Obstbauern im Alten Land müssen investieren
(bc). Die Kirsche blüht, die Apfelbäume ziehen Anfang Mai nach. Eine aufregende Zeit für die knapp 650 Obstbaubetriebe im Alten Land. Man kann nur hoffen, dass die Apfelbauern an der Niederelbe den Anblick des weiß-rosa Blütenmeers genießen können angesichts der zahlreichen Aufgaben, die sie momentan beschäftigen: Mindestlohn, Dumpingpreise, widrige Witterung, Schädlinge und die Sondergebietsverordnung. Das WOCHENBLATT beantwortet die wichtigsten Fragen:
• Was bedeutet das Sondergebiet für die Bauern? Um der 2015 in Kraft getretenen Verordnung gerecht zu werden, müssen die Betriebe investieren. Beginnend mit dem Jahr 2020 müssen Gräben, Fleete und Beregnungsteiche ökologisch aufgewertet werden. Ziel ist die Minimierung der Pflanzenschutzeinträge in die Gewässer. Dabei gibt es verschiedene Herangehensweisen.
Eine ist die Anschaffung von speziellen sog. Tunnelsprühgeräten, bei denen die Pflanzenschutzmittel, die nicht auf den Bäumen landen, aufgefangen und wiederverwertet werden. Die Crux: Bislang ist erst ein Gerät eines Herstellers durch den Bund zugelassen. „Von diesen Geräten gibt es im Alten Land weniger als fünf Stück“, sagt Dr. Matthias Görgens vom Obstbauzentrum Esteburg in Jork-Moorende. Mindestens 50.000 Euro kostet so eine vom Obstbauzentrum als praxistauglich eingestufte Maschine. Viel Geld für einen Apfelbauern. Daher wollen Bund und Land den Kauf fördern - mit mindestens 25 Prozent der Kosten.
• Mit welchen Schädlingen haben Apfelbauern zu kämpfen? Apfelschorf ist ein großes Thema an der Niederelbe. Das derzeit feuchte Wetter begünstigt den weit verbreiteten Krankheitserreger. Bei einem Befall sind die Früchte mit kleinen, schwarzen Flecken bedeckt. Um Vorsorge zu treffen, müssen die Landwirte Fungizide auftragen, was jedoch aufgrund der nassen, schwer befahrbaren Böden nicht ganz unproblematisch ist.
• Sind Temperaturen um den Gefrierpunkt im April ein Problem für die Apfelblüte? Ja, in kalten Nächten müssen die Obstbauern das Thermometer ständig im Blick behalten. Sinken die Temperaturen nahe null Grad, müssen sie schnell die Frostschutzberegnung einschalten, um Blüten oder Knospen mit einer Eisschicht zu schützen. Görgens: „Eine ziemlich stressige Zeit für die Bauern.“ Reagieren die Landwirte zu spät, erfrieren die Blüten und es kann sich keine Frucht bilden. Dementsprechend geringer fällt die Ernte aus.
• Bringen die aktuellen Erzeugerpreise von knapp 32 Cent pro Kilo Äpfel die Bauern in Bedrängnis? Fakt ist, dass das aktuelle Preisniveau gerade ausreicht, um die Produktionskosten zu decken. Die Bauern bräuchten 35 bis 40 Cent, um zumindest ein wenig Gewinn zu machen und einen Arbeitslohn zu erwirtschaften. In der Saison 2014/15 war die Entlohnung noch schlecher. Damals gab es nach Angaben der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) im Schnitt nur rund 24 Cent. Gleichzeitig stiegen die Investitionen. Zum Vergleich: In der 2013/14 erhielten die Obstbauern für ihr Äpfel im Mittel noch 54 Cent pro Kilo.
• Wie wirkt sich der Mindestlohn auf den Obsthöfen aus? In diesem Jahr gilt ein Stundenlohn von acht Euro, ab 2017 gilt dann der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Eigentlich müssten die Obstbauern die gestiegenen Kosten auf ihre Produkte umlegen. Doch auf die Preise haben sie kaum Einfluss. Die werden durch die Lebensmittelkonzerne bestimmt. Die Bauern sind angehalten, ihr Betriebsrisiko zu streuen. Mögliche Nischen: Öko-Obst, Dachkirschen, etc.
Redakteur:Björn Carstens aus Buxtehude |
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