Zoff im Jesteburger Rathaus
Erste Samtgemeinderätin Petra Buzina soll abberufen werden

Foto: mum

as. Jesteburg. Das kurze Wort "Kann" - dahinter verbirgt sich im Zusammenhang mit Jesteburgs Erster Samtgemeinderätin Petra Buzina ordentlich Zündstoff. In seiner jüngsten Sitzung hat der Rat der Samtgemeinde Jesteburg die Samtgemeindesatzung dahingehend geändert, dass der allgemeine Vertreter der Samtgemeinde-Bürgermeisterin als Erster Samtgemeinderat in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen werden "kann" - bisher war das Wahlbeamtentum für diese Stelle vorausgesetzt.

Damit hat der Rat die Weichen gestellt, um den Nachfolger der Ersten Samtgemeinderätin Petra Buzina als regulär kündbaren Angestellten im Öffentlichen Dienst einzustellen - und dieser Fall könnte schneller eintreten, als gedacht.

Denn nach WOCHENBLATT-Informationen wird seit mehreren Monaten verwaltungsseitig versucht, die im Sommer 2020 für acht Jahre ins Amt gewählte Erste Samtgemeinderätin loszuwerden. Der Grund: Petra Buzina soll sich in ihrer Position als kommissarische Verwaltungsleitung mit einigen langjährigen Mitarbeitern "angelegt" haben. Eine weitere Zusammenarbeit sei erschwert.

Einer Wahlbeamtin kann jedoch nicht einfach gekündigt werden. Dafür ist ein Abberufungsverfahren notwendig, für das die Zustimmung des Samtgemeinderates benötigt wird - und das könnte schwierig werden.

Laut WOCHENBLATT-Informationen soll Rathaus-Chefin Claudia von Ascheraden derzeit versuchen, eine politische Mehrheit zusammenzubekommen, um die Erste Samtgemeinderätin Petra Buzina absetzen zu können - nach nur zwei von acht Jahren im Amt. Dafür haben bereits mehrere Gespräche zwischen Verwaltungsspitze und Politik stattgefunden. Während die politische Diskussion nur im nicht-öffentlichen Samtgemeindeausschuss stattfindet, muss über die Besetzung/Absetzung der Stelle offiziell in einer Sondersitzung des Samtgemeinderates abgestimmt werden. Doch die Politik tut sich schwer und zögert eine Entscheidung hinaus. Denn einen richtigen Grund für eine Kündigung gibt es nicht. Hinzu kommt, dass viele Ratsmitglieder im September neu in den Samtgemeinderat gewählt wurden und die Erste Samtgemeinderätin überhaupt nicht kennen.

Kritik der Mitarbeiter
Fachlich hätte sich Petra Buzina zwar nicht hervorgetan, sie habe sich aber auch nichts Gravierendes zu Schulden kommen lassen, heißt es. Allein in ihrem ersten Jahr soll Petra Buzina nach WOCHENBLATT-Informationen rund 300 Überstunden angesammelt haben. Mangelndes Engagement sieht anders aus. Aber einige langjährige Mitarbeiter seien nicht glücklich mit von Petra Buzina getroffenen Entscheidungen gewesen. Zum Beispiel, im März 2021 die Figuren des Märchenwanderwegs mit Plastiktüten zu verhüllen, um seine Attraktivität zu mindern und so Menschenansammlungen an dem beliebten Ausflugsziel während der Pandemie zu vermeiden (das WOCHENBLATT berichtete). Auch in der Vorbereitung der Kommunalwahlen im vergangenen Jahr sei einiges nicht gut gelaufen, sagen ihre Kritiker.

Seit Mitte Juli sei die ranghöchste Rathausmitarbeiterin nach der Samtgemeinde-Bürgermeisterin nicht mehr in der Verwaltung gewesen, habe an keiner Sitzung teilgenommen. Zuerst habe Petra Buzina Überstunden abgebummelt, anschließend sei sie im Urlaub gewesen. Offiziell ist Petra Buzina seither krankgeschrieben. Ihre Aufgaben werden derzeit von anderen Verwaltungsmitarbeitern wahrgenommen.

Noch sechs Jahre im Amt
Petra Buzina ist im Mai 2020 als Wahlbeamtin für acht Jahre vom Samtgemeinderat gewählt worden, damals noch als Vertreterin des damaligen Samtgemeinde-Bürgermeisters Hans-Heinrich Höper. Sie leitete zunächst den Fachbereich Bürger und Bauen, jetzt den Fachbereich Bürger, Ordnung und Soziales, und hat zusätzlich als Erste Samtgemeinderätin von Juni 2020 bis April 2021 die vakante Stelle des Samtgemeinde-Bürgermeisters und Verwaltungschefs vertreten. Wie berichtet, musste der ehemalige Samtgemeinde-Bürgermeister Hans-Heinrich Höper bereits im März 2020 gesundheitsbedingt sein Amt niederlegen und ist im November offiziell aus dem Dienst ausgeschieden. Im April 2021 wurde die Verwaltungsmitarbeiterin Claudia von Ascheraden zu seiner Nachfolgerin gewählt.

Novum im Landkreis
Das Abberufungsverfahren einer Wahlbeamtin wäre ein Novum im Landkreis Harburg. Käme die erforderliche Mehrheit im Samtgemeinderat zustande, wird Petra Buzina abberufen. Das bedeutet: Die Ratsmitglieder entziehen der Ersten Samtgemeindrätin ihr Vertrauen. Dafür muss jedes Ratsmitglied einen Antrag stellen. Petra Buzina wird dann aber nicht gekündigt, sondern sie wird freigestellt - und bezieht weiter Gehalt. Die Erste Samtgemeinderätin wird nach Entgeltgruppe A15 bezahlt (zwischen rund 5.450 und 6.850 Euro brutto monatlich). Rund dreißig Prozent der Kosten muss man für die Versorgungskasse etc. draufschlagen. Bei einem Gehalt von 6.000 Euro wären das in den kommenden fünf Jahren insgesamt 468.000 Euro - für eine Wahlbeamtin, die nicht arbeitet. Hinzu kommt, dass zusätzlich ein neuer Mitarbeiter eingestellt werden muss, der dann die Arbeiten der Ersten Samtgemeinderätin übernimmt - im teuersten Fall wieder ein Wahlbeamter für acht Jahre auf einer A15-Stelle.

Allerdings gibt es in verwaltungsnahen Kreisen auch große Zweifel, ob die Samtgemeinde-Verwaltung angesichts eines so gestörten Vertrauensverhältnisses zwischen den Mitarbeitern und ihrer Vorgesetzten ordentlich arbeiten kann, sollte Petra Buzina ihre Arbeit wieder aufnehmen. Zumal die Erste Samtgemeinderätin mitbekommen haben müsste, dass im Hintergrund Gespräche zu ihrer Abwahl laufen.

Kein Kommentar
Samtgemeinde-Bürgermeisterin Claudia von Ascheraden (parteilos) möchte sich derzeit nicht zum Thema äußern: "Dazu kann ich leider zurzeit nichts sagen. Ich werde mich zu Personalangelegenheiten nicht äußern." Die Politik gibt sich ebenfalls verschlossen. Und auch Petra Buzina möchte die Vorgänge nicht kommentieren.

Moment Mal
Es ist keine leichte Entscheidung, die der Samtgemeinderat vor sich hat. In der Freien Wirtschaft kann man einem Mitarbeiter kündigen, wenn es nicht passt, und sich auf eine Abfindung einigen. Das ist hier so nicht möglich. Die Politik muss abwägen, wie gravierend die Differenzen innerhalb der Verwaltung sind - und ob die Samtgemeinde sich die Abberufung angesichts der angespannten Haushaltslage der Mitgliedsgemeinden und geplanter Investitionen wie Schulneubau, Rathausanbau und neuem Feuerwehrgerätehaus leisten kann.
Sowohl für Petra Buzina als auch für die Mitarbeiter im Rathaus der Samtgemeinde Jesteburg ist die aktuelle Situation sehr unglücklich. Fest steht, eine Entscheidung muss jetzt getroffen werden.
Anke Settekorn

Redakteur:

Anke Settekorn aus Jesteburg

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