Das wäre schlecht für das Alte Land
Hadag-Fährlinie zwischen Cranz und Blankenese vor dem Aus?
Mit der Fähre vom Estesperrwerk nach Blankenese schippern: Das war früher ein beliebter Ausflug. Und auch Hamburger - nicht nur aus dem noblen Villenvorort am anderen Elbufer - nutzten die Hadag-Fährverbindung Cranz-Blankenese, um das Alte Land zu erkunden. Diese Zeiten sind vorbei. Die Fähre - neben der Elbfähre und der Lühe-Schulau-Fähre die einzige Schiffsverbindung aus dem Landkreis Stade zum gegenüberliegenden Elbufer - steht vor dem Aus. Der Fährbetrieb lief in diesem Jahr nur noch sporadisch, zuletzt war er monatelang komplett eingestellt. Kritiker werfen der Hadag vor, die "Hamburg-Blankenese-Este-Linie" (HBEL) absichtlich ausbluten zu lassen, bis sie offiziell stillgelegt wird. Auch bei der Politik im Landkreis Stade sorgt das für Unmut. Doch eine Chance, auf die Hadag Einfluss zu nehmen, sieht man in der Region nicht. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, die Hamburger würden sich wenig um die Belange des Umlands kümmern. Ein weiteres Beispiel für Arroganz in der Elbmetropole, sagen manche.
Fahrten fielen immer öfter aus
Auf der HBEL-Webseite der Hadag heißt es noch idyllisch: Die Fähre verbinde das "Tor zum Alten Land" (Cranz) mit "Hamburgs weißer Perle" (Blankenese). Der Sommerfahrplan weist 15 Abfahrten im Stundentakt aus. Doch in Wirklichkeit legte die Fähre diesen Sommer so gut wie nie ab – die Ausfallquote lag zuletzt bei 100 Prozent. Auch zuvor sah es kaum besser aus: Im Frühjahr fielen laut einer Antwort des Hamburger Senats auf eine Anfrage der CDU zwischen 70 und 90 Prozent der Fahrten aus. Als Gründe nennt die Hadag vor allem die Verschlickung der Estemündung und Personalmangel.
Tatsächlich ist das Schiff "Altona", das die Verbindung bedient, die einzige Fähre der Hadag-Flotte, die von zwei Schiffsführern betrieben werden muss. Kritiker fordern daher ein kleineres Schiff und Lösungen für das Schlick-Problem, wie etwa einen Ponton am Estesperrwerk. Doch die wiederholten Hinweise von Hadag-Chefin Tanja Cohrt auf die seit Jahren sinkenden Fahrgastzahlen geben wenig Hoffnung auf einen Fortbestand der Fähre. Anfang der 2000er Jahre nutzten noch rund 100.000 Menschen die Fähre - darunter viele Pendler der Sietas-Werft. Im vergangenen Jahr waren es gerade mal 30.000. In diesem Jahr legte die Fähre oft mit weniger als fünf Passagieren ab. Für die Hadag heißt das: Bei der Planung für die Hamburger Hafenfähren steht die HBEL-Linie ganz hinten an.
Der massive Rückgang der Fahrgastzahlen als Argument für das Aus der Cranz-Blankenese-Fähre überzeugt aber nur bedingt. Denn der Teufelskreis ist hausgemacht: Die Unzuverlässigkeit der Fähre und ihre ständigen Ausfälle schrecken Passagiere ab. Weniger Fahrgäste bedeuten hohe Verluste. Nach Berechnungen der Hadag stehen einem Ticketpreis von 4 Euro Kosten pro Fahrgast in zehnfacher Höhe gegenüber. In echter hanseatischer Kaufmannsmanier scheint das Motto der Hadag zu sein: Was keinen Gewinn bringt, muss weg. Ein Ende der traditionsreichen Linie rückt damit immer näher.
Schlecht für den Tourismus und das Alte Land
Dieses Hamburger Denken nicht weiter als über den eigenen Tellerrand hinaus stößt in der Nachbarschaft ganz und ganz nicht auf Verständnis: "Offenbar lässt die Hadag die Fährlinie einfach fallen", sagt Stades Landrat Kai Seefried. Nach seiner Ansicht nimmt auch der Tourismus in der Region Schaden: "Das Aus für die Fähre wäre eine schlechte Nachricht für die Gäste unserer Urlaubsregion Altes Land." Auch er ist davon überzeugt, dass die geringen Fahrgastzahlen "auch eine Folge der ständigen Ausfälle und der schlechten Kommunikation der Hadag" sind. Man erlebe jetzt den "traurigen Höhepunkt" einer jahrelangen Negativentwicklung, so der Stader Landrat, der auch Vorsitzender des Tourismusverbandes ist.
Auch Jorks Bürgermeister Matthias Riel sieht in der drohenden Einstellung der Fährverbindung einen Rückschlag für den Tourismus im Alten Land. "Diese Fähre hat ein enormes touristisches Potenzial. Es ist äußerst tragisch, dass dieses Potenzial nicht genutzt wird." Riel versteht nicht, warum die Hadag eine traditionsreiche Verbindung kappen will. Wenn die Hadag diese Fährlinie aufgibt, müsse sie verlässliche Alternativen schaffen. Die jetzige Situation als Messlatte zu nehmen und sich über zu wenig Fahrgäste zu beklagen, sei jedenfalls nicht redlich, so der Jorker Rathauschef. Er ist fest davon überzeugt: Ein attraktives, zuverlässiges Fährangebot lockt auch mehr Kunden. Allerdings macht sich Riel wenig Hoffnung: "Uns haben Nutzer der Fähre um Hilfe gebeten. Doch wir werden an der Entscheidung der Hadag nicht rütteln können." Riels Frust wird für viele nachvollziehbar sein. Denn nicht wenige in der Region werden denken: Die Hamburger interessieren sich doch ohnehin nicht für die Sorgen ihrer Nachbarn.
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