Im Einsatz für die Frauen-Lobby
bc. Neu Wulmstorf. „Gerade die von Frauen errungenen Erfolge rufen neue Angriffe gegen sie hervor.“ Die These der französischen Philosophin Simone de Beauvoir (†1986) hat manches mit der Arbeit von Hannelore Buls zu tun. Die 62-Jährige aus Neu Wulmstorf ist seit knapp zwei Jahren Vorsitzende des Deutschen Frauenrates – der Dachorganisation frauenpolitischer Interessen, die mehr als 50 bundesweit aktive Frauenverbände vertritt. „Wir agieren als Lobby der Frauen gegenüber der Bundespolitik“, sagt die frühere ver.di-Gewerkschaftssekretärin. Ein Ehrenamt, das viel Freizeit verschlingt, aber Hochspannung verspricht.
Hannelore Buls diskutiert nicht selten mit hochrangigen Politikerinnen und Staatsvertretern über all das, was Frauen bewegt oder bewegen sollte: Entgeltgleichheit, Mindestlohn, Alterssicherung, etc. „In Westdeutschland verdienen Frauen im Durchschnitt 42 Prozent des Lebenseinkommens eines Mannes“, schildert Buls. Entsprechend weniger Rente erhalten sie. „Da steuern wir auf ein dickes Problem zu, das mit mehr Erwerbstätigkeit, gerechter Bezahlung und damit höheren eigenen Rentenbeiträgen für Frauen gelöst werden kann“, so Buls. Auch Gesundheitspolitik, Pflege oder Gewalt gegen Frauen gehören zum Themenspektrum des Frauenrates.
Politisch gesehen habe sich die Situation der Frauen verbessert. „Es ist nicht mehr politisch korrekt zu sagen, Frauen könnten gewisse Berufe nicht ausüben. Eine große Errungenschaft“, konstatiert Buls. Gleichwohl blieben Frauen in hohen Führungspositionen eine Ausnahmeerscheinung.
In der Regel einmal pro Woche führt ihre Tätigkeit Hannelore Buls nach Berlin. Dabei kommt es zu spannenden Treffen. Im vergangenen Jahr begegnete sie Bundespräsident Joachim Gauck bei einer Gesprächsrunde zum Internationalen Frauentag. Im Januar 2015 ist ein 90-minütiges Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel in Buls‘ Terminplan notiert: „Dass mit Frau Merkel eine Frau an der Spitze Deutschlands steht, hat viel an der Einstellung gegenüber Frauen im Beruf und in der Politik verändert“, sagt das SPD-Mitglied Buls.
Seit ihrer Geburt 1952 lebt Hannelore Buls in Neu Wulmstorf. Ihre Familie siedelte von Bessarabien - einem Landstrich am Schwarzen Meer (heute Ukraine) - an Hamburgs Peripherie um. Nach dem Realschulabschluss in Buxtehude 1967, einer kaufmännischen Ausbildung in einer Textilfabrik und mehrjähriger Arbeit als kaufmännische Angestellte in Hamburg begann Hannelore Buls mit bereits 30 Jahren ein Studium der Volkswirtschaftslehre: „Damals war es nicht üblich, dass Mädchen eine weiterführende Schule besuchten“, sagt sie.
Im November kandidiert Hannelore Buls erneut für zwei Jahre als Vorsitzende des Frauenrates. Wird sie wiedergewählt, muss ihr Ehemann Norbert wohl weiter den einen oder anderen Tag auf seine Frau verzichten - wenn mal wieder wichtige Konferenzen in der Bundeshauptstadt anstehen.
Redakteur:Björn Carstens aus Buxtehude |
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