Wie läuft das Anzeigeverfahren ab?
Warum bei Verhaftungen Betroffene nicht informiert werden
Der Fall von Joachim Stoll aus Hanstedt wirft Fragen über den Informationsfluss bei der Polizei auf. Über lange Zeit wurde seine Nachbarschaft von einem Brandstifter terrorisiert (das WOCHENBLATT berichtete), mittlerweile verbringt Stoll die Nächte aus Angst vor weiteren Bränden nicht mehr in seiner Hanstedter Wohnung, sondern in Hamburg.
Stoll ärgert sich darüber, dass die Polizei die Nachbarschaft nicht darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass es jüngst zur Ergreifung eines Tatverdächtigen gekommen ist. Das Problem: Stoll hatte die Anzeige nicht selber gestellt, sondern lediglich mehrfach mit den Beamten der Kriminalpolizei gesprochen und galt aufgrund der großen Streuung der Brände nicht direkt als Opfer. "Der Aufruf an die Bevölkerung zur Mithilfe in dem Fall hängt sogar immer noch bei uns im Treppenhaus", ärgert sich der Rentner. Dabei sei bereits vor drei Monaten eine tatverdächtige Person gefasst worden. "Davon habe ich zufällig auf einer Sitzung des Seniorenbeirates erfahren", so Stoll. Nur einen Namen wolle man nicht preisgeben. Dabei sei das ein offenes Geheimnis, jeder hier in der Nachbarschaft wisse praktisch schon, wer für die Brände verantwortlich sein soll.
5,31 Millionen Straftaten wurden im Jahr 2020 in ganz Deutschland zur Anzeige gebracht. So niedrig war die Zahl der Straftaten in Deutschland zuletzt zu Beginn der 1990er-Jahre. Damals lag die Zahl der angezeigten Straftaten bei 4,75 Millionen. Doch trotzdem wissen viele Leute nicht, was beim Stellen einer Strafanzeige zu beachten ist.
Eine Strafanzeige kann bei jeder Polizeidienststelle gestellt werden. Ist sie einmal vorgebracht, kann sie nicht mehr zurückgenommen werden. Die zuständigen Ermittlungsbehörden von Polizei und Staatsanwaltschaft müssen jede angezeigte Straftat verfolgen. Bei weniger schwerwiegenden Vergehen wie beispielsweise Beleidigung oder Sachbeschädigung kann der Betroffene selber darüber bestimmen, ob die Straftat verfolgt wird. Sie heißen Antragsdelikte, da sie nur verfolgt werden, wenn die Opfer ausdrücklich darauf bestehen und innerhalb von drei Monaten einen Antrag auf Verfolgung stellen.
Informationen zum Strafverfahren erhalten die Betroffenen nicht automatisch. Bei Erstattung der Anzeige muss bereits vermerkt werden, welche Informationen gewünscht sind. Opfer einer Straftat werden dann darüber informiert, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt hat, es also nicht zu einer Gerichtsverhandlung kommt. Sollte es doch vor Gericht weitergehen, kann auch darüber informiert werden, wann und wo die Verhandlung stattfindet, außerdem wird der Betroffene über das Urteil unterrichtet und ob der Beschuldigte in Haft ist.
Worüber es generell kein Anrecht auf Information gibt, ist die Ergreifung eines Tatverdächtigen.
(lm).
Redakteur:Lennart Möller aus Rosengarten |
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