders machen müssen'. Nicht jeder kann das an sich abprallen lassen. Wir Vereine sind keine wirtschaftlichen Dienstleister.“ Sein Fazit: „Wer etwas verändern will, der muss sich selbst einbringen.“
Buss, der selbst für die CDU im Rat sitzt, geht in Hinblick auf die schwieriger Haushaltssituation der Gemeinde Jesteburg voran. Der Förderverein hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, um Einsparpotentiale zu finden. „Das Geld wird knapper. Der Gemeinderat muss sich mit allem kritisch beschäftigen und Lösungen finden, damit wir Jesteburg so erhalten können wie wir es uns wünschen.“ Hier müsse sich auch der Förderverein einbringen.
GeWerbekreis-Vorsitzender Henning Erdtmann nutzte die Gelegenheit, die Gäste auf die Situation der Kaufleute-Gemeinschaft hinzuweisen. „Die Entwicklung der vergangenen Jahre habe dazu geführt, dass der GeWerbekreis mittlerweile seiner eigentlichen Aufgabe, das örtliche Gewerbe zu unterstützen und wirtschaftliche Entwicklungen mitzugestalten, nicht mehr nachkommen kann. Das Tätigkeitsfeld hat sich deutlich verändert.“ Das Aussterben von Gewerbevereinen sei aber kein Jesteburger Phänomen, sondern überall zu beobachten. Erdtmann kritisierte, dass die Politik es versäumt habe, Gewerbe anzusiedeln. Trotz der schwierigen Lage sei es dem Verein dennoch gelungen, Veranstaltungen wie den Wochen- und den Weihnachtsmarkt zu organisieren. Der Vorstand sei nun damit beschäftigt eine neue Satzung vorzubereiten. „Das Ziel ist ein Verein, der engagierte Jesteburger vereinen soll.“ Das Motto lautet „Wir für Jesteburg“.
Gastgeber des Neujahrsempfangs waren die politische Gemeinde (übernahm die Kosten für das Essen), die Kirchengemeinde St. Martin, der GeWerbekreis (trug die Kosten für die Getränke) und in diesem Jahr erstmals der Förderverein „Unser Freibad“ stellvertretend für die Jesteburger Vereine.
Vor dem Neujahrsempfang im „Heimathaus“ trafen sich die Besucher zu einem Gottesdienst in der St. Martins-Kirche. Ulrike Meyer (Sopran), Kai Schöneweiß (Orgel), Dr. James Sims (Trompete) und Claudia Zülstorf (Oboe) spielten Arien aus dem Weihnachtsoratorium von Bach. Die Predigt sprach Pastorin Ellen Kasper.
Deutliche Worte haben Tradition
(mum). Deutliche Worte haben beim Neujahrsempfang in Jesteburg Tradition. Vor allem Pastorin Ellen Kasper und Samtgemeinde-Bürgermeister Hans-Heinrich Höper machten davon schon Gebrauch. Höper forderte die Jesteburger einst auf, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. „Ich mache mir Sorgen, wie in unserer Gesellschaft die Prioritäten gesetzt werden“, so Höper damals. Pastorin Kasper hielt im selben Jahr den Jesteburgern den Spiegel vor. Sie schilderte ein Erlebnis der Kirchen-Jugend. Als die Teenager ausgediente Tannenbäume abholten und dabei um eine Spende baten, machten sie die Erfahrung, dass „die Bewohner mit den größten Gärten und höchsten Mauern wirklich nur die geforderten zwei Euro spendeten, während andere den Betrag großzügig aufrundeten.“ Und auch Gewerbekreis-Vorsitzender Henning Erdtmann scheute sich nicht, die Jesteburger zu kritisieren als er im vergangenen Jahr auf das Sterben des Einzelhandels im Ort hinwies. „Die Vielseitigkeit des Einzelhandels geht in Jesteburg verloren.“ Der GeWerbekreis-Chef appellierte an die Gäste, regionale Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen und lokal zu kaufen.
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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