Claus Blohm aus dem Alten Land kämpft um wirksamen Klimaschutz
Altländer Biobauer verklagt die Bundesregierung

Sorgenvoll betrachten Claus Blohm und sein Sohn Johannes die gepflückten Äpfel. In diesem Jahr werden sie einen Ernteausfall um 60 Prozent haben | Foto: ab
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  • Sorgenvoll betrachten Claus Blohm und sein Sohn Johannes die gepflückten Äpfel. In diesem Jahr werden sie einen Ernteausfall um 60 Prozent haben
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ab. Guderhandviertel. "So eine Apfelernte wie in diesem Jahr hatten wir noch nie", sagt Alicja Bogusz. "Jeder zweite Apfel ist schlecht." Die polnische Pflückerin arbeitetet seit acht Jahren bei Claus Blohm, einem Biobauern aus Guderhandviertel. Blohms Ernteerträge sinken seit Jahren, den Grund dafür sieht er in der verfehlten Klimapolitik. Mit zwei weiteren Landwirten und der Umweltorganisation Greenpeace hat er darum die Bundesregierung verklagt, die sich am 31. Oktober vor dem Verwaltungsgericht in Berlin verantworten muss.

Im Herbst 2018 hatten die drei Bauernfamilien aus dem Alten Land, von der Nordseeinsel Pellworm und aus Brandenburg die Klimaklage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht. Gründe: Die Bundesregierung unternimmt im Bereich Klimaschutz zu wenig und verletzt damit die Grundrechte der Landwirte. Laut Greenpeace, das in diesem Fall die juristischen Belange übernimmt und die Rechtsanwälte stellt, wird Deutschland sein Klimaziel für das Jahr 2020 um ein Fünftel verfehlen. Das Gericht kann die Regierung jetzt dazu verurteilen, Maßnahmen zu ergreifen, um das Ziel doch noch zu erreichen.

Der schlechte Ernteertrag - in diesem Jahr wird Familie Blohm einen Ausfall von mindestens 60 Prozent haben - ist unter anderem auf die Erderwärmung zurückzuführen, erklärt Claus Blohm, der den elterlichen Betrieb 1984 übernommen hat und 1999 dem Verband Bio-Land beigetreten ist. Die Auswirkungen hätten sich über die Jahre in einem schleichenden Prozess gezeigt, zum Beispiel bei den Kirschen. "Vor rund 15 Jahren hat es mit der Kirschfruchtfliege begonnen. Dann hatten wir ein paar Jahre lang Ruhe."

Doch damit ist es längst vorbei: 2015 stellten die Blohms bei den Kirschen Madenbefall fest. 2016 ließ der Biobauer, der neben Kirschen auch 20 bis 25 verschiedene Apfel-#+sorten, Johannisbeeren und Pflaumen, Zwetschen und Birnen anbaut, 3.000 Kirschbäume fällen. Das Obst litt unter massivem Schädlingsbefall - ein Biobauer hätte dagegen keine Chance, sagt Claus Blohm. "Früher stand auf den Kisten ,garantiert madenfrei', das konnten wir bei unseren Kirschen nicht mehr garantieren."

Es habe wehgetan, zu sehen, wie die einst selbst gezogenen Setzlinge abgeholzt werden mussten. Nicht nur Claus Blohm litt darunter, auch seine Kinder Johannes (28) und Franziska (26): "Für uns war das ein Schock", erzählt Johannes Blohm. "Kirschen gehören zu unserer Kindheit, wir sind damit aufgewachsen."

Doch die Folgen des Klimawandels und der damit verbundene Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1 Grad sind für Claus Blohm und seine Familie inzwischen existenzbedrohend: Nachdem der Hof im Frühjahr 2017 extremen Niederschlägen, Hagel und Sturm ausgesetzt war und gravierende Schäden durch Staunässe erlitt, kam 2018 der Dürresommer und mit ihm weitere Einbußen. Die Blohms müssen beobachten, wie der Ertrag aus der Apfelernte immer weiter sinkt, eine Folge des vermehrt auftretenden Schädlings Apfelwickler, Pilzbefall und Sonnenbrand. "Das Obst kann nur noch zu Most verarbeitet werden. Und dafür gibt es wesentlich weniger Geld als für Tafelobst", sagen die Blohms. Die Blüteperiode habe sich nach vorne verschoben, stellt Johannes Blohm fest. Das Ergebnis: Bei Frost gebe es Frostrisse und kaputte Knospen. Und keine Früchte.

Auch Alicja Bogusz kann nur noch betroffen den Kopf schütteln: "Es ist wie die zehn Plagen von Ägypten." Darin kommen ebenfalls Unwetter und Schädlinge vor.

Claus Blohm sagt, die Familie freue sich auf die Gerichtsverhandlung. Seine Erwartung: "Ich wünsche mir von der Regierung Ehrlichkeit. Sie sollte wie ein großes Schiff sein, das uns lenkt und auf das wir uns verlassen können." Johannes Blohm ergänzt: "Eines unserer Hauptziele haben wir eigentlich schon erreicht: Allein durch das mediale Interesse kommt die Problematik in der Bevölkerung an und weckt ein Bewusstsein dafür. Das ist uns gelungen."

Deutschlands Klimaziel 2020
Das Bundeskabinett hat am 3. Dezember 2014 das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 beschlossen. Damit wollte die Bundesregierung sicherstellen, dass Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 reduziert. Dies war das Ziel aller Bundesregierungen seit 2002.
(Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit)

Redakteur:

Alexandra Bisping

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