786 Mio. Euro für 8,7 Kilometer
Kosten-Debakel bei A26-Anschluss an Hamburg
Der Bau der Autobahn 26 steht exemplarisch für viele öffentliche Bauvorhaben in Deutschland: Die A26 wird wesentlich später fertig als geplant und ist am Ende erheblich teurer. Das ganze Desaster wird beim Anschluss des fertigen A26-Stummels von Stade nach Neu Wulmstorf an die A7 deutlich. Erst erklärte die für den A26-Bau zuständige Projektgesellschaft DEGES im September quasi beiläufig, dass sich die Fertigstellung des 8,7 Kilometer langen Lückenschlusses von Neu Wulmstorf bis zur A7 bei Moorburg (künftiges Autobahnkreuz Hamburg-Hafen) um weitere zwei Jahre verzögert und eine Freigabe der Strecke voraussichtlich erst 2028 erfolgt. Und jetzt wird auch noch bekannt, dass der Bau der A26 auf Hamburger Gebiet (A26 West) noch einmal um 100 Millionen Euro teurer wird.
Viele Fragen wurden nicht beantwortet
Die gestiegenen Baukosten brachte eine sogenannte "Kleine Anfrage" der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten André Trepoli und Richard Seelmaecker an den Hamburger Senat ans Licht. Unter dem Titel "Kein Anschluss unter dieser Autobahnnummer" legten die beiden Politiker 37 Fragen zu den Hintergründen der Verzögerung und der Kostensteigerung vor. Nur ein Bruchteil der Fragen wurde vom Senat beantwortet - meist mit dem Hinweis, man sei nicht zuständig und könne in der Kürze der Zeit nicht die erforderlichen Informationen bei der zuständigen Stelle, der Autobahn GmbH des Bundes, einholen. Tatsächlich müssen "Kleine Anfragen" innerhalb von acht Tagen beantwortet werden. Es stellt sich allerdings die Frage, warum die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) des grünen Senators Dr. Anjes Tjarks über den Sachstand beim derzeit wichtigsten Autobahnprojekt im Hamburger Süden so schlecht informiert ist.
Der Senat sieht sich jedenfalls nicht in der Lage, beispielsweise folgende Fragen zu beantworten: "In welchem Quartal welchen Jahres wird Stand jetzt mit der Fertigstellung des kompletten westlichen Abschnitts der A26 zwischen Neu Wulmstorf und dem zukünftigen Kreuz Hamburg-Hafen gerechnet?" und "Wie viele Voll- oder Teilsperrungen auf der A7 sind bis dahin in diesem Zusammenhang geplant und für wann sind diese aktuell terminiert?" Die Nicht-Beantwortung eines Großteils der Fragen dürfte jedenfalls den Frust der Pendler und deren Unmut über die unzulängliche Planung weiter verstärken.
Keine Gespräche mit den Umlandkommunen
Bei Tjarks' Verkehrsbehörde gibt man sich jedenfalls gelassen. Zwar habe man auch erst parallel zur Öffentlichkeit von der zweijährigen Verzögerung der A26-Fertigstellung erfahren, sieht daran aber offenbar keinen Anlass zur Kritik an der DEGES. Planung, Bau und Betrieb der A26 West würden nach der "aktuellen gesetzlich geregelten Rollenverteilung" nun einmal in alleiniger Zuständigkeit der Autobahn GmbH liegen. Die müsste dann der DEGES nach Ansicht des Hamburger Senats auf die Füße treten. Ebenso wenig sieht der Senat Gesprächsbedarf mit den niedersächsischen Umlandgemeinden zum Thema A26-Debakel.
Fertigstellung war mal für 2020 angepeilt
Von der "Schicksalsgemeinschaft", die der frühere Stader Bürgermeister und jetzige Hamburger Wirtschafts-Staatsrat Andreas Rieckhoff einst in Sachen A26 beschworen hat, ist damit nichts mehr zu spüren. Es ist ein Jahrzehnt her, dass Rieckhoff - damals schon Staatsrat - an die Verantwortlichen in der Region appellierte, Klein-Krämerei und Konkurrenzdenken, wie es im Mittelalter zwischen den Hansestädten Stade und Hamburg herrschte, beiseite zu schieben. "Wir müssen die Region gemeinsam stärker, attraktiver und erfolgreicher machen", erklärte Rieckhoff damals. Für solch einen Satz aus dem Munde eines Hamburger Politikers hätte man heute im südlichen Umland der Elbmetropole nur noch ein müdes Lächeln über - nach all den Erfahrungen mit der bisherigen Hamburger Verkehrspolitik. Damals hatte Rieckhoff übrigens auch verkündet, dass die A26 spätestens 2023 an die A7 angeschlossen ist - und nicht, wie geplant, bereits 2020.
Die Ursache für die Verzögerungen bei der A26-Fertigstellung hatte die DEGES bereits im September genannt. Verwiesen wurde auf weichen Baugrund, der durch zusätzliche baulich Maßnahmen stabilisiert werden muss, sowie auf pandemiebedingte Personalausfälle und Stahlmangel, der auch durch den Ukraine-Krieg verschärft wurde. Konkrete Angaben, warum die voraussichtlichen Kosten von bisher 687 Millionen Euro auf jetzt 786 Millionen Euro jetzt noch einmal nach oben geschossen sind, macht der Senat in seiner Antwort nicht. Es bleibt abzuwarten, ob die prognostizierte Fertigstellung bis 2028 gehalten werden kann – und welche Kosten bis dahin noch entstehen.
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