Stader Landrat ist verärgert
Jahrestag der Lühe-Flut: Noch immer kein Geld für Geschädigte

Der Unterlauf der Lühe. Dort kam es zu Schäden an etlichen Gebäuden, weil die Tore des Sperrwerks bei einer höheren Flut zu spät geschlossen wurden  | Foto: Martin Elsen / nord-luftbilder.de
  • Der Unterlauf der Lühe. Dort kam es zu Schäden an etlichen Gebäuden, weil die Tore des Sperrwerks bei einer höheren Flut zu spät geschlossen wurden
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Ein Jahr ist vergangen und die Geschädigten der Lühe-Flut warten noch immer auf ihr Geld. Am Sonntag jährt sich das Hochwasser-Ereignis zum ersten Mal. Zahlreiche Keller und Teile von Gebäuden standen am 28. Mai 2022 unter Wasser, weil die Tore des Lühe-Sperrwerks nicht rechtzeitig geschlossen wurden (das WOCHENBLATT berichtete mehrfach). Der damalige Umweltminister Olaf Lies (SPD) hatte eine schnelle Schadensregulierung zugesagt. Dann wies die für den Sperrwerksbetrieb zuständige Behörde, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), jede Schuld von sich und sah sich nicht zu Entschädigungsleistungen verpflichtet. Für die Betroffenen war es in den vergangenen Monaten ein Wechselbad der Gefühle - hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Frust.

Nicht zuletzt wegen des politischen Drucks aus der Region - vor allem Landrat Kai Seefried und die CDU-Landtagsabgeordnete Birgit Butter stichelten immer wieder in Hannover - zeigten sich das Umweltministerium und der NLWKN bereit, eine Schadensregulierung auf freiwilliger Basis vorzunehmen. Billigkeitsleistung nennt sich eine solche Kulanzregelung. Im Februar, ein Dreivierteljahr nach der Lühe-Flut, wurde endlich ein Gutachter losgeschickt, um die gemeldeten Schäden aufzunehmen und zu prüfen. Die Landesregierung stellte für die Schadensregulierung zwischenzeitlich eine Million Euro in den Nachtragshaushalt ein.

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Bis zum Sommer wird wohl kein Geld fließen

Doch wann können die Geschädigten mit der Auszahlung der Schadensersatzleistungen rechnen? Eines steht wohl fest: Bis zum Sommer - wie zuvor wiederholt verkündet - wird wahrscheinlich kein Geld fließen. NLWKN-Sprecher Carsten Lippe teilte jetzt auf WOCHENBLATT-Nachfrage mit, dass zuvor eine sogenannte Billigkeitsrichtlinie ausgearbeitet und veröffentlicht werden muss. Diese Richtlinie stellt die rechtliche Grundlage für die Zahlungen dar. Lippe spricht auch nicht von Schadensersatz, sondern von der "Gewährung finanzieller Hilfen".

Laut Lippe sollen die endgültigen Gutachten in diesen Tagen vorliegen. Dann werde "jeder einzelne Antrag bzw. jede Schadensmeldung der betroffenen Geschädigten geprüft sein". Zur Anzahl der Geschädigten wollte der Pressesprecher keine Aussagen machen. Im Frühjahr hieß es, dass es um 34 Haushalte geht. Zunächst waren 45 Gebäudeschäden gemeldet worden. Angesprochen auf einen konkreten Zeitpunkt, wann die Betroffenen endlich das Geld auf ihrem Konto haben, erklärte der NLWKN-Sprecher: "Es wird damit gerechnet, dass die Bewilligungen und Auszahlungen der finanziellen Hilfen noch in 2023 erfolgen können."

Nach den bisherigen Informationen soll die bereitgestellte Million ausreichen, um alle Schäden zu regulieren. Offenbar werden aber nicht sämtliche Schadensmeldungen anerkannt. "Nach derzeitigem Kenntnisstand sind voraussichtlich nicht alle angezeigten Schäden auf die Überschwemmung zurückzuführen", erklärt Lippe. Hauptsächlich soll es um Putz- und Farbschäden an Wänden gehen, die aufgrund der Durchfeuchtung entstanden sind. Außerdem wurden abgesackte Pflasterflächen und durch Feuchtigkeit beschädigte Türen gemeldet.

Lühe-Flut: Endlich kommt der Gutachter

Seefried kritisiert Verhalten des Landes

Gleich nach der Lühe-Flut hat sich Stades Landrat Kai Seefried (CDU) für eine schnelle und unbürokratische Schadensregulierung durch das Land eingesetzt. Seefried ist verärgert, dass das Land die Angelegenheit so in die Länge zieht: "Dass die Betroffenen ein Jahr nach den Überschwemmungen immer noch keine Entschädigungszahlungen erhalten haben, ist enttäuschend", erklärt der Landrat anlässlich des Jahrestages der Lühe-Flut. Für ihn stehe fest: "Wäre das Sperrwerk des NLWKN rechtzeitig geschlossen worden, hätte es die Überflutung nicht gegeben."

Gutachter wurde zu spät beauftragt

Seefried kritisiert das Schneckentempo des Landes: "Bis ein Gutachter beauftragt wurde, um sich die Schäden vor Ort anzusehen, ist zu viel Zeit vergangen." Das untergrabe das Vertrauen der Betroffenen in die staatlichen Stellen. Gleichwohl begrüßt der Chef der Kreisverwaltung, dass der Landtag im Nachtragshaushalt kürzlich eine Million Euro für die Entschädigungszahlen bereitgestellt hat. Gegenüber dem Landkreis habe der NLWKN eine Auszahlung der Schadensersatzleistungen an die Betroffenen ab Anfang des dritten Quartals 2023 in Aussicht gestellt.

Lühe-Flut: Freiwillige Entschädigungen nicht vor Sommer 2023

Vorfall muss aufgearbeitet werden

Ebenso wichtig wie die Entschädigung ist aus Sicht des Landrates die Aufarbeitung des Vorfalls, um eine Wiederholung ausschließen zu können. Seefried hatte deshalb NLWKN-Direktorin Anne Rickmeyer zweimal zu öffentlichen Sitzungen des Kreistages eingeladen, um den Sachstand zu erläutern. Rickmeyer hatte erklärt, dass wohl ein technisches Problem in der Meldekette die Ursache sei. "Es ist richtig und wichtig, dass die Technik überprüft worden ist und als Konsequenz zusätzliche Meldewege eingeführt worden sind, um größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten", sagt Seefried. "Ein großer Teil der Bevölkerung im Landkreis Stade ist davon abhängig, dass die Hochwasserschutzeinrichtungen einwandfrei funktionieren."

Bereits unmittelbar nach der Flut hatte sich der Landrat mit dem NLWKN in Kontakt gesetzt und sich auch in den vergangenen Monaten immer wieder für eine Entschädigung der Betroffenen und für Aufklärung eingesetzt.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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