Neu Wulmstorfer Rollstuhlfahrerin kann keine Pakete abgeben oder abholen
Barrierefreiheit für Poststellen gefordert
nw/sla. Neu Wulmstorf. Regina Buyny brachte den Stein ins Rollen, weil sie mit ihrem Rollstuhl die räumlich für sie zuständige Poststelle in der Bahnhofstraße nicht mehr aufsuchen kann. „Mir wurde empfohlen, ich könnte Briefe und Pakete bei mir zu Hause abholen lassen. Das bedeutet aber eine hohe Extragebühr", sagt Buyny. Auch sieht sie sich nicht in der Lage, ihre Pakete in der knapp 2,5 Kilometer entfernten Famila-Poststelle abzuholen. Obwohl ihr Rollstuhl einen Elektroantrieb habe, sei das zu weit.
Die frühere Poststelle in der Bahnhofstraße war ebenerdig. Vor einem Jahr wurde sie geschlossen und schräg gegenüber eröffnete eine Postagentur in der Bahnhofstraße in Geschäftsräumen, die als Ladenlokal und nicht als öffentliche Einrichtung vorgesehen waren. Der Sozialverband (SoVD) Ortsverband Neu Wulmstorf, in dem Buyny Mitglied ist, wandte sich bereits an die Betreiber der Poststelle und bat um die baulich notwendigen Anpassungen, damit Postkunden mit Rollstuhl, Rollator und Kinderwagen oder mit einer anderen Behinderung Zugang zu dem Geschäftsraum bekommen. Der Umbau des Eingangs wurde auch zugesagt, konnte nach Auskunft der Inhaber bisher aber nicht umgesetzt werden. "Wir wollen den Betreibern keinen Ärgern machen, sondern finden, dass das Problem grundsätzlich gelöst werden müsse", sagt Hannelore Buls, 2. Vorsitzende vom SoVD Neu Wulmstorf auf WOCHENBLATT-Nachfrage.
Nicht nur in Neu Wulmstorf oder Niedersachsen ist es ein Thema, wie eine barrierefreie Poststelle aussehen soll und dass es für privat betriebene Postagenturen keine Landesvorschriften zur Barrierefreiheit gibt. Die Vorschriften für die Deutsche Post AG oder andere öffentliche Stellen haben für die als Franchise-Unternehmen betriebenen privaten Poststellen keine Geltung. Die Betreiber seien nicht verpflichtet, einen vergleichbaren Standard für ihre Geschäftsräume herzustellen. Die Auskunft des Bundes-Behinderten-Beauftragten Jürgen Dusel war mit dem Tipp verbunden, die Betroffenen mögen sich an die örtliche Politik wenden.
Neu Wulmstorfs Bürgermeister Wolf-Egbert Rosenzweig (SPD) sieht die Gemeinde demgegenüber nicht in der Pflicht, bei Firmen barrierefreie Zugänge herzustellen: „Für mich ist hier die Deutsche Post nicht aus der Pflicht genommen, nur weil sie nicht mehr selbst handelt, sondern mit Partnern arbeitet. Die Post hat bei der Vergabe Möglichkeiten, Forderungen an die Bewerber zu stellen.“ Auch die Gemeinde könne hier nur Forderungen formulieren. Verantwortlich seien die Privatisierungen von vormals öffentlichen Einrichtungen.
Auch die anderen beiden Poststellen in Neu Wulmstorf sind nicht barrierefrei. In einer Umfrage im SoVD-Ortsverband berichteten Mitglieder, dass auch bei der Poststelle in Elstorf der Zugang nicht rollstuhlgerecht ist. Die Postagentur im Famila-Markt ist zwar ebenerdig und mit automatischen Türen besser zugänglich, liegt für Menschen, die sich mit ihrem Rollstuhl fortbewegen müssen, im Gewerbegebiet an der Liliencronstaße aber zu weit entfernt. Für alle drei Poststellen wurde angegeben, dass Leitsysteme, Ausleuchtung und Hilfsmittel für Sehbehinderte fehlen. Auch eine Klingel fehlt, mit der gegebenenfalls jemand an die Tür gerufen werden könnte, um hier zu bedienen. Parkplätze sind vorhanden, sofern die Anfahrt per PKW möglich ist.
Der Neu Wulmstorfer Ortsverband der SoVD will das Thema Barrierefreiheit weiterverfolgen. Inzwischen hat der SoVD-Landesverband eine entsprechende Anfrage beim SoVD-Bundesverband platziert, da sowohl Postgesetzgebung als auch gesetzliche Regeln für privatwirtschaftliche Unternehmen in der Zuständigkeit des Bundes liegen. Die Betreiber der Postagentur in der Bahnhofstraße, das Ehepaar Polat, hat bereits eine Rampe für rund 1.500 Euro anfertigen lassen, die noch von einem Schweißer montiert werden muss.
Redakteur:Susanne Laudien aus Buxtehude |
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