Qualzucht für den Dumping-Preis

Nur langsam fasst Labradorhündin "Summer" Vertrauen zu Daniela Swatek
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Hündin "Summer" missbraucht / "Kunden wollen billig Rassehunde kaufen"

ab. Jork. Sie zeigt kaum Regung, liegt meist nur auf der Seite und versucht, sich unsichtbar zu machen: "Summer" (4), eine schokoladenfarbene Labradorhündin, hat in ihrer Vergangenheit Schreckliches erlebt. Sie wurde unzählige Male als Gebährmaschine in Polen missbraucht. Leiden musste sie nur aus einem einzigen Grund: damit ihr "Züchter" ihre Welpen möglichst billig verkaufen konnte, um einen Markt zu bedienen, auf dem die Nachfrage nach günstigen Rassewelpen groß ist.

Seit acht Wochen lebt "Summer" nun bei Daniela Swatek in Jork. Einen Riesenschreck habe sie bekommen, als sie das Tier zum ersten Mal gesehen habe. Denn der Hundekörper ist gezeichnet von der brutalen Haltung: "Summers" Gesäuge hängt schlaff herunter, schleift, wenn sie läuft, beinahe auf dem Boden. Ihre Pfoten, kaum gewöhnt zu laufen, sind wie aufgeschwemmt, die Ballen rund, die Haltung geduckt. "Summer" scheut den Blickkontakt mit Menschen. Hundetrainerin Maria Görtz, erfahren in der Arbeit mit traumatisierten Hunden, betreut das geschundene Tier. Sie sagt: "Noch nie habe ich einen Hund erlebt, der sich so aufgibt." 

Jede kleinste Reaktion des Tieres ist ein Erfolg für die beiden Frauen. "Am Anfang hat ,Summer' auf der Seite gelegen, als wäre sie narkotisiert", erinnert sich Daniela Swatek.
Kaum vorstellbar, wie grausam es der Hündin und ihren Leidensgenossinnen in Polen ergangen sein muss: immer in einem Raum eingesperrt, nie zum Gassigehen an die frische Luft, zwanghaft immer wieder befruchtet. "Dort muss auch eine sehr aggressive Stimmung seitens des Halters geherrscht haben: Sobald ich etwas lauter spreche, duckt sich die Hündin noch mehr weg, als sie es ohnehin tut", berichtet Swatek. "Vermehrer" solle man diese Qualzüchter nennen, die den Hündinnen dieses Leid zufügen, sagt die Trainerin. Schließlich gebe es genug gute Züchter, die artgerecht und liebevoll mit ihren Tieren umgingen. ",Vermehrer' gibt es übrigens nicht nur im Ausland, sondern auch bei uns", fügt Maria Görtz hinzu. Denn leider sei die Nachfrage da und die werde bedient. "Und dann sind die Käufer noch stolz darauf, einen Rassehund so günstig bekommen zu haben."

Dass Summer noch lebt, hat sie einem polnischen Tierarzt zu verdanken. Der weigerte sich nämlich, sie einzuschläfern, als der Besitzer das Tier zu ihm brachte, und gab sie stattdessen ins Tierheim. Was Trainerin und Halterin schon jetzt glücklich macht, sind die Spaziergänge auf dem Deich. "Da ist alles gut, da wird ,Summer' lebendig und reagiert wie ein Hund reagieren soll." Eigentlich wollte Daniela Swatek das Tier nur vorübergehend bei sich aufnehmen, doch aus der Pflegestelle wird wohl "Summers" neues Zuhause. Daniela Swatek vermutet, dass der Hund einen erneuten Halterwechsel nicht überleben würde. Allein dass "Summer" eine Operation mit Schmerzen bevorsteht, findet die Hundefreundin schlimm. "Die großen Hautlappen am Gesäuge zu entfernen ist leider dringend notwendig, denn im derzeitigen Zustand entzünden sie sich immer wieder und stören die Hündin beim Gehen."  

Daniela Swatek und Maria Görtz hoffen, dass aus "Summer" trotz ihrer schrecklichen Erlebnisse eines Tages ein fröhlicher Hund wird und ihre tragische Geschichte andere Menschen vom Billigwelpen-Kauf abhält.

Woran erkenne ich seriöse Züchter?
Das Problem der "Dumping-Rassewelpen" kennt auch Hans Müller aus Krautsand. "Zum Wohl der Tiere und zur Schonung des Portemonnaie sollten sich Interessenten einen Züchter genau anschauen", sagt der ehemalige Labrador-Züchter auf WOCHENBLATT-Nachfrage. Denn günstige Rassewelpen seien häufig krank und müssten dann oft zum Tierarzt. Der Experte gibt folgende Empfehlungen:

• Ein seriöser Labradorzüchter gehört dem Deutschen Retriever Club (www.drc.de) oder dem Labrador Club Deutschland (www.lcd-labrador.de) an.
• Keine Welpenbesichtigung vor Ablauf von drei Wochen nach der Geburt! Bis dahin brauchen Hündin und Wurf Ruhe.
• Ein Welpe sollte frühestens im Alter von acht Wochen abgegeben werden.
• Der Kunde muss das Muttertier in seiner natürlichen Umgebung sehen dürfen.
• Rüde und Hündin sollten eine Wesenseignungsprüfung abgelegt haben.
• Der Welpe wurde auf HD (Hüftgelenksdysplasie) und ED (Ellenbogendysplasie) untersucht.
• Es liegt ein Impfpass vor. Außerdem gibt der Züchter Haltungsvorschriften mit, z. B. "Kleine Hundeschule" von Herbert Huppertz.

"Wir schauen uns auch die Kunden genau an und erkundigen uns, wie und wo der Hund gehalten werden soll", sagt Müller. In acht Jahren sei es zwei Mal passiert, dass seine Frau und er Interessenten abgelehnt hätten. "Da stimmte die Chemie nicht und wir hatten kein gutes Gefühl."

  

Redakteur:

Alexandra Bisping

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