Die Bürger sollten beteiligt werden
Projekt zur Aufwertung von Jesteburg: Nach zwei Jahren zieht CIMA ein Fazit

Jesteburgs Gemeindedirektor Henning Oertzen gemeinsam mit den CIMA-Mitarbeiterinnen Petra Bammann (li.) und Regina Schroeder | Foto: mum
  • Jesteburgs Gemeindedirektor Henning Oertzen gemeinsam mit den CIMA-Mitarbeiterinnen Petra Bammann (li.) und Regina Schroeder
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mum. Jesteburg. Jesteburg ist einen besonderen Weg gegangen, um die Attraktivität des Ortes zu steigern - sowohl für Bürger und Gäste als auch für die Geschäftsleute. Seit zwei Jahren hat die CIMA Beratung + Management GmbH im Auftrag der Gemeinde an einem Konzept gearbeitet. Bis auf Winsen leistete sich bislang keine Kommune im Landkreis Harburg einen externen Dienstleister. Jesteburg ließ sich diese Beratung 50.000 Euro kosten. Zwei Drittel der Summe wurde aus Mitteln der Städtebauförderung finanziert.
WOCHENBLATT-Redakteur Sascha Mummenhoff sprach mit Projektleiterin Regina Schroeder und Petra Bammann (Projektmanagement vor Ort) über ihre Arbeit. Zwei Jahre waren sie in einem engen Austausch mit den ansässigen Einzelhändlern, Grundeigentümern und der Gemeinde, um den Ortskern aufzuwerten.
WOCHENBLATT: Was genau war Ihre Aufgabe?
Regina Schroeder: Hintergrund des Auftrags war die Aufnahme der Gemeinde in das Förderprogramm "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren" des Bundes, mit dem der Ortskern durch Umgestaltungsmaßnahmen aufgewertet werden sollte. Wir sollten dabei eigentlich als Moderator und Bindeglied zum Sanierungsträger die Kommunikation und Vernetzung mit den Immoblieneigentümern, Gewerbetreibenden, Verwaltung, Politik und Kulturschaffenden vor Ort übernehmen.
Petra Bammann: Wir sollten auch als Ideengeber wirken und Maßnahmen der privaten Akteure anregen, die mit zu einer Aufwertung des Ortskerns beitragen. Dazu gehörten auch die Belebung von Leerständen und die Unterstützung der Gewerbetreibenden im Ortskern.
WOCHENBLATT: Welches Ihrer Projekte war Ihnen besonders wichtig?
Schroeder: Der Ortskern-Flyer war ein wichtiger Schritt, um nach außen wahrnehmbarer zu werden in unserer Arbeit und Bewusstsein für das Angebot im Ortskern zu wecken. Für uns war aber auch die Einrichtung des Verfügungsfonds für private Akteure ein wichtiger Impuls. Daraus entstanden viele Ideen mit dem Bürger- und Gewerbeverein, ansässigen Eigentümern und auch Bürgern für konkrete Maßnahmen im Ortskern. Ich würde mir wünschen, dass mit Beginn der Umsetzung von umfassenderen Umbaumaßnahmen auch die aktive öffentliche Beteiligung gesucht und positive Aufbruchstimmung geschaffen wird.
Bammann: Für mich waren die Gemeinschaftsaktionen zu Ostern mit den Kitas und der geplante Frühjahrsputz wichtig. Die Jesteburger direkt mit in die Gestaltung und Aufwertung einzubinden, fördert spürbar die Identifikation mit dem Ortskern. Mit dem Bürger- und Gewerbeverein haben wir ein Unternehmerfrühstück veranstaltet und gemeinsam mit Claudia von Ascheraden von der Gemeindeverwaltung eine Eigentümerrunde ins Leben gerufen. Das waren wichtige Grundlagen, um die Eigentümer und Gewerbetreibenden einzubinden und gemeinsam Ideen zu entwickeln.
WOCHENBLATT: Für welches Projekt gab es die meisten Reaktionen?
Schroeder: Von den Jesteburgern gab es umfassende Rückmeldung durch unsere Bürgerbeteiligung mit der Onlinebefragung und dem Informationsstand zum Projektbeginn. Für den Ortskern-Flyer gab es dann viel positives Feedback. Zuletzt gab es zu den Aktionen nach dem Corona-Lockdown sehr motivierende Reaktionen von den Betrieben, die in dieser Zeit wirklich dankbar waren für die aktive Unterstützung.
WOCHENBLATT: Welches Projekt hätten Sie gern noch umgesetzt?
Bammann: Wir hätten auf jeden Fall die Oster- und Frühjahrsaktionen sowie weitere Kunstaktionen gern auch in diesem Jahr umgesetzt und auch weitere Händler- und Eigentümerrunden durchgeführt. Aus den Zusammenkünften heraus entstanden immer gute Impulse für konkrete Aufwertungsmaßnahmen. Deshalb hoffen wir, dass die Weiterführung auch ohne uns gelingt.
Schroeder: Außerdem wollten wir gern Zwischennutzungen im Leerstand umsetzen und haben da ein paar Ideen entwickelt. Leider haben wir seitens der Eigentümer keinen Zugang zu den Leerständen erhalten, auch wenn ein paar Gespräche zuletzt aufgeschlossener wurden. Auch die gemeinsamen Kernöffnungszeiten sind so ein Thema, bei dem wir zwar Grundlagen entwickelt haben, aber die Abstimmung mit den Unternehmen dann nicht mehr abschließen konnten. Jesteburg hat eine vergleichsweise hohe Kaufkraft, deshalb birgt die stärkere Kundenbindung Chancen für den Standort.
WOCHENBLATT: Hat sich die Corona-Krise auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Bammann: Ja - sehr. Einige geplante Maßnahmen (Osteraktion, Frühjahrsputz) waren kurzfristig nicht mehr möglich, auch die letzten Treffen der Eigentümer und das geplante Unternehmerfrühstück zur Kooperation zwischen Famila und dem Ortskern mussten leider ausfallen. Dafür haben wir kurzfristig die Corona-Solidaritätsaktionen in Kooperation mit Gemeinde und Gewerbetreibenden umgesetzt, die gezeigt haben, dass der Ort in der Krise zusammenhält und gemeinsam etwas bewegt werden kann.
WOCHENBLATT: Nach zwei Jahren endet die Zusammenarbeit mit der Gemeinde. Ihr Fazit?
Bammann: Es hat etwas gedauert, bis wir unsere Rolle in der Gemeinde und die Erwartungen der Unternehmen, der Bürger und der Politik und Verwaltung ordnen konnten. Wir sind dann vom "Moderator" zunehmend in die Rolle des "Machers" gegangen, soweit das im geringen Stundenumfang möglich war. Und das erwies sich dann auch als der richtige Weg, um die Akteure hier ins Boot zu holen.
Schroeder: Es wird für die Zukunft wichtig sein, dass bei begrenztem Budget konkrete Projekte definiert und umgesetzt werden, und zwar gemeinsam mit den Anliegern, dem BGV und den Gewerbetreibenden und mit öffentlicher Beteiligung. Die Jesteburger brauchen nach den Jahren der Planung und Diskussion erlebbare Ergebnisse. Und dafür müssen nicht nur die Bagger anrollen. Auch mit Marketing und gemeinsamen Aktionen vor Ort kann Belebung und Aufbruchstimmung geschaffen werden.
WOCHENBLATT: In Jesteburg stehen viele Geschäfte leer. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Schroeder: In unseren Gesprächen mit Kunden, Händlern und Eigentümern waren die Leerstände tatsächlich nicht das vordringliche Thema. Wir haben in den zwei Jahren eine Fluktuation erlebt - also Umzüge, Schließungen und Neueröffnungen -, wobei die Gesamtzahl der Leerstände sich nicht erhöht hat. In so kleinen Gemeinden mit geringerer Frequenz und meist kleineren Geschäftsflächen ist es generell schwierig, gezielt Einzelhandel anzusiedeln im Sinne einer aktiven Akquise bei Filialbetrieben. Trotzdem ist der Ortskern als Standort attraktiv mit hoher Kaufkraft, einigen ansässigen kreativen Nischenkonzepten, charmanter Bebauung und guter Gastronomie. Wichtig ist, dass die Leerstände nicht diesen Eindruck trüben und dauerhaft zu einem negativen Ortsbild führen. Deshalb sind Zwischennutzungen mit wechselnder "Bespielung" und Gestaltung des Leerstandes wichtig. Auch muss es besser gelingen, die hohe Kaufkraft aktiv für den lokalen Einkauf zu gewinnen und mehr an den Ortskern zu binden.
WOCHENBLATT: Es gibt nun Überlegungen, die CIMA projektbezogen einzusetzen. Ist das sinnvoll und haben Sie bereits Ideen?
Schroeder: Grundsätzlich ist es notwendig, auf Basis klar formulierter Ziele und Prioritäten die nächsten Schritte konkret zu planen. Die projektbezogene Beauftragung ist dann sinnvoll, weil diese entsprechend zielgerichtet umgesetzt werden kann. Es ist für Jesteburg besser, drei konkrete Projekte entschlossen voranzutreiben und mit gutem Ergebnis abzuschließen, als 20 Probleme parallel anzupacken und nicht fertig zu werden. Wir haben in Jesteburg viele engagierte Menschen kennengelernt, sowohl in der Verwaltung als auch in der Wirtschaft und in der Politik. Auch der Bürger- und Gewerbeverein war in unseren Runden immer mit dabei und möchte auch einige unserer Kundenbindungsaktionen weiterführen. Wenn unsere Unterstützung bei weiteren Maßnahmen vor Ort gebraucht wird, sind wir natürlich sehr gern zur Stelle. Wir haben aktuell den Auftrag erhalten, für die geplante Entwicklung des Spethmannplatzes die Anlieger und Betroffenen zu beteiligen, um ein abgestimmtes Konzept als Grundlage für das beauftragte Planungsbüro zu erarbeiten.
WOCHENBLATT: Danke für das Gespräch.

CIMA Beratung + Management GmbH
Die CIMA Beratung + Management GmbH ist ein interdisziplinäres Team von Experten mit Beratungserfahrung im gewerblichen, kommunalen und regionalen Marketing mit Sitz in München, Stuttgart, Forchheim, Köln, Leipzig, Berlin, Hannover, Lübeck und Ried (Österreich). Die CIMA gehört zu den renommiertesten Beratungsgesellschaften für Einzelhandels- und Standortentwicklung und Marketing im öffentlichen Sektor in Deutschland und Österreich.
Für die Prozessbegleitung des Ortskernmanagements kann das Unternehmen auf Erfahrung in der Umsetzungsbegleitung von Stadtmarketingprojekten, Betreuung von Quartiers- und Citymanagements und 30 Jahre Beratung und Umsetzung in Kommunen in ganz Deutschland zurückgreifen. Unter anderem tätig waren die Mitarbeiter in Uelzen (Masterplan Schnellenmarktviertel), Cloppenburg (Stadtkonzeption und Jugendbeteiligung), Ahrensburg (Stadtmarketing) und Ludwigslust (Marketingstrategie).
• Infos unter www.cima.de.

Redakteur:

Sascha Mummenhoff aus Jesteburg

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