Grüne beantragen Online-Zugriff für Bürger auf politische Sitzungen
Jesteburger Gemeinderat tagte per Videokonferenz
as. Jesteburg. "Für uns alle ist diese Ratssitzung eine Jungfernfahrt", eröffnete Jesteburgs Bürgermeister Udo Heitmann die Sitzung des Jesteburger Gemeinderates am Mittwoch. Es war die erste Sitzung, die der Gemeinderat als Videokonferenz öffentlich in die Schützenhalle übertrug.
Die Ratsmitglieder waren aus dem heimischen Wohn- oder Arbeitszimmer zugeschaltet und wurden mit einem Beamer in die Schützenhalle projiziert. Vier Bürger machten von ihrem Recht gebrauch, die Diskussionen, z.B. zum Bebauungsplan "Brettbeekskoppeln-Ost", live zu verfolgen, und konnten ihre Fragen an die Politik richten.
Unter anderem sollte darüber abgestimmt werden, ob und wie in Corona-Zeiten öffentliche Ratssitzungen digital durchgeführt werden können. Die Grünen hatten beantragt, die Hauptsatzung der Gemeinde zu ändern: Während der Pandemie sollen die politischen Beratungen nicht nur als Videokonferenz stattfinden, sondern die Bürger sollen sich zu diesen als Zuschauer vom heimischen Laptop aus zuschalten können.
"Besonders bei in der Bürgerschaft hoch-streitig diskutierten Tagesordnungspunkten kann nicht auf öffentliche Beteiligung verzichtet werden", betonten die Grünen in ihrem Antrag. Die Verwaltung solle die Zugangsdaten der Videokonferenz auf der Internetseite von Jesteburg veröffentlichen, damit Bürger die Möglichkeit erhielten, auch spontan an der jeweiligen Sitzung teilzunehmen. Andere Gemeinden wie Tostedt machen es vor: Dort waren zum Sozialausschuss am Dienstag 37 Bürger online zugeschaltet.
In Jesteburg wurde das Thema jedoch geschoben. "Der Antrag wurde nicht abgelehnt, wir haben das Thema auf dem Schirm", betont Jesteburgs Gemeindedirektor Henning Oertzen auf Nachfrage. Die Verwaltung wolle sich zunächst mit dem Landkreis Harburg und dem Städte- und Gemeindebund austauschen. Problematisch an der reinen Videokonferenz unter Beteiligung der Öffentlichkeit ist aus Verwaltungssicht, dass das Widerspruchsrecht jedes Abgeordneten sichergestellt werden muss. "Wenn ein Ratsmitglied der Übertragung seines Beitrags nicht zustimmt, müsste man in diesem Moment die Zuhörer ausklinken - das ist technisch nicht so einfach umsetzbar", erklärt Oertzen.
Unabhängig von der Pandemie hatte die UWG bereits 2017 beantragt, die Sitzungen des Rates aufzuzeichnen. Das wurde damals vom Gemeinderat abgelehnt, da Ton- und Filmaufnahmen bei den Ratsmitgliedern "psychologische Hemmnisse" und einen "Verlust der Spontaneität ihrer Meinungsäußerung" hervorrufen könnten.
„Die Forderung nach einer breiten Bürgerbeteiligung gehört zur DNA der UWG Jes!. Gleich nachdem wir in den Rat gewählt wurden, hatten wir entsprechende Anträge gestellt, die jedoch von allen Parteien abgelehnt wurden", sagt Hansjörg Siede, Vorsitzender der UWG Jes!. "Im Umfeld der Pandemie haben wir die Anträge erneut gestellt, weil das Festhalten an tradierten Kommunikationsformen dazu geführt hat, dass die Öffentlichkeit mehr und mehr ausgeschlossen und Entscheidungen hinter geschlossenen Türen getroffen wurden. Videokonferenzen sind ein probates Mittel, um den engen Kontakt zwischen den Ratsmitgliedern und der Öffentlichkeit auch unter Corona-Bedingungen aufrechtzuerhalten", so Siede. "Leider zögert unsere Gemeinde noch, die ganze Bandbreite dieses Mediums zu nutzen, aber am Mittwoch wurde mit der Live-Übertragung der Gemeinderatssitzung als Videokonferenz in die Schützenhalle ein erster Schritt gegangen. Wir hoffen, dass es der Verwaltung kurzfristig gelingen wird, unseren Antrag die Bürger zusätzlich über einen Link direkt zuzuschalten (wie z.B. in Tostedt) zeitnah umsetzen kann.“
• Welche Themen noch im Jesteburger Gemeinderat entschieden wurden, lesen Sie in der kommenden Mittwochsausgabe.
Redakteur:Anke Settekorn aus Jesteburg |
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