Diskussion um Mobilfunkmast
Vorbildliches Engagement
Jesteburger korrigieren auf eigene Faust Versäumnisse von Politik und Verwaltung.
mum. Jesteburg. "Bei der Aufstellung von Funktürmen handelt es sich um so genannte privilegierte Vorhaben. Das bedeutet, dass wir als Gemeinde so gut wie keinen Einfluss auf den Standort haben." Mit diesen Worten hatte Jesteburgs Bürgermeister Udo Heitmann (SPD) versucht, die Bürger während der Gemeinderatssitzung Anfang April zu beruhigen. "Wenn wir dem Anbieter unser Grundstück verweigern, nimmt er eben eine benachbarte Fläche", so Heitmann. Offensichtlich scheinen die Jesteburger Bürger besser informiert zu sein als ihr Bürgermeister. Am Mittwochabend trafen sich fast 70 Betroffene zu einer Einwohnerversammlung bei "Hof & Gut" in Itzenbüttel. Und dabei kam etwas Bemerkenswertes heraus: Offensichtlich hatte die Telekom bereits Alternativ-Standorte vorbereitet. Einer davon liegt am Rande einer landwirtschaftlich genutzten Fläche nordöstlich der Reindorfer Straße und des Seppenser Mühlenwegs. Und vorausgesetzt, es gibt eine Einigung mit dem Eigentümer, wäre die Telekom auch bereit, diesen Standort in Betracht zu ziehen. Der Vorteil der Fläche liegt auf der Hand. Im Gegensatz zum zuerst angedachten - etwa einem Kilometer entfernten - Standort an der Straße "Reindorfer Osterberg" unmittelbar vor dem Bahndamm seien dort keine Anwohner direkt betroffen. Zudem würde der Standort an einem kleinen Waldstück liegen.
Den Anwohnern geht dies aber noch nicht weit genug. Sie verständigten sich darauf, Arbeitsgruppen zu bilden. Ziel sei es, Jesteburg als Ganzes zu sehen und ein Gesamtkonzept zu erstellen. Schon jetzt gibt es Pläne, auch in Lüllau einen Funkturm aufzustellen.
Paradox: Genau diese Schritte wären eigentlich die Aufgabe der Jesteburger Politiker beziehungsweise der Verwaltung gewesen. "Doch die wollten das Thema wohl mal schnell an uns vorbei entscheiden und sich anderen Themen widmen", ärgerte sich ein Anwohner. Wichtig sei den Bürgern, dass neue Funkturm-Standorte nicht generell verhindert werden sollen. Vielmehr wünschen sie sich ein Mitspracherecht bei der Höhe und Ausstattung.
Wie berichtet, plant die Deutsche Funkturm GmbH im Bereich Reindorfer Osterberg einen 40 Meter hohen Mobilfunkmast aufzustellen. Im Gespräch ist ein Grundstück der Gemeinde. Der Rat wollte Anfang April entscheiden, ob er dem Pachtvertrag zustimmt. Zuvor war das Thema nur im nicht-öffentlichen Verwaltungsausschuss (VA) diskutiert worden. Formal mag das richtig sein, denn Verträge werden in der Regel nicht-öffentlich diskutiert. Doch in diesem Fall hatten die Ratsmitglieder die Rechnung ohne die Anwohner gemacht. Zahlreiche Betroffene nutzten die Einwohnerfragestunde, um ihren Unmut kundzutun. "Ich finde es beschämend für Jesteburg, dass der Standort erst jetzt bekanntgemacht wird", so der ehemalige WOCHENBLATT-Chefredakteur Reinhard Schrader. "Wie kann eine Abstimmung erfolgen, wenn das Thema bislang ohne Öffentlichkeit diskutiert wurde?", fragte Schrader. Diese Meinung teilte offensichtlich auch UWG Jes!-Vorsitzender Hansjörg Siede. Seine Wählergemeinschaft ließ nach der VA-Sitzung am Osterberg Flyer verteilen. Erst so erfuhren die Bürger von den Plänen ihrer gewählten Vertreter. "Leider wurde es verwaltungsseitig versäumt, die Bürger frühzeitig einzubinden. Auch gelang es der Verwaltung in der Beratung nicht, unsere Fragen zu dem geplanten Sendemast befriedigend zu beantworten." Siede war es schließlich, der den Antrag stellte, dass Vertreter der geplanten Mobilfunkstation den Bürgern und Ratsmitgliedern in einer öffentlichen Veranstaltung ihr Vorhaben erläutern. "Für uns ist das der beste Weg, um berechtigte Bürgerinteressen und die Möglichkeiten der Gemeinde in die abschließende Vertragsgestaltung einfließen zu lassen", so Siede. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
• Die Aufstellung des Funkturms wird im Ausschuss für Straßen, Wege und Umwelt am Mittwoch, 8. Mai, um 19 Uhr im Schützenhaus diskutiert. Im Zuge der Sitzung werden auch Experten - unter anderem von der Telekom - gehört. Die Sitzung ist öffentlich. Auf Wunsch der Bürger haben die Grünen den Diplom-Physiker Dr. Peter Nießen (www.emf-institut.de) eingeladen. Der Gutachter wird die Fragen der Bürger und Politiker beantworten. Dazu wird die Fragestunde sogar auf 90 Minuten ausgedehnt (gewöhnlich sind nur 30 Minuten vorgesehen). Zudem wird Nießen bereits tagsüber eine Ortsbesichtigung anbieten (nähere Details folgen in der Mittwoch-Ausgabe des WOCHENBLATT). "Uns ist das Thema sehr wichtig", so Grünen-Fraktionsvorsitzende Birgit Heilmann. "Wir begrüßen das Engagement der Bürger sehr, und hoffen, dass wir gemeinsam eine Lösung finden."
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Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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