Bauwerk dient nicht nur dem Küstenschutz
So bringt das Lühe-Sperrwerk Entlastung bei Hochwasser
Die Woche hat gleich mit einer Sturmflut begonnen: Das Wasser brandete am Montagmorgen mehr als zwei Meter höher als normal gegen die Elbdeiche. Die Sperrwerke an den Mündungen der Nebenflüsse, wie beispielsweise Schwinge und Lühe im Landkreis Stade, schließen dann ihre Tore, damit das Hochwasser nicht ins Binnenland strömt. Doch diese vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) betriebenen Sperrwerke mit ihren gewaltigen Toren dienen zwar in erster Linie dem Küstenschutz. Doch sie haben eine weitere Funktion. Wie wichtig diese zusätzliche Aufgabe ist, zeigte sich beim jüngsten Hochwasser.
Dauerregen ließ die Pegel steigen
Die Lage im Landkreis Stade war vor allem über Weihnachten und zum Jahreswechsel extrem angespannt. Heftiger Dauerregen ließ die Gräben volllaufen, der durchnässte Boden nahm kein Wasser mehr auf, viele Flächen im Kreisgebiet verwandelten sich in Seenplatten. Besonders an der Lühe spitzte sich die Situation zu. Das Wasser reichte zeitweise bis knapp unter die Deichkrone. Anders als bei den Flüssen weiter im Binnenland gibt es hier aber keine Talsperren, mit denen die Wassermengen vom Oberlauf der Flüsse zumindest teilweise reguliert werden können. Daher kamen die Sperrwerke im Landkreis Stade zu einem besonderen Einsatz in Sachen Hochwasser.
Stauraum für Wassermassen vom Lühe-Oberlauf
So wurde etwa das Lühe-Sperrwerk angesichts des Hochwassers in der oberen Lühe und Aue über mehrere Tage bereits bei Niedrigwasser oder kurz danach geschlossen. Der Grund: Gerade in der ersten Januarwoche herrschten in der Elbe Wasserstände, die zum Teil unterhalb des mittleren Hochwassers lagen. Zugleich wurden an der oberen Lühe sehr hohe Wasserstände gemessen. „Durch das frühzeitige Schließen der Tore schaffen wir in einer solchen Situation im Unterlauf gewissermaßen Stauraum für das von oberhalb nachströmende Wasser: Denn durch das Aussperren des sonst in diesem Bereich auflaufenden Tidewassers bleibt der Stauraum vom Sperrwerk aufwärts dem Lühewasser vorbehalten“, erklärt Klaus Jänsch, zuständiger Geschäftsbereichsleiter beim NLWKN in Stade.
Aufwändige Sperrwerksschließungen
Zur Entspannung der Hochwassersituation an der Lühe wurde das Sperrwerk allein zwischen dem 20. Dezember und dem 5. Januar 23-mal früher als laut Betriebsordnung erforderlich geschlossen. In 19 weiteren Fällen wurde es in diesem Zeitraum bei Niedrigwasser oder kurz danach geschlossen. Ein solcher
Ausnahmebetrieb zur Entlastung der Hochwasserlage zehre mit der Zeit auch an den Reserven der Sperrwerkswärter, so Jänsch: „Derart häufige Sperrwerksschließungen erfordern einen sehr hohen Zeitaufwand.“ So müsse der Pegel am Sperrwerk bereits vor der Schließung sehr genau beobachtet werden, um den richtigen Zeitpunkt abzupassen.
Belastung für die Sperrwerkswärter
Das Gleiche gelte für das Öffnen der Sperrwerkstore, meint Jänsch. Hier müsse der Zeitpunkt abgepasst werden, an dem die Wasserstände von Lühe und Elbe gleich hoch sind. Eine sehr zeitaufwändige Angelegenheit, denn es war kaum abzuschätzen, wie schnell das Wasser vom Oberlauf nachströmt. „Zwischen den Aufenthalten am Sperrwerk blieben somit oft nur drei, vier Stunden, in denen die Sperrwerkswärter die Chance hatten, ein wenig zu schlafen. In so einer Ausnahmesituation gerät der Tagesrhythmus völlig durcheinander“, erläutert Jänsch. Auch am Schwinge-Sperrwerk wurden Sonderschichten gefahren: Zwischen dem 21. Dezember und 4. Januar erfolgtem insgesamt zwölf Schließungen, damit Oberflächenwasser Richtung Elbe abfließen kann. Die Stadt Stade hatte so die Möglichkeit, eine Entlastung der Hochwasser-Situation im Stadtkern herbeizuführen.
Dieser besondere tagelange Einsatz außerhalb des eigentlichen Küstenschutzes zeigte Wirkung: „Dieser positive Effekt, der teilweise Schlimmeres verhinderte, wurde uns in Gesprächen mit Bürgermeistern und Ortsbrandmeistern immer wieder bestätigt“, sagt NLWKN-Sprecher Carsten Lippe.
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