Jesteburg: Anbauplan im Rat gestoppt
Kein Geld fürs Rathaus?
Eine beachtliche Kehrtwende legte der Rat der Samtgemeinde Jesteburg in Sachen Rathauserweiterung hin: Es wird in absehbarer Zeit keinen Erweiterungsbau geben. Der Grund: Die Gemeindekasse ist leer. Sowohl Bau- als auch Finanzausschuss hatten sich schon gegen den auf mindestens rund vier Millionen Euro kalkulierten Anbau ans Rathaus ausgesprochen. Dem folgte nun der Samtgemeinderat.
Seit Jahren wird darum gerungen, wie die Gemeindeverwaltung in akzeptabler Weise unterzubringen sei. Ein Problem: Derzeit sind die Abteilungen auf fünf Gebäude rund um den Niedersachsenplatz verteilt: Das Alte Rathaus mit dem "Fachbereich Bürger" (unter anderem Einwohner-, Ordnungs-, Sozial- und Standesamt) und dem Sitzungsraum, das Neue Rathaus, unter anderem mit den Bereichen Bauen, Finanzen und Organisation und der Polizei, das Heimathaus mit dem Trauzimmer, die Zehntscheune mit der Bücherei und das "Weiße Haus" mit dem Zentralen Service und der IT-Abteilung. Das erschwert Absprachen unter den Kollegen und behindert kurze Dienstwege. Was noch schwerer wiegt: Keines der Häuser ist barrierefrei und datensicher, hatte Samtgemeinde-Bürgermeisterin Claudia von Ascheraden mehrfach öffentlich festgestellt.
Weitere Probleme: Das Weiße Haus darf im jetzigen Zustand nur noch bis Oktober 2023 genutzt werden. Dann stehen für rund 325.000 Euro größere Sanierungen an. Die Gebäude entsprechen auch nicht den aktuellen Brandschutzrichtlinien und müssten in dieser Hinsicht alle aufgerüstet werden. Außerdem gibt es keine angemessenen Besprechungs- und Sozialräume für die Mitarbeiter, keine akzeptablen Empfangs-, Warte- und Sanitärräume für die Bürger.
Gegen einen Erweiterungsbau hatte sich schon vor Jahren Hansjörg Siede von der UWG Jes! ausgesprochen (das WOCHENBLATT berichtete). In seinen Augen - und denen manch anderer Jesteburger - hätte die Erweiterung des Rathauses vor allem eine "Verunstaltung" des Niedersachsenplatzes bedeutet. Stattdessen hätte man lieber einen ganz neuen Standort für die Verwaltung suchen sollen. Das sieht Bürgermeisterin von Ascheraden anders: "Ohne einen Anbau ist die Platzproblematik nicht zu lösen. Eine Anmietung dezentraler Standorte ist nicht zielführend", findet sie, "Eine Erweiterung des Neuen Rathauses ist die Ideallösung für alle Bedarfe, die kein Wunschzettel sind, sondern ein Muss." Barrierefreiheit sei ohne einen Anbau mit Fahrstuhl überhaupt nicht zu erreichen. Und nun? Man prüfe derzeit, ob ein "kostengünstigerer Kompromiss mit verträglichen Abstrichen in der Ausführung" möglich sein oder ein kleinerer, später erweiterbarer Anbau.
Gibt es überhaupt so viele Mitarbeiter im Rathaus, wenn doch viele im Homeoffice arbeiten? "Fakt ist, dass die jetzigen Räumlichkeiten bei Weitem nicht ausreichen, alle Mitarbeiter unterzubringen", so von Ascheraden. Homeoffice sei keine Lösung, da es nicht in allen Bereichen möglich sei, zum Beispiel dort, wo die Verwaltung für die Bürger erreichbar sein müsse, wie im Einwohneramt. Und: Auch Homeoffice-Arbeitsplätze kosteten Geld.
Die Ratsmitglieder fassten unterdessen eine andere Möglichkeit ins Auge, um der Raumnot zu entkommen: Man will prüfen, ob zusätzliche Räume in der benachbarten Olen School angemietet werden können. Dort sind bisher DRK-Kita, Krippe, Bossard Schaumagazin, Sandberghalle und Kleiderkammer untergebracht. Und: eine gleichnamige Tagespflegeeinrichtung, die vor dem Einzug vor sieben Jahren größere Summen in das Haus investiert hat. 2015 hatte der Rat im Gegenzug einen langfristigen Mietvertrag abgeschlossen, an den man nun bis 2030 gebunden ist. Tagespflege-Betreiber Ole Bernatzki sieht drohenden Veränderungen gelassen entgegen. "Solange ich noch keine Kündigung auf dem Tisch habe, bin ich ganz entspannt, da ich ja noch einen gültigen Vertrag habe. Und bis 2030 fließt noch viel Wasser die Seeve hinunter."
Ganz kostenfrei wird die Samtgemeinde nicht aus der Sache herauskommen: Das Jesteburger Büro BrauerArchitekten hatte bereits eine detaillierte Planung für die Bauabschnitte 1-3 aufgestellt und diese im Rat vorgestellt. Eine Summe "im mittleren fünfstelligen Bereich" habe das gekostet, so Claudia von Ascheraden.
Die Samtgemeindekasse ist unter anderem deshalb leer, weil die Gemeinde dringend die Ganztagsbetreung der Schulkinder umsetzen und dafür die beiden Grundschulen in Jesteburg und Bendestorf ausbauen muss. Denn ab 2026 hat jedes neu eingeschulte Kind einen gesetzlichen Anspruch darauf. Wie der umgesetzt werden soll, wird sicher in der Fortsetzung der Samtgemeinderatssitzung am morgigen Donnerstag, 15. Dezember, Schützenhalle, für Diskussionen sorgen.
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