Massive Preissteigerung gefährdet den Zeitplan der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft
KWG in der Bredouille: Wer soll das bezahlen?
(as/ts). Massiver Anstieg der Baulandpreise, Materialmangel und Corona: Angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Baubranche ist der Zeitplan der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises Harburg (KWG) gefährdet. "Das Ziel bleibt: Wir werden 40.000 Quadratmeter bezahlbaren Wohnraum schaffen", sagt Joachim Thurmann, Geschäftsführer der KWG. Ob die 650 Wohneinheiten tatsächlich wie geplant bis 2023 gebaut werden können, hängt aber davon ab, wie sich der Markt entwickelt. "Aber wenn wir bis 2023 300 bis 400 Wohnungen gebaut haben, ist das auch schon gut." Durch die aktuellen Entwicklungen gefährdet ist die Zielsetzung der KWG laut Thurmann aber nicht. "8,50 Euro Miete pro Quadratmeter halte ich ein!", betont der Geschäftsführer.
Der Druck auf den Hamburger Wohnungsmarkt wächst, und das macht sich auch im Landkreis Harburg bemerkbar: Die Preise für Bauland steigen und steigen. Aktuell liegt der Bodenrichtwert zum Beispiel bei 470 Euro pro Quadratmeter in Hittfeld, 390 Euro pro Quadratmeter in Jesteburg oder 410 Euro pro Quadratmeter in Winsen.
2018 wurde die KWG gegründet, um bis 2023 rund 40.000 Quadratmeter bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. In den Kommunen Neu Wulmstorf, Rosengarten, Seevetal, Winsen, Elbmarsch, Salzhausen, Hanstedt, Jesteburg und Buchholz sollen insgesamt 650 Wohneinheiten entstehen - so war zumindest der Plan. Seit 2018 sind die Grundstückspreise jedoch teilweise massiv gestiegen, je dichter an der Hansestadt, desto teurer.
"Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung und Terminabläufen, Corona und eine extreme Preissteigerung bei Grundstückspreisen - von diesen Problemen sind derzeit alle Investoren betroffen, auch die KWG", sagt KWG-Geschäftsführer Joachim Thurmann. Allerdings sei die KWG in diesem Jahr gut aufgestellt, da bereits alle Ressourcen im vergangenen Jahr gesichert wurden. "Hier bestätigt sich der serielle Wohnungsbau. Wir haben im vergangenen Jahr viel eingekauft und konnten uns so Material und Kapazitäten für 2021 sichern. Ende 2022 werden wir insgesamt über 200 Wohnungen fertiggestellt haben", sagt Thurmann.
Kritisch sei aber, wie es mit den für 2022 geplanten Projekten weitergehe. "Derzeit ist noch nicht abzusehen, ob sich die Entwicklung in der Baubranche fortsetzt, es ist unklar, ob wir die Preise halten können", so Thurmann. Zum Beispiel in Winsen sei der Baulandpreis teilweise von 140 Euro pro Quadratmeter auf 270 Euro hochgeschnellt. "Statistisch steigt der Baulandpreis pro Jahr im Durchschnitt um 7,5 Prozent, hier hat er sich in zwei Jahren fast verdoppelt!", sagt der Geschäftsführer. "Wenn die Preise nicht zu halten sind, dann müssen wir einige Projekte schieben und andere, günstigere Projekte vorziehen."
Die KWG plane mit einer Mischkalkulation, doch dafür braucht es auch günstige Flächen. "Die Kommunen müssen mehr Bauland ausweisen", ist Thurmann überzeugt. Ein weiteres Problem sei die langwierige Bauleitplanung in den Kommunen. "Wenn die Gemeinden die B-Pläne so langen laufen lassen, dann wird es schwierig. Wir haben keine Grundstücke, können nichts vorbereiten - und dann kommt die Preissteigerung hinzu", sagt Thurmann.
Die Kommunale Wohnungsbaugesellschaft für den Landkreis Harburg (KWG) wird bis zum Jahr 2023 weniger bezahlbare Wohnungen errichten als ursprünglich geplant. An ihrem Ziel, 40.000 Quadratmeter Gesamtwohnfläche zu schaffen, hält die Gesellschaft aber fest. Im Gespräch mit dem WOCHENBLATT hat Geschäftsführer Joachim Thurmann die Prognose von 800 auf 650 korrigiert. Beteiligte Kommunen bewerten das zurückhaltend bis gar nicht - weil sie mit eigenen Versäumnissen zu der Entwicklung beitragen.
Beispiel Jesteburg: Die KWG hat bisher in Jesteburg Wohnungen im Pfarrweg auf einem Erbbaugrundstück der Kirche gebaut. "Dass noch keinen weiteren Wohnungen gebaut wurden, liegt daran, dass die Gemeinde noch kein Grundstück zur Verfügung gestellt hat", räumt Gemeindedirektor Henning Oertzen ein. Die Gemeinde Jesteburg plant, eine Großteil ihres Kapitalbeitrages in Höhe von 1,17 Millionen Euro in Form eines Grundstückes einzubringen. Die Verhandlungen über die Übereignung des Grundstückes "Brettbeekskoppeln" haben aber noch nicht zu einem Abschluss gefunden.
Einer Antwort, ob die KWG ihr Geld wert sei, weicht Henning Oertzen aus: Das sei eine politische Frage. In seiner Funktion als Gemeindedirektor werde er sich nicht dazu äußern.
Auf dem Gebiet der Gemeinde Seevetal hat die KWG noch keine einzige Wohnung errichten können. Seit zwei Jahren arbeite die Seevetaler Planungsabteilung daran, der KWG geeignete Baugrundstücke anzubieten - bisher ohne Ergebnis, sagt Joachim Thurmann.
Das soll jetzt anders werden, kündigt Seevetals Bürgermeisterin Martina Oertzen (CDU) an. "150 Wohnungen sollen in Seevetal in den nächsten Jahren in die Umsetzung kommen", sagte sie dem WOCHENBLATT. Die Verwaltungschefin bekennt sich zur KWG: "Die Gesellschaft ist ihr Geld wert", antwortete sie. Jede Entlastung des Wohnungsmarktes sei für die Menschen in Seevetal ein Gewinn. In unmittelbarer Nähe zu Hamburg ist der Wohnungsmarkt in Seevetal von hohen Mieten und Grundstückspreisen gekennzeichnet.
Seevetal ist mit 3,65 Millionen Euro an der KWG beteiligt. Dass die Gesellschaft in Seevetal noch nicht gebaut hat, erklärt Martina Oertzen so: "Bisher war bei den wenigen Flächen leider noch keine Fläche dabei, die den Anforderungen der KWG genügt. Es ist für mich nachvollziehbar, dass die KWG von daher zuerst auf schneller realisierbare Objekte in anderen Gemeinden gesetzt hat. Ich hoffe aber, dass es uns gelingt, in Ohlendorf im Bereich Ohlendorfer Straße / Zum Lehmsaal eine erste Umsetzung zu realisieren."
Die KWG geht zwar davon aus, weniger Wohnungen als ursprünglich geplant bis 2023 zu bauen. Dafür werden mehr größere Wohnungen entstehen. "Mit den 65 Quadratmeter großen Wohnungen können wir günstigen Wohnraum nicht nur Alleinstehenden anbieten, sondern haben jetzt auch Wohnungen für Alleinerziehende mit Kind oder Seniorenpaare im Angebot", erklärt Joachim Thurmann. Diese Mischung habe sich bei der Nachfrage bestätigt.
215 Wohnungen bezugsfertig bis 2023
Insgesamt hat die KWG aktuell 136 Wohnungen fertiggestellt bzw. im Bau. Davon waren bis Ende 2020 59 Wohnungen bezugsfertig. Bis Ende 2022 werden geplant 215 Wohneinheiten bezugsfertig sein.
Fertig:
Salzhausen: Mehrfamilienhäuser (MFH) mit 10 Wohneinheiten (WE)
Jesteburg: MFH mit 9 WE
Klecken: MFH mit 16 Wohnungen
Hanstedt: 2 MFH mit gesamt 16 WE
Winsen Norderbülte: 16 Reihenhäuser (RH)
Im Bau:
Winsen Norderbülte: 42 WE in MFH (fertig in 12/21)
Drage: MFH mit 18 WE (Baubeginn im Juni 21)
Buchholz: 9 WE
In Vorbereitung:
Jesteburg: RH + MFH mit 26 WE (Grundstückserwerb /Bau-Vorbereitung)
Nenndorf: ca. 20 WE (Grundstückserwerb in Vorbereitung)
Tespe: 24 WE (Grundstücks-erwerb noch in diesem Jahr geplant)
Gödenstorf: 9 WE (Grundstückserwerb und Baubeginn in 21 geplant)
Redakteur:Anke Settekorn aus Jesteburg |
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